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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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und bestrebte mich, die Verschiedenheit ihrer
phantastischen Bildung noch zu vergrößern. Ich
trieb Gläser auf, so viel ich konnte, von allen
Formen und Größen, und richtete die Bildwerke
darnach ein. In langen schmalen Kölnischwasser¬
flaschen, denen ich die Hälse abschlug, baumelten
eben so lange schmächtige Gesellen an ihrem Fa¬
den, in kurzen dicken Salbengläsern hausten
knollenartige Gewächse. Statt mit Weingeist
füllte ich die Gläser mit Wasser an und gab
jedem Bewohner derselben einen Namen, welcher
meinem humoristischen Interesse entsprach, das
über der belustigenden Arbeit aus dem bloß ge¬
lehrten entstanden war. Es waren schon einige
dreißig Mitglieder dieses artigen Vereins bei¬
sammen und das Wachs nahezu aufgebraucht,
als ich meine Geschöpfe taufte mit Namen, wie:
Schnurper, Fark, Vogelmann, Säbelbein, Schnei¬
der, Schmerbauch, Nabelhans, Wachsbeißer,
Wächserich, Honigteufel u. dgl., und ich empfand
ein dauerndes Vergnügen, indem ich zugleich für
Jeden eine kurze Lebensbeschreibung verfaßte, die
sich in dem Berge zugetragen hatte, aus welchem

und beſtrebte mich, die Verſchiedenheit ihrer
phantaſtiſchen Bildung noch zu vergroͤßern. Ich
trieb Glaͤſer auf, ſo viel ich konnte, von allen
Formen und Groͤßen, und richtete die Bildwerke
darnach ein. In langen ſchmalen Koͤlniſchwaſſer¬
flaſchen, denen ich die Haͤlſe abſchlug, baumelten
eben ſo lange ſchmaͤchtige Geſellen an ihrem Fa¬
den, in kurzen dicken Salbenglaͤſern hauſten
knollenartige Gewaͤchſe. Statt mit Weingeiſt
fuͤllte ich die Glaͤſer mit Waſſer an und gab
jedem Bewohner derſelben einen Namen, welcher
meinem humoriſtiſchen Intereſſe entſprach, das
uͤber der beluſtigenden Arbeit aus dem bloß ge¬
lehrten entſtanden war. Es waren ſchon einige
dreißig Mitglieder dieſes artigen Vereins bei¬
ſammen und das Wachs nahezu aufgebraucht,
als ich meine Geſchoͤpfe taufte mit Namen, wie:
Schnurper, Fark, Vogelmann, Saͤbelbein, Schnei¬
der, Schmerbauch, Nabelhans, Wachsbeißer,
Waͤchſerich, Honigteufel u. dgl., und ich empfand
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[254/0268] und beſtrebte mich, die Verſchiedenheit ihrer phantaſtiſchen Bildung noch zu vergroͤßern. Ich trieb Glaͤſer auf, ſo viel ich konnte, von allen Formen und Groͤßen, und richtete die Bildwerke darnach ein. In langen ſchmalen Koͤlniſchwaſſer¬ flaſchen, denen ich die Haͤlſe abſchlug, baumelten eben ſo lange ſchmaͤchtige Geſellen an ihrem Fa¬ den, in kurzen dicken Salbenglaͤſern hauſten knollenartige Gewaͤchſe. Statt mit Weingeiſt fuͤllte ich die Glaͤſer mit Waſſer an und gab jedem Bewohner derſelben einen Namen, welcher meinem humoriſtiſchen Intereſſe entſprach, das uͤber der beluſtigenden Arbeit aus dem bloß ge¬ lehrten entſtanden war. Es waren ſchon einige dreißig Mitglieder dieſes artigen Vereins bei¬ ſammen und das Wachs nahezu aufgebraucht, als ich meine Geſchoͤpfe taufte mit Namen, wie: Schnurper, Fark, Vogelmann, Saͤbelbein, Schnei¬ der, Schmerbauch, Nabelhans, Wachsbeißer, Waͤchſerich, Honigteufel u. dgl., und ich empfand ein dauerndes Vergnuͤgen, indem ich zugleich fuͤr Jeden eine kurze Lebensbeſchreibung verfaßte, die ſich in dem Berge zugetragen hatte, aus welchem

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/268>, abgerufen am 18.05.2024.