Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.das Bedürfniß der Mittheilung empfände; nur Am Nachmittage wurde ich wieder in die das Beduͤrfniß der Mittheilung empfaͤnde; nur Am Nachmittage wurde ich wieder in die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0153" n="139"/> das Beduͤrfniß der Mittheilung empfaͤnde; nur<lb/> muß man ſich ſo weit entaͤußern koͤnnen, zuweilen<lb/> in ſeine Weiſe einzugehen und ihm die Feſſeln<lb/> zu loͤſen. Unter den Erwachſenen iſt der Mangel<lb/> dieſer Kunſt kein ſo großer Uebelſtand, und die<lb/> an's Schweigen Gewieſenen befinden ſich manch¬<lb/> mal nur um ſo gemuͤthlicher dabei. Im Umgange<lb/> mit ſtillen Kindern aber kann es ein wahres Un¬<lb/> gluͤck werden, wenn die großen Schwaͤtzer ſich<lb/> nicht anders zu helfen wiſſen, als mit dem elen¬<lb/> den Gemeinplatze: Stille Waſſer ſind tief!</p><lb/> <p>Am Nachmittage wurde ich wieder in die<lb/> Schule geſchickt und ich trat mit großem Mi߬<lb/> trauen in die gefaͤhrlichen Hallen, welche die Ver¬<lb/> wirklichung ſeltſamer und beaͤngſtigender Traͤume<lb/> zu ſein ſchienen. Ich bekam aber den boͤſen<lb/> Schulmann nicht zu Geſicht; er hielt ſich in einem<lb/> Verſchlage auf, welcher eine Art Bureau vor¬<lb/> ſtellte und ihm zur Einnahme von kleinen Colla¬<lb/> tionen diente. An der Thuͤre dieſes Verſchlages<lb/> befand ſich ein rundes Fenſterchen, durch welches<lb/> der Tyrann oͤfters den Kopf zu ſtecken pflegte,<lb/> wenn draußen ein Geraͤuſch entſtand. Die Glas¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [139/0153]
das Beduͤrfniß der Mittheilung empfaͤnde; nur
muß man ſich ſo weit entaͤußern koͤnnen, zuweilen
in ſeine Weiſe einzugehen und ihm die Feſſeln
zu loͤſen. Unter den Erwachſenen iſt der Mangel
dieſer Kunſt kein ſo großer Uebelſtand, und die
an's Schweigen Gewieſenen befinden ſich manch¬
mal nur um ſo gemuͤthlicher dabei. Im Umgange
mit ſtillen Kindern aber kann es ein wahres Un¬
gluͤck werden, wenn die großen Schwaͤtzer ſich
nicht anders zu helfen wiſſen, als mit dem elen¬
den Gemeinplatze: Stille Waſſer ſind tief!
Am Nachmittage wurde ich wieder in die
Schule geſchickt und ich trat mit großem Mi߬
trauen in die gefaͤhrlichen Hallen, welche die Ver¬
wirklichung ſeltſamer und beaͤngſtigender Traͤume
zu ſein ſchienen. Ich bekam aber den boͤſen
Schulmann nicht zu Geſicht; er hielt ſich in einem
Verſchlage auf, welcher eine Art Bureau vor¬
ſtellte und ihm zur Einnahme von kleinen Colla¬
tionen diente. An der Thuͤre dieſes Verſchlages
befand ſich ein rundes Fenſterchen, durch welches
der Tyrann oͤfters den Kopf zu ſtecken pflegte,
wenn draußen ein Geraͤuſch entſtand. Die Glas¬
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/153 |
Zitationshilfe: | Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/153>, abgerufen am 16.02.2025. |