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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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schlichter, einsilbiger Schreinersmann, welcher
schon manches Hundert Särge gefertigt und zu¬
genagelt hatte, war ein braver Mann und er¬
klärte dann und wann einmal mit dürren Wor¬
ten, er glaube eben so wenig an ein ewiges Le¬
ben, als man von Gott etwas wissen könne.
Im Uebrigen hörte man nie eine freche Rede
oder ein Spottwort von ihm; er rauchte gemüth¬
lich sein Pfeifchen und ließ es über sich ergehen,
wenn die Weiber mit fließenden Bekehrungsreden
über ihn herfuhren. Der Andere war ein be¬
jahrter Schneidersmann mit grauen Haaren und
muthwilligem, unnützem Herzen, der schon mehr
als einen schlimmen Streich verübt haben mochte.
Während Jener sich still und leidend verhielt und
nur selten mit seinem dürren Glaubensbekennt¬
nisse hervortrat, verfuhr dieser angriffsweise und
machte sich ein Vergnügen daraus, die gläubigen
Seelen durch derbe Zweifel und Verläugnungen,
rohe Späße und Profanationen zu verletzen und
zu erschrecken, als ein rechter Eulenspiegel das ein¬
fältige Wort zu verdrehen und mit dick aufge¬
tragenem Humor in den armen Leuten eine sünd¬

ſchlichter, einſilbiger Schreinersmann, welcher
ſchon manches Hundert Saͤrge gefertigt und zu¬
genagelt hatte, war ein braver Mann und er¬
klaͤrte dann und wann einmal mit duͤrren Wor¬
ten, er glaube eben ſo wenig an ein ewiges Le¬
ben, als man von Gott etwas wiſſen koͤnne.
Im Uebrigen hoͤrte man nie eine freche Rede
oder ein Spottwort von ihm; er rauchte gemuͤth¬
lich ſein Pfeifchen und ließ es uͤber ſich ergehen,
wenn die Weiber mit fließenden Bekehrungsreden
uͤber ihn herfuhren. Der Andere war ein be¬
jahrter Schneidersmann mit grauen Haaren und
muthwilligem, unnuͤtzem Herzen, der ſchon mehr
als einen ſchlimmen Streich veruͤbt haben mochte.
Waͤhrend Jener ſich ſtill und leidend verhielt und
nur ſelten mit ſeinem duͤrren Glaubensbekennt¬
niſſe hervortrat, verfuhr dieſer angriffsweiſe und
machte ſich ein Vergnuͤgen daraus, die glaͤubigen
Seelen durch derbe Zweifel und Verlaͤugnungen,
rohe Spaͤße und Profanationen zu verletzen und
zu erſchrecken, als ein rechter Eulenſpiegel das ein¬
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[189/0203] ſchlichter, einſilbiger Schreinersmann, welcher ſchon manches Hundert Saͤrge gefertigt und zu¬ genagelt hatte, war ein braver Mann und er¬ klaͤrte dann und wann einmal mit duͤrren Wor¬ ten, er glaube eben ſo wenig an ein ewiges Le¬ ben, als man von Gott etwas wiſſen koͤnne. Im Uebrigen hoͤrte man nie eine freche Rede oder ein Spottwort von ihm; er rauchte gemuͤth¬ lich ſein Pfeifchen und ließ es uͤber ſich ergehen, wenn die Weiber mit fließenden Bekehrungsreden uͤber ihn herfuhren. Der Andere war ein be¬ jahrter Schneidersmann mit grauen Haaren und muthwilligem, unnuͤtzem Herzen, der ſchon mehr als einen ſchlimmen Streich veruͤbt haben mochte. Waͤhrend Jener ſich ſtill und leidend verhielt und nur ſelten mit ſeinem duͤrren Glaubensbekennt¬ niſſe hervortrat, verfuhr dieſer angriffsweiſe und machte ſich ein Vergnuͤgen daraus, die glaͤubigen Seelen durch derbe Zweifel und Verlaͤugnungen, rohe Spaͤße und Profanationen zu verletzen und zu erſchrecken, als ein rechter Eulenſpiegel das ein¬ faͤltige Wort zu verdrehen und mit dick aufge¬ tragenem Humor in den armen Leuten eine ſuͤnd¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/203>, abgerufen am 22.11.2024.