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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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einiger Verlegenheit, was er mir vorlegen sollte,
da er mich aus Sorge für sich selbst nicht schon
in seine ganze Kunst einweihen mochte; denn
er hatte nun nur noch seine gewandte Behand¬
lung der Wasserfarben im Hinterhalte, welche,
wie er sie verstand, ebenfalls keine Hexerei war.
Weil Nachdenken und geistige Gewissenhaftigkeit
im Refektorium nicht gekannt waren, so bestand
alles Können in demselben aus einer bald erwor¬
benen leeren Aeußerlichkeit. Doch fand ich selbst
einen Ausweg, als ich erklärte, eine kleine Samm¬
lung großer Kupferstiche mit meinem Tuschpinsel
vornehmen zu wollen. Er besaß in derselben
etwa sechs schöne Blätter nach Claude Lorrain
von Haldenwang und Anderen gestochen, zwei
große Felsenlandschaften mit Banditen nach Sal¬
vator Rosa und einige hübsche Stiche nach
Ruisdael und Waterloo. Diese Sachen kopirte
ich der Reihe nach in meiner geläufigen frechen
Manier. Die Claude's und Rosa's geriethen
nicht so übel, da sie, abgesehen davon, daß sie
selbst etwas konventionell gestochen waren, auch
sonst mehr in symbolischen und breiten Formen

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einiger Verlegenheit, was er mir vorlegen ſollte,
da er mich aus Sorge fuͤr ſich ſelbſt nicht ſchon
in ſeine ganze Kunſt einweihen mochte; denn
er hatte nun nur noch ſeine gewandte Behand¬
lung der Waſſerfarben im Hinterhalte, welche,
wie er ſie verſtand, ebenfalls keine Hexerei war.
Weil Nachdenken und geiſtige Gewiſſenhaftigkeit
im Refektorium nicht gekannt waren, ſo beſtand
alles Koͤnnen in demſelben aus einer bald erwor¬
benen leeren Aeußerlichkeit. Doch fand ich ſelbſt
einen Ausweg, als ich erklaͤrte, eine kleine Samm¬
lung großer Kupferſtiche mit meinem Tuſchpinſel
vornehmen zu wollen. Er beſaß in derſelben
etwa ſechs ſchoͤne Blaͤtter nach Claude Lorrain
von Haldenwang und Anderen geſtochen, zwei
große Felſenlandſchaften mit Banditen nach Sal¬
vator Roſa und einige huͤbſche Stiche nach
Ruisdael und Waterloo. Dieſe Sachen kopirte
ich der Reihe nach in meiner gelaͤufigen frechen
Manier. Die Claude's und Roſa's geriethen
nicht ſo uͤbel, da ſie, abgeſehen davon, daß ſie
ſelbſt etwas konventionell geſtochen waren, auch
ſonſt mehr in ſymboliſchen und breiten Formen

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[169/0179] einiger Verlegenheit, was er mir vorlegen ſollte, da er mich aus Sorge fuͤr ſich ſelbſt nicht ſchon in ſeine ganze Kunſt einweihen mochte; denn er hatte nun nur noch ſeine gewandte Behand¬ lung der Waſſerfarben im Hinterhalte, welche, wie er ſie verſtand, ebenfalls keine Hexerei war. Weil Nachdenken und geiſtige Gewiſſenhaftigkeit im Refektorium nicht gekannt waren, ſo beſtand alles Koͤnnen in demſelben aus einer bald erwor¬ benen leeren Aeußerlichkeit. Doch fand ich ſelbſt einen Ausweg, als ich erklaͤrte, eine kleine Samm¬ lung großer Kupferſtiche mit meinem Tuſchpinſel vornehmen zu wollen. Er beſaß in derſelben etwa ſechs ſchoͤne Blaͤtter nach Claude Lorrain von Haldenwang und Anderen geſtochen, zwei große Felſenlandſchaften mit Banditen nach Sal¬ vator Roſa und einige huͤbſche Stiche nach Ruisdael und Waterloo. Dieſe Sachen kopirte ich der Reihe nach in meiner gelaͤufigen frechen Manier. Die Claude's und Roſa's geriethen nicht ſo uͤbel, da ſie, abgeſehen davon, daß ſie ſelbſt etwas konventionell geſtochen waren, auch ſonſt mehr in ſymboliſchen und breiten Formen 11 *

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/179>, abgerufen am 26.11.2024.