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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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und unreifen Gedanken, welche ich zu Tage
brachte, mit ansehnlichen Redensarten von Kom¬
position, historischer Landschaft u. dgl., und das
Alles brachte ein gelehrtes Element in seine
Werkstatt, daß ich bald für einen Teufelsburschen
galt und auch die luftigen Aussichten der Zu¬
kunft, Reise nach Italien, Rom, große Oelbilder
und Cartons, was man mir Alles vormalte, ge¬
schmeichelt hinnahm. Doch überhob ich mich nicht
in diesen Dingen, sondern lebte in Eintracht und
Schelmerei mit meinen jungen Genossen, und
war oft froh, das ewige Sitzen unterbrechen zu
können, indem ich ihnen, die zugleich der Haus¬
frau unterthänig waren, einen Haufen Brenn¬
holz unter Dach bringen oder ihre sämmtlichen
Betten auf dasselbe breiten und ausklopfen half.
Ueberhaupt drängte sich die Frau, eine zungen¬
fertige und streitbare Dame, mit Hauswesen und
Familiengeschichten, Kind und Magd, häufig in
das Refektorium und machte es zum Schauplatze
heißentbrannter Kämpfe, in welche nicht selten
die ganze Mannschaft verwickelt wurde. Dann
stand der Mann an der Spitze einer ihm ergebe¬

und unreifen Gedanken, welche ich zu Tage
brachte, mit anſehnlichen Redensarten von Kom¬
poſition, hiſtoriſcher Landſchaft u. dgl., und das
Alles brachte ein gelehrtes Element in ſeine
Werkſtatt, daß ich bald fuͤr einen Teufelsburſchen
galt und auch die luftigen Ausſichten der Zu¬
kunft, Reiſe nach Italien, Rom, große Oelbilder
und Cartons, was man mir Alles vormalte, ge¬
ſchmeichelt hinnahm. Doch uͤberhob ich mich nicht
in dieſen Dingen, ſondern lebte in Eintracht und
Schelmerei mit meinen jungen Genoſſen, und
war oft froh, das ewige Sitzen unterbrechen zu
koͤnnen, indem ich ihnen, die zugleich der Haus¬
frau unterthaͤnig waren, einen Haufen Brenn¬
holz unter Dach bringen oder ihre ſaͤmmtlichen
Betten auf daſſelbe breiten und ausklopfen half.
Ueberhaupt draͤngte ſich die Frau, eine zungen¬
fertige und ſtreitbare Dame, mit Hausweſen und
Familiengeſchichten, Kind und Magd, haͤufig in
das Refektorium und machte es zum Schauplatze
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[171/0181] und unreifen Gedanken, welche ich zu Tage brachte, mit anſehnlichen Redensarten von Kom¬ poſition, hiſtoriſcher Landſchaft u. dgl., und das Alles brachte ein gelehrtes Element in ſeine Werkſtatt, daß ich bald fuͤr einen Teufelsburſchen galt und auch die luftigen Ausſichten der Zu¬ kunft, Reiſe nach Italien, Rom, große Oelbilder und Cartons, was man mir Alles vormalte, ge¬ ſchmeichelt hinnahm. Doch uͤberhob ich mich nicht in dieſen Dingen, ſondern lebte in Eintracht und Schelmerei mit meinen jungen Genoſſen, und war oft froh, das ewige Sitzen unterbrechen zu koͤnnen, indem ich ihnen, die zugleich der Haus¬ frau unterthaͤnig waren, einen Haufen Brenn¬ holz unter Dach bringen oder ihre ſaͤmmtlichen Betten auf daſſelbe breiten und ausklopfen half. Ueberhaupt draͤngte ſich die Frau, eine zungen¬ fertige und ſtreitbare Dame, mit Hausweſen und Familiengeſchichten, Kind und Magd, haͤufig in das Refektorium und machte es zum Schauplatze heißentbrannter Kaͤmpfe, in welche nicht ſelten die ganze Mannſchaft verwickelt wurde. Dann ſtand der Mann an der Spitze einer ihm ergebe¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/181>, abgerufen am 02.05.2024.