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Kautsky, Karl; Schönlank, Bruno: Grundsätze und Forderungen der Sozialdemokratie. 4. Aufl. Berlin, 1907.

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Form von staatlichem und daneben noch kommunalem und auch genossenschaft-
lichem Betrieb ausbeutet.

Für die Kleinbetriebe wird wohl auch nach dem Siege des Proletariats das
Privateigentum an den Produktionsmitteln fortdauern - von einer Konfiska-
tion der kleinen Bauerngüter und Handwerksstellen phantasieren bloß unsere
Gegner. Aber die Kleinbetriebe werden von ihren Besitzern rasch und gerne ver-
lassen werden, sobald der vergesellschaftlichte Großbetrieb ihnen angenehmere
Arbeits- und Lebensbedingungen bietet. Und das wird und muß er, sobald die
arbeitenden Klassen Herren des Staates geworden sind. Denn der gesamte
ungeheuere Ueberschuß über ihren Lohn hinaus, den sie bisher erzeugt und den
die Kapitalisten eingesteckt, fällt dann der Gesellschaft, also den Arbeitern selbst
wieder zu und wird von ihnen ihren Jnteressen gemäß verwendet werden.
Gleichzeitig wird aber auch der Betrag der Gesamtproduktion ungemein ver-
mehrt werden, da die Vergeudung von Arbeitskräften in Wegfall geraten wird,
die heute teils durch Arbeitslosigkeit, teils durch unnütze Arbeiten für die Launen
der Reichen, endlich durch Anwendung schlechter, rückständiger Produktionsmittel
in so mannigfacher Weise verursacht wird.

Weder von Ausbeutung noch von Unterdrückung kann in der gesellschaftlichen
Wirtschaft des siegreichen Proletariats die Rede sein. Niemand kann sich selbst
ausbeuten, niemand sich selbst unterdrücken. Die Arbeiterklasse wird dann aber
keinen anderen Herrn über sich haben als sich selbst. Eine Unterordnung des
Einzelnen unter das große Ganze wird natürlich in dieser Wirtschaft ebenso not-
wendig sein, wie in jedem gesellschaftlichen Betrieb, in jedem Betrieb, in dem
mehrere vereint arbeiten. Diese Unterordnung ist nicht eine Eigentümlichkeit
der Sozialwirtschaft der Arbeiterklasse. Sie besteht heute schon in jedem Unter-
nehmen, das Lohnarbeiter beschäftigt. Aber heute ist sie die Unterordnung des
Schwachen unter den Starken; und zwischen Beiden herrscht der schroffste Jn-
teressengegensatz
. Jn dem in Rede stehenden Gemeinwesen der Zukunft
wird es die Unterordnung des Einzelnen sein unter eine Genossenschaft Gleicher
mit gleichen Jnteressen. Eine derartige Unterordnung finden wir heute lb/> in jeder Gewerkschaft. Nun wird allerdings genug über den Terrorismus los-
gezogen, den die Gewerkschaften auf den Einzelnen ausüben, aber wer diese An-
klagen erhebt, das sind nicht die Mitglieder der Gewerkschaften, sondern - die
Kapitalisten und ihre Anwälte.

Das Endziel der Entwickelung, sobald einmal das Proletariat ans Staats-
ruder gekommen, ist die Vereinigung sämtlicher Großbetriebe zu einer einzigen
ungeheuren gesellschaftlichen Wirtschaft, und damit die Verwandlung des
Staates in eine Wirtschaftsgenossenschaft
. Die kapitalistische
Produktion hört auf und eine neue Produktionsweise entfaltet sich, begründet auf
dem Gemeineigentum an den Produktionsmitteln. Oder, wenn man will, die
alte kommunistische Produktion lebt wieder auf, in neuer, der Entfaltung der
Produktionsmittel entsprechender Form. Die Warenproduktion und das Privat-
eigentum an den Produktionsmitteln sind überwunden; die neue Wirtschafts-
genossenschaft, die aus dem Staate herauswächst, besitzt selbst alle Produktions-
mittel, deren sie bedarf und erzeugt alles für sich und ihre Mitglieder im wesent-
lichen Notwendige selbst.

Eine derartige Wirtschaftsgenossenschaft ist ein sozialistisches Gemeinwesens
Sie ist das Ziel der Sozialdemokratie.

Das also ist es, was die Sozialdemokraten wollen. Wir mußten etwas weit
ausholen, um die Antwort auf die Frage geben zu können, die wir Eingangs
dieser Broschüre aufgeworfen. Aber der Leser wird jetzt begreifen, warum wir
nicht ohne weiteres mit der Antwort herausrücken konnten.

Form von staatlichem und daneben noch kommunalem und auch genossenschaft-
lichem Betrieb ausbeutet.

Für die Kleinbetriebe wird wohl auch nach dem Siege des Proletariats das
Privateigentum an den Produktionsmitteln fortdauern – von einer Konfiska-
tion der kleinen Bauerngüter und Handwerksstellen phantasieren bloß unsere
Gegner. Aber die Kleinbetriebe werden von ihren Besitzern rasch und gerne ver-
lassen werden, sobald der vergesellschaftlichte Großbetrieb ihnen angenehmere
Arbeits- und Lebensbedingungen bietet. Und das wird und muß er, sobald die
arbeitenden Klassen Herren des Staates geworden sind. Denn der gesamte
ungeheuere Ueberschuß über ihren Lohn hinaus, den sie bisher erzeugt und den
die Kapitalisten eingesteckt, fällt dann der Gesellschaft, also den Arbeitern selbst
wieder zu und wird von ihnen ihren Jnteressen gemäß verwendet werden.
Gleichzeitig wird aber auch der Betrag der Gesamtproduktion ungemein ver-
mehrt werden, da die Vergeudung von Arbeitskräften in Wegfall geraten wird,
die heute teils durch Arbeitslosigkeit, teils durch unnütze Arbeiten für die Launen
der Reichen, endlich durch Anwendung schlechter, rückständiger Produktionsmittel
in so mannigfacher Weise verursacht wird.

Weder von Ausbeutung noch von Unterdrückung kann in der gesellschaftlichen
Wirtschaft des siegreichen Proletariats die Rede sein. Niemand kann sich selbst
ausbeuten, niemand sich selbst unterdrücken. Die Arbeiterklasse wird dann aber
keinen anderen Herrn über sich haben als sich selbst. Eine Unterordnung des
Einzelnen unter das große Ganze wird natürlich in dieser Wirtschaft ebenso not-
wendig sein, wie in jedem gesellschaftlichen Betrieb, in jedem Betrieb, in dem
mehrere vereint arbeiten. Diese Unterordnung ist nicht eine Eigentümlichkeit
der Sozialwirtschaft der Arbeiterklasse. Sie besteht heute schon in jedem Unter-
nehmen, das Lohnarbeiter beschäftigt. Aber heute ist sie die Unterordnung des
Schwachen unter den Starken; und zwischen Beiden herrscht der schroffste Jn-
teressengegensatz
. Jn dem in Rede stehenden Gemeinwesen der Zukunft
wird es die Unterordnung des Einzelnen sein unter eine Genossenschaft Gleicher
mit gleichen Jnteressen. Eine derartige Unterordnung finden wir heute lb/> in jeder Gewerkschaft. Nun wird allerdings genug über den Terrorismus los-
gezogen, den die Gewerkschaften auf den Einzelnen ausüben, aber wer diese An-
klagen erhebt, das sind nicht die Mitglieder der Gewerkschaften, sondern – die
Kapitalisten und ihre Anwälte.

Das Endziel der Entwickelung, sobald einmal das Proletariat ans Staats-
ruder gekommen, ist die Vereinigung sämtlicher Großbetriebe zu einer einzigen
ungeheuren gesellschaftlichen Wirtschaft, und damit die Verwandlung des
Staates in eine Wirtschaftsgenossenschaft
. Die kapitalistische
Produktion hört auf und eine neue Produktionsweise entfaltet sich, begründet auf
dem Gemeineigentum an den Produktionsmitteln. Oder, wenn man will, die
alte kommunistische Produktion lebt wieder auf, in neuer, der Entfaltung der
Produktionsmittel entsprechender Form. Die Warenproduktion und das Privat-
eigentum an den Produktionsmitteln sind überwunden; die neue Wirtschafts-
genossenschaft, die aus dem Staate herauswächst, besitzt selbst alle Produktions-
mittel, deren sie bedarf und erzeugt alles für sich und ihre Mitglieder im wesent-
lichen Notwendige selbst.

Eine derartige Wirtschaftsgenossenschaft ist ein sozialistisches Gemeinwesens
Sie ist das Ziel der Sozialdemokratie.

Das also ist es, was die Sozialdemokraten wollen. Wir mußten etwas weit
ausholen, um die Antwort auf die Frage geben zu können, die wir Eingangs
dieser Broschüre aufgeworfen. Aber der Leser wird jetzt begreifen, warum wir
nicht ohne weiteres mit der Antwort herausrücken konnten.

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[25/0027] Form von staatlichem und daneben noch kommunalem und auch genossenschaft- lichem Betrieb ausbeutet. Für die Kleinbetriebe wird wohl auch nach dem Siege des Proletariats das Privateigentum an den Produktionsmitteln fortdauern – von einer Konfiska- tion der kleinen Bauerngüter und Handwerksstellen phantasieren bloß unsere Gegner. Aber die Kleinbetriebe werden von ihren Besitzern rasch und gerne ver- lassen werden, sobald der vergesellschaftlichte Großbetrieb ihnen angenehmere Arbeits- und Lebensbedingungen bietet. Und das wird und muß er, sobald die arbeitenden Klassen Herren des Staates geworden sind. Denn der gesamte ungeheuere Ueberschuß über ihren Lohn hinaus, den sie bisher erzeugt und den die Kapitalisten eingesteckt, fällt dann der Gesellschaft, also den Arbeitern selbst wieder zu und wird von ihnen ihren Jnteressen gemäß verwendet werden. Gleichzeitig wird aber auch der Betrag der Gesamtproduktion ungemein ver- mehrt werden, da die Vergeudung von Arbeitskräften in Wegfall geraten wird, die heute teils durch Arbeitslosigkeit, teils durch unnütze Arbeiten für die Launen der Reichen, endlich durch Anwendung schlechter, rückständiger Produktionsmittel in so mannigfacher Weise verursacht wird. Weder von Ausbeutung noch von Unterdrückung kann in der gesellschaftlichen Wirtschaft des siegreichen Proletariats die Rede sein. Niemand kann sich selbst ausbeuten, niemand sich selbst unterdrücken. Die Arbeiterklasse wird dann aber keinen anderen Herrn über sich haben als sich selbst. Eine Unterordnung des Einzelnen unter das große Ganze wird natürlich in dieser Wirtschaft ebenso not- wendig sein, wie in jedem gesellschaftlichen Betrieb, in jedem Betrieb, in dem mehrere vereint arbeiten. Diese Unterordnung ist nicht eine Eigentümlichkeit der Sozialwirtschaft der Arbeiterklasse. Sie besteht heute schon in jedem Unter- nehmen, das Lohnarbeiter beschäftigt. Aber heute ist sie die Unterordnung des Schwachen unter den Starken; und zwischen Beiden herrscht der schroffste Jn- teressengegensatz. Jn dem in Rede stehenden Gemeinwesen der Zukunft wird es die Unterordnung des Einzelnen sein unter eine Genossenschaft Gleicher mit gleichen Jnteressen. Eine derartige Unterordnung finden wir heute lb/> in jeder Gewerkschaft. Nun wird allerdings genug über den Terrorismus los- gezogen, den die Gewerkschaften auf den Einzelnen ausüben, aber wer diese An- klagen erhebt, das sind nicht die Mitglieder der Gewerkschaften, sondern – die Kapitalisten und ihre Anwälte. Das Endziel der Entwickelung, sobald einmal das Proletariat ans Staats- ruder gekommen, ist die Vereinigung sämtlicher Großbetriebe zu einer einzigen ungeheuren gesellschaftlichen Wirtschaft, und damit die Verwandlung des Staates in eine Wirtschaftsgenossenschaft. Die kapitalistische Produktion hört auf und eine neue Produktionsweise entfaltet sich, begründet auf dem Gemeineigentum an den Produktionsmitteln. Oder, wenn man will, die alte kommunistische Produktion lebt wieder auf, in neuer, der Entfaltung der Produktionsmittel entsprechender Form. Die Warenproduktion und das Privat- eigentum an den Produktionsmitteln sind überwunden; die neue Wirtschafts- genossenschaft, die aus dem Staate herauswächst, besitzt selbst alle Produktions- mittel, deren sie bedarf und erzeugt alles für sich und ihre Mitglieder im wesent- lichen Notwendige selbst. Eine derartige Wirtschaftsgenossenschaft ist ein sozialistisches Gemeinwesens Sie ist das Ziel der Sozialdemokratie. Das also ist es, was die Sozialdemokraten wollen. Wir mußten etwas weit ausholen, um die Antwort auf die Frage geben zu können, die wir Eingangs dieser Broschüre aufgeworfen. Aber der Leser wird jetzt begreifen, warum wir nicht ohne weiteres mit der Antwort herausrücken konnten.

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2018-12-08T17:50:02Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-12-08T17:50:02Z)

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Zitationshilfe: Kautsky, Karl; Schönlank, Bruno: Grundsätze und Forderungen der Sozialdemokratie. 4. Aufl. Berlin, 1907, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kautsky_grundsaetze_1907/27>, abgerufen am 24.11.2024.