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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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ganze Nächte und Feiertage damit zu, Werke und
Muster aller Art durchzupausen, und nachdem er
den Meißel zu den kunstreichsten Gebilden und
Verzierungen führen gelernt und ein vollkomme¬
ner Handarbeiter geworden war, ruhte er nicht,
sondern studirte den Steinschnitt und sogar solche
Wissenschaften, welche andern Zweigen des Bau¬
wesens angehören. Er suchte überall an großen
öffentlichen Bauten unterzukommen, wo es viel
zu sehen und zu lernen gab, und brachte es durch
seine Aufmerksamkeit bald dahin, daß ihn die
Baumeister eben soviel auf ihren Arbeitszimmern
am Zeichnen- oder Schreibtische verwendeten, als
auf dem Bauplatze. Daß er dort nicht feierte,
sondern manche Mittagsstunde damit zubrachte,
alles Mögliche durchzuzeichnen und alle Berech¬
nungen zu copiren, welche er erhaschen konnte,
versteht sich von selbst. So wurde er zwar kein
akademischer Künstler mit einer allseitigen Durch¬
bildung, aber doch ein Mann, welcher wohl den
kühnen Vorsatz fassen durfte, in der Hauptstadt
seiner Heimath ein wackerer städtischer Bau- und
Maurermeister zu werden. Mit dieser ausgespro¬

ganze Naͤchte und Feiertage damit zu, Werke und
Muſter aller Art durchzupauſen, und nachdem er
den Meißel zu den kunſtreichſten Gebilden und
Verzierungen fuͤhren gelernt und ein vollkomme¬
ner Handarbeiter geworden war, ruhte er nicht,
ſondern ſtudirte den Steinſchnitt und ſogar ſolche
Wiſſenſchaften, welche andern Zweigen des Bau¬
weſens angehoͤren. Er ſuchte uͤberall an großen
oͤffentlichen Bauten unterzukommen, wo es viel
zu ſehen und zu lernen gab, und brachte es durch
ſeine Aufmerkſamkeit bald dahin, daß ihn die
Baumeiſter eben ſoviel auf ihren Arbeitszimmern
am Zeichnen- oder Schreibtiſche verwendeten, als
auf dem Bauplatze. Daß er dort nicht feierte,
ſondern manche Mittagsſtunde damit zubrachte,
alles Moͤgliche durchzuzeichnen und alle Berech¬
nungen zu copiren, welche er erhaſchen konnte,
verſteht ſich von ſelbſt. So wurde er zwar kein
akademiſcher Kuͤnſtler mit einer allſeitigen Durch¬
bildung, aber doch ein Mann, welcher wohl den
kuͤhnen Vorſatz faſſen durfte, in der Hauptſtadt
ſeiner Heimath ein wackerer ſtaͤdtiſcher Bau- und
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[107/0121] ganze Naͤchte und Feiertage damit zu, Werke und Muſter aller Art durchzupauſen, und nachdem er den Meißel zu den kunſtreichſten Gebilden und Verzierungen fuͤhren gelernt und ein vollkomme¬ ner Handarbeiter geworden war, ruhte er nicht, ſondern ſtudirte den Steinſchnitt und ſogar ſolche Wiſſenſchaften, welche andern Zweigen des Bau¬ weſens angehoͤren. Er ſuchte uͤberall an großen oͤffentlichen Bauten unterzukommen, wo es viel zu ſehen und zu lernen gab, und brachte es durch ſeine Aufmerkſamkeit bald dahin, daß ihn die Baumeiſter eben ſoviel auf ihren Arbeitszimmern am Zeichnen- oder Schreibtiſche verwendeten, als auf dem Bauplatze. Daß er dort nicht feierte, ſondern manche Mittagsſtunde damit zubrachte, alles Moͤgliche durchzuzeichnen und alle Berech¬ nungen zu copiren, welche er erhaſchen konnte, verſteht ſich von ſelbſt. So wurde er zwar kein akademiſcher Kuͤnſtler mit einer allſeitigen Durch¬ bildung, aber doch ein Mann, welcher wohl den kuͤhnen Vorſatz faſſen durfte, in der Hauptſtadt ſeiner Heimath ein wackerer ſtaͤdtiſcher Bau- und Maurermeiſter zu werden. Mit dieſer ausgeſpro¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/121>, abgerufen am 22.11.2024.