Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

Bild:
<< vorherige Seite

dafür gewannen, welches mir durchaus fremd
war, so starb mir das ganze Spiel ab und be¬
trübte mich. Dazumal konnte ich nichts Todtes
und Weggeworfenes um mich liegen sehen, was
ich nicht brauchen konnte, verbrannte ich hastig
oder entfernte es weit von mir; so trug ich eines
Tages die sämmtliche Last meiner Steine mit
vieler Mühe an den Strom hinaus, versenkte sie
in die Wellen und ging ganz traurig und nie¬
dergeschlagen nach Hause.

Nun versuchte ich es mit den Schmetterlin¬
gen und Käfern. Meine Mutter verfertigte mir
ein Garn und ging oft selbst mit mir auf die
Wiesen hinaus; denn die Einfachheit und Billig¬
keit dieser Spiele leuchteten ihr ein. Ich fing
zusammen, wessen ich habhaft werden konnte,
und setzte eine Unzahl Raupen in Gefangenschaft.
Allein ich kannte die Speise dieser Letzteren nicht
und wußte sie sonst nicht zu behandeln, so daß
kein Schmetterling aus meiner Zucht hervorging.
Die lebendigen Schmetterlinge aber, welche ich
fing, wie die glänzenden Käfer, machten mir saure
Mühe mit dem Tödten und dem unversehrten

dafuͤr gewannen, welches mir durchaus fremd
war, ſo ſtarb mir das ganze Spiel ab und be¬
truͤbte mich. Dazumal konnte ich nichts Todtes
und Weggeworfenes um mich liegen ſehen, was
ich nicht brauchen konnte, verbrannte ich haſtig
oder entfernte es weit von mir; ſo trug ich eines
Tages die ſaͤmmtliche Laſt meiner Steine mit
vieler Muͤhe an den Strom hinaus, verſenkte ſie
in die Wellen und ging ganz traurig und nie¬
dergeſchlagen nach Hauſe.

Nun verſuchte ich es mit den Schmetterlin¬
gen und Kaͤfern. Meine Mutter verfertigte mir
ein Garn und ging oft ſelbſt mit mir auf die
Wieſen hinaus; denn die Einfachheit und Billig¬
keit dieſer Spiele leuchteten ihr ein. Ich fing
zuſammen, weſſen ich habhaft werden konnte,
und ſetzte eine Unzahl Raupen in Gefangenſchaft.
Allein ich kannte die Speiſe dieſer Letzteren nicht
und wußte ſie ſonſt nicht zu behandeln, ſo daß
kein Schmetterling aus meiner Zucht hervorging.
Die lebendigen Schmetterlinge aber, welche ich
fing, wie die glaͤnzenden Kaͤfer, machten mir ſaure
Muͤhe mit dem Toͤdten und dem unverſehrten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0260" n="246"/>
dafu&#x0364;r gewannen, welches mir durchaus fremd<lb/>
war, &#x017F;o &#x017F;tarb mir das ganze Spiel ab und be¬<lb/>
tru&#x0364;bte mich. Dazumal konnte ich nichts Todtes<lb/>
und Weggeworfenes um mich liegen &#x017F;ehen, was<lb/>
ich nicht brauchen konnte, verbrannte ich ha&#x017F;tig<lb/>
oder entfernte es weit von mir; &#x017F;o trug ich eines<lb/>
Tages die &#x017F;a&#x0364;mmtliche La&#x017F;t meiner Steine mit<lb/>
vieler Mu&#x0364;he an den Strom hinaus, ver&#x017F;enkte &#x017F;ie<lb/>
in die Wellen und ging ganz traurig und nie¬<lb/>
derge&#x017F;chlagen nach Hau&#x017F;e.</p><lb/>
        <p>Nun ver&#x017F;uchte ich es mit den Schmetterlin¬<lb/>
gen und Ka&#x0364;fern. Meine Mutter verfertigte mir<lb/>
ein Garn und ging oft &#x017F;elb&#x017F;t mit mir auf die<lb/>
Wie&#x017F;en hinaus; denn die Einfachheit und Billig¬<lb/>
keit die&#x017F;er Spiele leuchteten ihr ein. Ich fing<lb/>
zu&#x017F;ammen, we&#x017F;&#x017F;en ich habhaft werden konnte,<lb/>
und &#x017F;etzte eine Unzahl Raupen in Gefangen&#x017F;chaft.<lb/>
Allein ich kannte die Spei&#x017F;e die&#x017F;er Letzteren nicht<lb/>
und wußte &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t nicht zu behandeln, &#x017F;o daß<lb/>
kein Schmetterling aus meiner Zucht hervorging.<lb/>
Die lebendigen Schmetterlinge aber, welche ich<lb/>
fing, wie die gla&#x0364;nzenden Ka&#x0364;fer, machten mir &#x017F;aure<lb/>
Mu&#x0364;he mit dem To&#x0364;dten und dem unver&#x017F;ehrten<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[246/0260] dafuͤr gewannen, welches mir durchaus fremd war, ſo ſtarb mir das ganze Spiel ab und be¬ truͤbte mich. Dazumal konnte ich nichts Todtes und Weggeworfenes um mich liegen ſehen, was ich nicht brauchen konnte, verbrannte ich haſtig oder entfernte es weit von mir; ſo trug ich eines Tages die ſaͤmmtliche Laſt meiner Steine mit vieler Muͤhe an den Strom hinaus, verſenkte ſie in die Wellen und ging ganz traurig und nie¬ dergeſchlagen nach Hauſe. Nun verſuchte ich es mit den Schmetterlin¬ gen und Kaͤfern. Meine Mutter verfertigte mir ein Garn und ging oft ſelbſt mit mir auf die Wieſen hinaus; denn die Einfachheit und Billig¬ keit dieſer Spiele leuchteten ihr ein. Ich fing zuſammen, weſſen ich habhaft werden konnte, und ſetzte eine Unzahl Raupen in Gefangenſchaft. Allein ich kannte die Speiſe dieſer Letzteren nicht und wußte ſie ſonſt nicht zu behandeln, ſo daß kein Schmetterling aus meiner Zucht hervorging. Die lebendigen Schmetterlinge aber, welche ich fing, wie die glaͤnzenden Kaͤfer, machten mir ſaure Muͤhe mit dem Toͤdten und dem unverſehrten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/260
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/260>, abgerufen am 17.05.2024.