Bereitschaft, welchen ich in kleinem Umfange mit bunten und glänzenden Farbentönen aufs Sorg¬ samste ausführte, im Gegensatze zu den größeren verwegenen Unternehmungen. Diese doppelte Art der Thätigkeit entsprach einem natürlichem Be¬ dürfnisse und mochte als ein weiterer Beweis gelten, daß sich solches immer von selbst ausbildet und hilft, wo es nicht durch einseitige Schule gehindert wird.
Ich war nun ganz mir selbst überlassen, voll¬ kommen frei und unabhängig, ohne die mindeste Einwirkung und ohne Vorbild, noch Vorschrift. Ich knüpfte abwechselnden Verkehr an mit jun¬ gen Leuten, an denen mich ein verwandter Hang oder ein freundliches Eingehen anzog, am liebsten mit ehemaligen Schulgenossen, die in der Zeit ihre Studien fortsetzten und mir, mich in meiner Klause besuchend, getreulich Bericht erstatteten von ihren Fortschritten und von Allem, was in den Schulen vorkam. Diese Gelegenheit benutzte ich, noch ein und andere Brocken aufzuschnappen und sah öfter schmerzlich durch die verschlossenen Gitter in den reichen Garten der reiferen Jugend¬
Bereitſchaft, welchen ich in kleinem Umfange mit bunten und glaͤnzenden Farbentoͤnen aufs Sorg¬ ſamſte ausfuͤhrte, im Gegenſatze zu den groͤßeren verwegenen Unternehmungen. Dieſe doppelte Art der Thaͤtigkeit entſprach einem natuͤrlichem Be¬ duͤrfniſſe und mochte als ein weiterer Beweis gelten, daß ſich ſolches immer von ſelbſt ausbildet und hilft, wo es nicht durch einſeitige Schule gehindert wird.
Ich war nun ganz mir ſelbſt uͤberlaſſen, voll¬ kommen frei und unabhaͤngig, ohne die mindeſte Einwirkung und ohne Vorbild, noch Vorſchrift. Ich knuͤpfte abwechſelnden Verkehr an mit jun¬ gen Leuten, an denen mich ein verwandter Hang oder ein freundliches Eingehen anzog, am liebſten mit ehemaligen Schulgenoſſen, die in der Zeit ihre Studien fortſetzten und mir, mich in meiner Klauſe beſuchend, getreulich Bericht erſtatteten von ihren Fortſchritten und von Allem, was in den Schulen vorkam. Dieſe Gelegenheit benutzte ich, noch ein und andere Brocken aufzuſchnappen und ſah oͤfter ſchmerzlich durch die verſchloſſenen Gitter in den reichen Garten der reiferen Jugend¬
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Bereitſchaft, welchen ich in kleinem Umfange mit
bunten und glaͤnzenden Farbentoͤnen aufs Sorg¬
ſamſte ausfuͤhrte, im Gegenſatze zu den groͤßeren
verwegenen Unternehmungen. Dieſe doppelte Art
der Thaͤtigkeit entſprach einem natuͤrlichem Be¬
duͤrfniſſe und mochte als ein weiterer Beweis
gelten, daß ſich ſolches immer von ſelbſt ausbildet
und hilft, wo es nicht durch einſeitige Schule
gehindert wird.
Ich war nun ganz mir ſelbſt uͤberlaſſen, voll¬
kommen frei und unabhaͤngig, ohne die mindeſte
Einwirkung und ohne Vorbild, noch Vorſchrift.
Ich knuͤpfte abwechſelnden Verkehr an mit jun¬
gen Leuten, an denen mich ein verwandter Hang
oder ein freundliches Eingehen anzog, am liebſten
mit ehemaligen Schulgenoſſen, die in der Zeit
ihre Studien fortſetzten und mir, mich in meiner
Klauſe beſuchend, getreulich Bericht erſtatteten
von ihren Fortſchritten und von Allem, was in
den Schulen vorkam. Dieſe Gelegenheit benutzte
ich, noch ein und andere Brocken aufzuſchnappen
und ſah oͤfter ſchmerzlich durch die verſchloſſenen
Gitter in den reichen Garten der reiferen Jugend¬
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/213>, abgerufen am 24.11.2024.
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