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Keller, Gottfried: Romeo und Julia auf dem Dorfe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–348. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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liche Ceremonie um so sorglicher gewahrt zu werden, als sonst nirgends die Felder ihrer Väter zusammenstießen.

Indessen sollte der Acker doch endlich verkauft und der Erlös einstweilen gerichtlich aufgehoben werden. Die Versteigerung fand an Ort und Stelle statt, wo sich aber nur einige Gaffer einfanden außer den Bauern Manz und Marti, da Niemand Lust hatte, das seltsame Stückchen zu erstehen und zwischen den zwei Nachbarn zu bebauen. Denn obgleich diese zu den besten Bauern des Dorfes gehörten und nichts weiter gethan hatten, als was zwei Drittel der Uebrigen unter diesen Umständen auch gethan haben würden, so sah man sie doch jetzt stillschweigend dumm an, und Niemand wollte zwischen ihnen eingeklemmt sein mit dem geschmälerten Waisenfelde. Die meisten Menschen sind fähig oder bereit, ein in den Lüften umgehendes Unrecht zu verüben, wenn sie mit der Nase darauf stoßen; so wie es aber von Einem begangen ist, sind die Uebrigen froh, daß sie es doch nicht gewesen sind, daß die Versuchung nicht sie betroffen hat, und sie machen nun den Auserwählten zu dem Schlechtigkeitsmesser ihrer Eigenschaften und behandeln ihn mit zarter Scheu als einen Ableiter des Uebels, der von den Göttern gezeichnet ist, während ihnen zugleich noch der Mund wässert nach den Vortheilen, die er dabei genossen. Manz und Marti waren also die einzigen, welche ernstlich auf den Acker boten, und nach einem ziemlich hartnäckigen Ueberbieten erstand ihn Manz, und er wurde ihm zugeschla-

liche Ceremonie um so sorglicher gewahrt zu werden, als sonst nirgends die Felder ihrer Väter zusammenstießen.

Indessen sollte der Acker doch endlich verkauft und der Erlös einstweilen gerichtlich aufgehoben werden. Die Versteigerung fand an Ort und Stelle statt, wo sich aber nur einige Gaffer einfanden außer den Bauern Manz und Marti, da Niemand Lust hatte, das seltsame Stückchen zu erstehen und zwischen den zwei Nachbarn zu bebauen. Denn obgleich diese zu den besten Bauern des Dorfes gehörten und nichts weiter gethan hatten, als was zwei Drittel der Uebrigen unter diesen Umständen auch gethan haben würden, so sah man sie doch jetzt stillschweigend dumm an, und Niemand wollte zwischen ihnen eingeklemmt sein mit dem geschmälerten Waisenfelde. Die meisten Menschen sind fähig oder bereit, ein in den Lüften umgehendes Unrecht zu verüben, wenn sie mit der Nase darauf stoßen; so wie es aber von Einem begangen ist, sind die Uebrigen froh, daß sie es doch nicht gewesen sind, daß die Versuchung nicht sie betroffen hat, und sie machen nun den Auserwählten zu dem Schlechtigkeitsmesser ihrer Eigenschaften und behandeln ihn mit zarter Scheu als einen Ableiter des Uebels, der von den Göttern gezeichnet ist, während ihnen zugleich noch der Mund wässert nach den Vortheilen, die er dabei genossen. Manz und Marti waren also die einzigen, welche ernstlich auf den Acker boten, und nach einem ziemlich hartnäckigen Ueberbieten erstand ihn Manz, und er wurde ihm zugeschla-

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[0022] liche Ceremonie um so sorglicher gewahrt zu werden, als sonst nirgends die Felder ihrer Väter zusammenstießen. Indessen sollte der Acker doch endlich verkauft und der Erlös einstweilen gerichtlich aufgehoben werden. Die Versteigerung fand an Ort und Stelle statt, wo sich aber nur einige Gaffer einfanden außer den Bauern Manz und Marti, da Niemand Lust hatte, das seltsame Stückchen zu erstehen und zwischen den zwei Nachbarn zu bebauen. Denn obgleich diese zu den besten Bauern des Dorfes gehörten und nichts weiter gethan hatten, als was zwei Drittel der Uebrigen unter diesen Umständen auch gethan haben würden, so sah man sie doch jetzt stillschweigend dumm an, und Niemand wollte zwischen ihnen eingeklemmt sein mit dem geschmälerten Waisenfelde. Die meisten Menschen sind fähig oder bereit, ein in den Lüften umgehendes Unrecht zu verüben, wenn sie mit der Nase darauf stoßen; so wie es aber von Einem begangen ist, sind die Uebrigen froh, daß sie es doch nicht gewesen sind, daß die Versuchung nicht sie betroffen hat, und sie machen nun den Auserwählten zu dem Schlechtigkeitsmesser ihrer Eigenschaften und behandeln ihn mit zarter Scheu als einen Ableiter des Uebels, der von den Göttern gezeichnet ist, während ihnen zugleich noch der Mund wässert nach den Vortheilen, die er dabei genossen. Manz und Marti waren also die einzigen, welche ernstlich auf den Acker boten, und nach einem ziemlich hartnäckigen Ueberbieten erstand ihn Manz, und er wurde ihm zugeschla-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:34:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Romeo und Julia auf dem Dorfe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–348. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_dorfe_1910/22>, abgerufen am 22.11.2024.