barer Maulwurf, dann plötzlich mit der gan¬ zen Hand hervorschoß und wieder zurückschlüpfte, wie ein Mäuschen in's Loch, ohne daß es mir je gelang, sie zu haschen. Sie trieb es so weit, mir immer auf die Augen sehend, daß sie plötzlich eine Bohne, die ich eben ergreifen wollte, meinen Fingern entzog, ohne daß ich wußte, wo dieselbe hingekommen. Katherine bog sich zu mir her¬ über und flüsterte mir in's Ohr: "Laßt sie nur machen, wenn ihr der Bau endlich zusammen¬ bricht über den vielen Löchern, so muß sie Euch auf jeden Fall küssen!" Anna wußte jedoch so¬ gleich, was die Alte zu mir sagte; sie sprang auf, tanzte drei Mal um sich selbst herum, klatschte in die Hände und rief: "Er bricht nicht! er bricht nicht, er bricht nicht!" Beim dritten Male gab Katherine mit ihrem Fuße dem Tische schnell einen Stoß und der unterhöhlte Berg stürzte jammervoll zusammen. "Gilt nicht, gilt nicht!" rief Anna so laut und sprang so ausgelassen im Zimmer umher, wie man es gar nicht hinter ihr vermuthet hätte. "Ihr habt an den Tisch gestoßen, ich hab' es wohl gesehen!"
barer Maulwurf, dann ploͤtzlich mit der gan¬ zen Hand hervorſchoß und wieder zuruͤckſchluͤpfte, wie ein Maͤuschen in's Loch, ohne daß es mir je gelang, ſie zu haſchen. Sie trieb es ſo weit, mir immer auf die Augen ſehend, daß ſie ploͤtzlich eine Bohne, die ich eben ergreifen wollte, meinen Fingern entzog, ohne daß ich wußte, wo dieſelbe hingekommen. Katherine bog ſich zu mir her¬ uͤber und fluͤſterte mir in's Ohr: »Laßt ſie nur machen, wenn ihr der Bau endlich zuſammen¬ bricht uͤber den vielen Loͤchern, ſo muß ſie Euch auf jeden Fall kuͤſſen!« Anna wußte jedoch ſo¬ gleich, was die Alte zu mir ſagte; ſie ſprang auf, tanzte drei Mal um ſich ſelbſt herum, klatſchte in die Haͤnde und rief: »Er bricht nicht! er bricht nicht, er bricht nicht!« Beim dritten Male gab Katherine mit ihrem Fuße dem Tiſche ſchnell einen Stoß und der unterhoͤhlte Berg ſtuͤrzte jammervoll zuſammen. »Gilt nicht, gilt nicht!« rief Anna ſo laut und ſprang ſo ausgelaſſen im Zimmer umher, wie man es gar nicht hinter ihr vermuthet haͤtte. »Ihr habt an den Tiſch geſtoßen, ich hab' es wohl geſehen!«
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0127"n="117"/>
barer Maulwurf, dann ploͤtzlich mit der gan¬<lb/>
zen Hand hervorſchoß und wieder zuruͤckſchluͤpfte,<lb/>
wie ein Maͤuschen in's Loch, ohne daß es mir<lb/>
je gelang, ſie zu haſchen. Sie trieb es ſo weit,<lb/>
mir immer auf die Augen ſehend, daß ſie ploͤtzlich<lb/>
eine Bohne, die ich eben ergreifen wollte, meinen<lb/>
Fingern entzog, ohne daß ich wußte, wo dieſelbe<lb/>
hingekommen. Katherine bog ſich zu mir her¬<lb/>
uͤber und fluͤſterte mir in's Ohr: »Laßt ſie nur<lb/>
machen, wenn ihr der Bau endlich zuſammen¬<lb/>
bricht uͤber den vielen Loͤchern, ſo muß ſie Euch<lb/>
auf jeden Fall kuͤſſen!« Anna wußte jedoch ſo¬<lb/>
gleich, was die Alte zu mir ſagte; ſie ſprang<lb/>
auf, tanzte drei Mal um ſich ſelbſt herum, klatſchte<lb/>
in die Haͤnde und rief: »Er bricht nicht! er bricht<lb/>
nicht, er bricht nicht!« Beim dritten Male gab<lb/>
Katherine mit ihrem Fuße dem Tiſche ſchnell<lb/>
einen Stoß und der unterhoͤhlte Berg ſtuͤrzte<lb/>
jammervoll zuſammen. »Gilt nicht, gilt nicht!«<lb/>
rief Anna ſo laut und ſprang ſo ausgelaſſen im<lb/>
Zimmer umher, wie man es gar nicht hinter ihr<lb/>
vermuthet haͤtte. »Ihr habt an den Tiſch geſtoßen,<lb/>
ich hab' es wohl geſehen!«</p><lb/></div></body></text></TEI>
[117/0127]
barer Maulwurf, dann ploͤtzlich mit der gan¬
zen Hand hervorſchoß und wieder zuruͤckſchluͤpfte,
wie ein Maͤuschen in's Loch, ohne daß es mir
je gelang, ſie zu haſchen. Sie trieb es ſo weit,
mir immer auf die Augen ſehend, daß ſie ploͤtzlich
eine Bohne, die ich eben ergreifen wollte, meinen
Fingern entzog, ohne daß ich wußte, wo dieſelbe
hingekommen. Katherine bog ſich zu mir her¬
uͤber und fluͤſterte mir in's Ohr: »Laßt ſie nur
machen, wenn ihr der Bau endlich zuſammen¬
bricht uͤber den vielen Loͤchern, ſo muß ſie Euch
auf jeden Fall kuͤſſen!« Anna wußte jedoch ſo¬
gleich, was die Alte zu mir ſagte; ſie ſprang
auf, tanzte drei Mal um ſich ſelbſt herum, klatſchte
in die Haͤnde und rief: »Er bricht nicht! er bricht
nicht, er bricht nicht!« Beim dritten Male gab
Katherine mit ihrem Fuße dem Tiſche ſchnell
einen Stoß und der unterhoͤhlte Berg ſtuͤrzte
jammervoll zuſammen. »Gilt nicht, gilt nicht!«
rief Anna ſo laut und ſprang ſo ausgelaſſen im
Zimmer umher, wie man es gar nicht hinter ihr
vermuthet haͤtte. »Ihr habt an den Tiſch geſtoßen,
ich hab' es wohl geſehen!«
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/127>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.