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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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hiermit schloß sie mich an sich und küßte mich
mehrere Male auf meinen Mund, der nur da¬
durch leise bewegt wurde, daß ich heimlich, von
ihren Küssen unterbrochen, ein herzliches Dank¬
gebet an Gott richtete für das herrliche Aben¬
theuer.

Hierauf sagte sie: "Es ist nun am besten,
Du bleibest bei mir, bis es Tag ist; denn Mit¬
ternacht ist längst vorüber!" und sie nahm mich
bei der Hand und führte mich durch mehrere
Thüren in ihr Zimmer, wo sie vorher schon ge¬
schlafen hatte und durch mein nächtliches Spu¬
ken geweckt worden war. Dort ordnete sie am
Fußende ihres Bettes eine Stelle zurecht, und
als ich darauf lag, hüllte sie sich dicht in einen
sammetnen Königsmantel, legte sich der Länge
nach auf das Bett und stützte ihre leichten Füße
gegen meine Brust, daß mein Herz ganz ver¬
gnüglich unter denselben klopfte. Somit ent¬
schliefen wir und glichen in unserer Lage nicht
übel jenen alten Grabmälern, auf welchen ein
steinerner Ritter ausgestreckt liegt mit einem
treuen Hunde zu Füßen. Nur lag hier anstatt

hiermit ſchloß ſie mich an ſich und kuͤßte mich
mehrere Male auf meinen Mund, der nur da¬
durch leiſe bewegt wurde, daß ich heimlich, von
ihren Kuͤſſen unterbrochen, ein herzliches Dank¬
gebet an Gott richtete fuͤr das herrliche Aben¬
theuer.

Hierauf ſagte ſie: »Es iſt nun am beſten,
Du bleibeſt bei mir, bis es Tag iſt; denn Mit¬
ternacht iſt laͤngſt voruͤber!« und ſie nahm mich
bei der Hand und fuͤhrte mich durch mehrere
Thuͤren in ihr Zimmer, wo ſie vorher ſchon ge¬
ſchlafen hatte und durch mein naͤchtliches Spu¬
ken geweckt worden war. Dort ordnete ſie am
Fußende ihres Bettes eine Stelle zurecht, und
als ich darauf lag, huͤllte ſie ſich dicht in einen
ſammetnen Koͤnigsmantel, legte ſich der Laͤnge
nach auf das Bett und ſtuͤtzte ihre leichten Fuͤße
gegen meine Bruſt, daß mein Herz ganz ver¬
gnuͤglich unter denſelben klopfte. Somit ent¬
ſchliefen wir und glichen in unſerer Lage nicht
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[279/0293] hiermit ſchloß ſie mich an ſich und kuͤßte mich mehrere Male auf meinen Mund, der nur da¬ durch leiſe bewegt wurde, daß ich heimlich, von ihren Kuͤſſen unterbrochen, ein herzliches Dank¬ gebet an Gott richtete fuͤr das herrliche Aben¬ theuer. Hierauf ſagte ſie: »Es iſt nun am beſten, Du bleibeſt bei mir, bis es Tag iſt; denn Mit¬ ternacht iſt laͤngſt voruͤber!« und ſie nahm mich bei der Hand und fuͤhrte mich durch mehrere Thuͤren in ihr Zimmer, wo ſie vorher ſchon ge¬ ſchlafen hatte und durch mein naͤchtliches Spu¬ ken geweckt worden war. Dort ordnete ſie am Fußende ihres Bettes eine Stelle zurecht, und als ich darauf lag, huͤllte ſie ſich dicht in einen ſammetnen Koͤnigsmantel, legte ſich der Laͤnge nach auf das Bett und ſtuͤtzte ihre leichten Fuͤße gegen meine Bruſt, daß mein Herz ganz ver¬ gnuͤglich unter denſelben klopfte. Somit ent¬ ſchliefen wir und glichen in unſerer Lage nicht uͤbel jenen alten Grabmaͤlern, auf welchen ein ſteinerner Ritter ausgeſtreckt liegt mit einem treuen Hunde zu Fuͤßen. Nur lag hier anſtatt

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/293>, abgerufen am 25.11.2024.