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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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saden zugespitzt und eingerammelt, während einige
Zimmerleute eine Brücke über das seichte Wasser
geschlagen. Nun erzwangen wir mit unserm
Geschütze höherer Verabredung gemäß den Ueber¬
gang und trieben rüstig den Feind berghinan.
Die Hauptmasse zog auf einem schneckenförmigen
Fahrweg aufwärts, indessen eine weitgedehnte
Plänklerkette das Gebüsch säuberte und über Stock
und Stein vorwärts drang. Bei dieser war das
größte Vergnügen und auch die stärkste Aufregung;
die einzelnen Leute rückten sich auf den Leib, die
zum Rückzuge bestimmten wollten durchaus nicht
weichen, man brannte sich die Schüsse fast in's
Gesicht, Einige wurden ertappt, wie sie Steinchen
in den Lauf steckten und mehr als ein Ladstock
schwirrte, im Eifer vergessen, durch die Bäume,
und nur das Glück der Jugend verhütete ernst¬
liche Unfälle; auch war der alte Feldwebel, wel¬
cher die Plänkler beaufsichtigte, genöthigt, mit
seinem Stocke dazwischenzuschlagen und reichlich
zu fluchen, um die Disciplin einigermaßen zu
wahren. Ich befand mich auf einem äußersten
Flügel dieser Kette, theilte aber die Aufregung

ſaden zugeſpitzt und eingerammelt, waͤhrend einige
Zimmerleute eine Bruͤcke uͤber das ſeichte Waſſer
geſchlagen. Nun erzwangen wir mit unſerm
Geſchuͤtze hoͤherer Verabredung gemaͤß den Ueber¬
gang und trieben ruͤſtig den Feind berghinan.
Die Hauptmaſſe zog auf einem ſchneckenfoͤrmigen
Fahrweg aufwaͤrts, indeſſen eine weitgedehnte
Plaͤnklerkette das Gebuͤſch ſaͤuberte und uͤber Stock
und Stein vorwaͤrts drang. Bei dieſer war das
groͤßte Vergnuͤgen und auch die ſtaͤrkſte Aufregung;
die einzelnen Leute ruͤckten ſich auf den Leib, die
zum Ruͤckzuge beſtimmten wollten durchaus nicht
weichen, man brannte ſich die Schuͤſſe faſt in's
Geſicht, Einige wurden ertappt, wie ſie Steinchen
in den Lauf ſteckten und mehr als ein Ladſtock
ſchwirrte, im Eifer vergeſſen, durch die Baͤume,
und nur das Gluͤck der Jugend verhuͤtete ernſt¬
liche Unfaͤlle; auch war der alte Feldwebel, wel¬
cher die Plaͤnkler beaufſichtigte, genoͤthigt, mit
ſeinem Stocke dazwiſchenzuſchlagen und reichlich
zu fluchen, um die Disciplin einigermaßen zu
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[345/0359] ſaden zugeſpitzt und eingerammelt, waͤhrend einige Zimmerleute eine Bruͤcke uͤber das ſeichte Waſſer geſchlagen. Nun erzwangen wir mit unſerm Geſchuͤtze hoͤherer Verabredung gemaͤß den Ueber¬ gang und trieben ruͤſtig den Feind berghinan. Die Hauptmaſſe zog auf einem ſchneckenfoͤrmigen Fahrweg aufwaͤrts, indeſſen eine weitgedehnte Plaͤnklerkette das Gebuͤſch ſaͤuberte und uͤber Stock und Stein vorwaͤrts drang. Bei dieſer war das groͤßte Vergnuͤgen und auch die ſtaͤrkſte Aufregung; die einzelnen Leute ruͤckten ſich auf den Leib, die zum Ruͤckzuge beſtimmten wollten durchaus nicht weichen, man brannte ſich die Schuͤſſe faſt in's Geſicht, Einige wurden ertappt, wie ſie Steinchen in den Lauf ſteckten und mehr als ein Ladſtock ſchwirrte, im Eifer vergeſſen, durch die Baͤume, und nur das Gluͤck der Jugend verhuͤtete ernſt¬ liche Unfaͤlle; auch war der alte Feldwebel, wel¬ cher die Plaͤnkler beaufſichtigte, genoͤthigt, mit ſeinem Stocke dazwiſchenzuſchlagen und reichlich zu fluchen, um die Disciplin einigermaßen zu wahren. Ich befand mich auf einem aͤußerſten Fluͤgel dieſer Kette, theilte aber die Aufregung

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/359>, abgerufen am 17.05.2024.