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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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nun solchergestalt als ein förmlicher Herr, wie
ihn die Landleute nannten, zurückkehrte. Denn
unter dem niedern Dache seiner Verwandten stan¬
den zwei mächtige Kisten, von denen die eine
ganz mit Kleidern und feiner Wäsche, die andere
mit Modellen, Zeichnungen und Büchern ange¬
füllt war. Es war etwas Schwungvolles in
dem ganzen Wesen des etwa sechs und zwanzig
Jahre alten Mannes, seine Augen glühten wie
von einem anhaltenden Glanze innerer Wärme
und Begeisterung, er sprach immer hochdeutsch
und suchte das Unbedeutendste von seiner schönsten
und besten Seite zu fassen. Er hatte ganz Deutsch¬
land vom Süden bis zum Norden durchreist und
in allen großen Städten gearbeitet; die Zeit der
Befreiungskriege in ihrem ganzen Umfange fiel
mit seinen Wanderjahren zusammen und er hatte
die Bildung und den Ton jener Tage in sich
aufgenommen, insofern sie ihm verständlich und
zugänglich waren; vorzüglich theilte er das offene
und treuherzige Hoffen der gebildeten Mittelklassen
auf eine bessere, schönere Zeit der Wirklichkeit,
ohne von den geistigen Ueberfeinerungen und

nun ſolchergeſtalt als ein foͤrmlicher Herr, wie
ihn die Landleute nannten, zuruͤckkehrte. Denn
unter dem niedern Dache ſeiner Verwandten ſtan¬
den zwei maͤchtige Kiſten, von denen die eine
ganz mit Kleidern und feiner Waͤſche, die andere
mit Modellen, Zeichnungen und Buͤchern ange¬
fuͤllt war. Es war etwas Schwungvolles in
dem ganzen Weſen des etwa ſechs und zwanzig
Jahre alten Mannes, ſeine Augen gluͤhten wie
von einem anhaltenden Glanze innerer Waͤrme
und Begeiſterung, er ſprach immer hochdeutſch
und ſuchte das Unbedeutendſte von ſeiner ſchoͤnſten
und beſten Seite zu faſſen. Er hatte ganz Deutſch¬
land vom Suͤden bis zum Norden durchreiſt und
in allen großen Staͤdten gearbeitet; die Zeit der
Befreiungskriege in ihrem ganzen Umfange fiel
mit ſeinen Wanderjahren zuſammen und er hatte
die Bildung und den Ton jener Tage in ſich
aufgenommen, inſofern ſie ihm verſtaͤndlich und
zugaͤnglich waren; vorzuͤglich theilte er das offene
und treuherzige Hoffen der gebildeten Mittelklaſſen
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[105/0119] nun ſolchergeſtalt als ein foͤrmlicher Herr, wie ihn die Landleute nannten, zuruͤckkehrte. Denn unter dem niedern Dache ſeiner Verwandten ſtan¬ den zwei maͤchtige Kiſten, von denen die eine ganz mit Kleidern und feiner Waͤſche, die andere mit Modellen, Zeichnungen und Buͤchern ange¬ fuͤllt war. Es war etwas Schwungvolles in dem ganzen Weſen des etwa ſechs und zwanzig Jahre alten Mannes, ſeine Augen gluͤhten wie von einem anhaltenden Glanze innerer Waͤrme und Begeiſterung, er ſprach immer hochdeutſch und ſuchte das Unbedeutendſte von ſeiner ſchoͤnſten und beſten Seite zu faſſen. Er hatte ganz Deutſch¬ land vom Suͤden bis zum Norden durchreiſt und in allen großen Staͤdten gearbeitet; die Zeit der Befreiungskriege in ihrem ganzen Umfange fiel mit ſeinen Wanderjahren zuſammen und er hatte die Bildung und den Ton jener Tage in ſich aufgenommen, inſofern ſie ihm verſtaͤndlich und zugaͤnglich waren; vorzuͤglich theilte er das offene und treuherzige Hoffen der gebildeten Mittelklaſſen auf eine beſſere, ſchoͤnere Zeit der Wirklichkeit, ohne von den geiſtigen Ueberfeinerungen und

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/119>, abgerufen am 22.11.2024.