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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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von der Welt, und ich, als ein herangewachsener
Mensch, war vielleicht der einzige Bekannte frü¬
herer Tage, welcher dem zusammengefallenen
Restchen Asche zu Grabe folgte.

Gleich dem Chorus in den Schauspielen der
Alten hatte ich von meiner frühsten Jugend an
das Leben und die Ereignisse in diesem nachbar¬
lichen Hause betrachtet und war ein allezeit auf¬
merksamer Theilnehmer. Ich ging ab und zu,
aß und trank, was mir wohlgefiel, setzte mich in
eine Ecke oder stand mitten unter den Handeln¬
den und Lärmenden, wenn etwas vorfiel. Ich
holte die Bücher hervor und verlangte, wessen
ich von den Sehenswürdigkeiten bedurfte, oder
spielte mit den Schmucksachen der Frau Mar¬
greth. Alle die mannigfaltigen Personen, welche
in das Haus kamen, kannten mich, und Jeder
war freundlich gegen mich, weil dieses meiner
Beschützerin so behagte. Ich aber machte nicht
viele Worte, sondern gab Acht, daß Nichts von
den geschehenden Dingen meinen Augen und
Ohren entging. Mit all diesen Eindrücken be¬
laden, zog ich dann über die Gasse wieder nach

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von der Welt, und ich, als ein herangewachſener
Menſch, war vielleicht der einzige Bekannte fruͤ¬
herer Tage, welcher dem zuſammengefallenen
Reſtchen Aſche zu Grabe folgte.

Gleich dem Chorus in den Schauſpielen der
Alten hatte ich von meiner fruͤhſten Jugend an
das Leben und die Ereigniſſe in dieſem nachbar¬
lichen Hauſe betrachtet und war ein allezeit auf¬
merkſamer Theilnehmer. Ich ging ab und zu,
aß und trank, was mir wohlgefiel, ſetzte mich in
eine Ecke oder ſtand mitten unter den Handeln¬
den und Laͤrmenden, wenn etwas vorfiel. Ich
holte die Buͤcher hervor und verlangte, weſſen
ich von den Sehenswuͤrdigkeiten bedurfte, oder
ſpielte mit den Schmuckſachen der Frau Mar¬
greth. Alle die mannigfaltigen Perſonen, welche
in das Haus kamen, kannten mich, und Jeder
war freundlich gegen mich, weil dieſes meiner
Beſchuͤtzerin ſo behagte. Ich aber machte nicht
viele Worte, ſondern gab Acht, daß Nichts von
den geſchehenden Dingen meinen Augen und
Ohren entging. Mit all dieſen Eindruͤcken be¬
laden, zog ich dann uͤber die Gaſſe wieder nach

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[217/0231] von der Welt, und ich, als ein herangewachſener Menſch, war vielleicht der einzige Bekannte fruͤ¬ herer Tage, welcher dem zuſammengefallenen Reſtchen Aſche zu Grabe folgte. Gleich dem Chorus in den Schauſpielen der Alten hatte ich von meiner fruͤhſten Jugend an das Leben und die Ereigniſſe in dieſem nachbar¬ lichen Hauſe betrachtet und war ein allezeit auf¬ merkſamer Theilnehmer. Ich ging ab und zu, aß und trank, was mir wohlgefiel, ſetzte mich in eine Ecke oder ſtand mitten unter den Handeln¬ den und Laͤrmenden, wenn etwas vorfiel. Ich holte die Buͤcher hervor und verlangte, weſſen ich von den Sehenswuͤrdigkeiten bedurfte, oder ſpielte mit den Schmuckſachen der Frau Mar¬ greth. Alle die mannigfaltigen Perſonen, welche in das Haus kamen, kannten mich, und Jeder war freundlich gegen mich, weil dieſes meiner Beſchuͤtzerin ſo behagte. Ich aber machte nicht viele Worte, ſondern gab Acht, daß Nichts von den geſchehenden Dingen meinen Augen und Ohren entging. Mit all dieſen Eindruͤcken be¬ laden, zog ich dann uͤber die Gaſſe wieder nach 14 *

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/231>, abgerufen am 24.11.2024.