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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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mann weder um ein Haar zu wenig noch zu viel
zukommen zu lassen, daß er nach Verfluß von
zwei oder drei Jahren schon solche Ersparnisse
vorfand, welche seinem unternehmenden Geiste
nebst dem Credite, den er bereits genoß, eine
reichlichere Nahrung darboten. Er kaufte alte
Häuser an für eigene Rechnung, riß sie nieder
und baute an der Stelle stattliche Bürgerhäuser,
in welchen er eine Menge Einrichtungen fremder
oder eigener Erfindung anbrachte. Diese ver¬
kaufte er mehr oder weniger vortheilhaft, sogleich
zu neuen Unternehmungen schreitend, und alle
seine Gebäude trugen das Gepräge eines bestän¬
digen Strebens nach Formen- und Gedanken¬
reichthum. Wenn ein gelehrter Architekt auch oft
nicht wußte, wohin er alle angebrachten Ideen
zählen sollte und Vieles der Unklarheit oder Un¬
harmonie zeihen mußte, so gestand er doch immer,
daß es Gedanken seien, und belobte, wenn er un¬
befangen war, den schönen Eifer dieses Mannes
mitten in der geistesarmen und nüchternen Zeit
des Bauwesens, wie sie wenigstens in den ab¬
gelegenen Provinzen des Kunstgebietes bestand.

mann weder um ein Haar zu wenig noch zu viel
zukommen zu laſſen, daß er nach Verfluß von
zwei oder drei Jahren ſchon ſolche Erſparniſſe
vorfand, welche ſeinem unternehmenden Geiſte
nebſt dem Credite, den er bereits genoß, eine
reichlichere Nahrung darboten. Er kaufte alte
Haͤuſer an fuͤr eigene Rechnung, riß ſie nieder
und baute an der Stelle ſtattliche Buͤrgerhaͤuſer,
in welchen er eine Menge Einrichtungen fremder
oder eigener Erfindung anbrachte. Dieſe ver¬
kaufte er mehr oder weniger vortheilhaft, ſogleich
zu neuen Unternehmungen ſchreitend, und alle
ſeine Gebaͤude trugen das Gepraͤge eines beſtaͤn¬
digen Strebens nach Formen- und Gedanken¬
reichthum. Wenn ein gelehrter Architekt auch oft
nicht wußte, wohin er alle angebrachten Ideen
zaͤhlen ſollte und Vieles der Unklarheit oder Un¬
harmonie zeihen mußte, ſo geſtand er doch immer,
daß es Gedanken ſeien, und belobte, wenn er un¬
befangen war, den ſchoͤnen Eifer dieſes Mannes
mitten in der geiſtesarmen und nuͤchternen Zeit
des Bauweſens, wie ſie wenigſtens in den ab¬
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[111/0125] mann weder um ein Haar zu wenig noch zu viel zukommen zu laſſen, daß er nach Verfluß von zwei oder drei Jahren ſchon ſolche Erſparniſſe vorfand, welche ſeinem unternehmenden Geiſte nebſt dem Credite, den er bereits genoß, eine reichlichere Nahrung darboten. Er kaufte alte Haͤuſer an fuͤr eigene Rechnung, riß ſie nieder und baute an der Stelle ſtattliche Buͤrgerhaͤuſer, in welchen er eine Menge Einrichtungen fremder oder eigener Erfindung anbrachte. Dieſe ver¬ kaufte er mehr oder weniger vortheilhaft, ſogleich zu neuen Unternehmungen ſchreitend, und alle ſeine Gebaͤude trugen das Gepraͤge eines beſtaͤn¬ digen Strebens nach Formen- und Gedanken¬ reichthum. Wenn ein gelehrter Architekt auch oft nicht wußte, wohin er alle angebrachten Ideen zaͤhlen ſollte und Vieles der Unklarheit oder Un¬ harmonie zeihen mußte, ſo geſtand er doch immer, daß es Gedanken ſeien, und belobte, wenn er un¬ befangen war, den ſchoͤnen Eifer dieſes Mannes mitten in der geiſtesarmen und nuͤchternen Zeit des Bauweſens, wie ſie wenigſtens in den ab¬ gelegenen Provinzen des Kunſtgebietes beſtand.

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/125>, abgerufen am 25.11.2024.