Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.Betrübte! da du dich jedweder Lust verzeihst, Und auf dein Haupt den Staub von deinem Schmucke streust, Da sing ich einen Tag, der dich voll Jammer machte, Als deines Scheitels Pracht abscheulich niederkrachte. Ich singe Gottes Zorn, der über dir entbrannt, Da als sein Knecht der Sturm sich mit der Gluth verband. Auf Friedrichs Siege stolz, von keiner Furcht zerstreuet, Und lachend hattest du dich zu dem Fest geweihet, Das man mit Mayen schmückt bis an des Altars Horn, Die Ahndung sagte dir nichts von des Höchsten Zorn, Bis die Erschrockenheit in deinen Gassen heulte, Und der Zerstöhrung Flug die Flüchtigen ereilte. Welch ein verwirrt Geräusch nahm deine Straßen ein! Beflügelt von der Angst lief unter hohlem Schreyn Ein Schwarm von Bürgern hin, damit er auf die Thürme Mit Wasser und mit Müh der Gluth entgegen stürme; Vereitelt ward die Müh, vergrößert die Gefahr, Unaufhaltsam die Gluth, der Bürger nahm es wahr. Und nun entschloß er sich den Seinen zuzulaufen. Wie, wann ein Schäferstab den vollen Ameishaufen Zerstöhrerisch durchwühlt, das sammlende Insekt Betruͤbte! da du dich jedweder Luſt verzeihſt, Und auf dein Haupt den Staub von deinem Schmucke ſtreuſt, Da ſing ich einen Tag, der dich voll Jammer machte, Als deines Scheitels Pracht abſcheulich niederkrachte. Ich ſinge Gottes Zorn, der uͤber dir entbrannt, Da als ſein Knecht der Sturm ſich mit der Gluth verband. Auf Friedrichs Siege ſtolz, von keiner Furcht zerſtreuet, Und lachend hatteſt du dich zu dem Feſt geweihet, Das man mit Mayen ſchmuͤckt bis an des Altars Horn, Die Ahndung ſagte dir nichts von des Hoͤchſten Zorn, Bis die Erſchrockenheit in deinen Gaſſen heulte, Und der Zerſtoͤhrung Flug die Fluͤchtigen ereilte. Welch ein verwirrt Geraͤuſch nahm deine Straßen ein! Befluͤgelt von der Angſt lief unter hohlem Schreyn Ein Schwarm von Buͤrgern hin, damit er auf die Thuͤrme Mit Waſſer und mit Muͤh der Gluth entgegen ſtuͤrme; Vereitelt ward die Muͤh, vergroͤßert die Gefahr, Unaufhaltſam die Gluth, der Buͤrger nahm es wahr. Und nun entſchloß er ſich den Seinen zuzulaufen. Wie, wann ein Schaͤferſtab den vollen Ameishaufen Zerſtoͤhreriſch durchwuͤhlt, das ſammlende Inſekt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0523" n="363"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">B</hi>etruͤbte! da du dich jedweder Luſt verzeihſt,</l><lb/> <l>Und auf dein Haupt den Staub von deinem Schmucke</l><lb/> <l>ſtreuſt,</l><lb/> <l>Da ſing ich einen Tag, der dich voll Jammer machte,</l><lb/> <l>Als deines Scheitels Pracht abſcheulich niederkrachte.</l><lb/> <l>Ich ſinge Gottes Zorn, der uͤber dir entbrannt,</l><lb/> <l>Da als ſein Knecht der Sturm ſich mit der Gluth</l><lb/> <l>verband.</l><lb/> <l>Auf <hi rendition="#g">Friedrichs</hi> Siege ſtolz, von keiner Furcht</l><lb/> <l>zerſtreuet,</l><lb/> <l>Und lachend hatteſt du dich zu dem Feſt geweihet,</l><lb/> <l>Das man mit Mayen ſchmuͤckt bis an des Altars Horn,</l><lb/> <l>Die Ahndung ſagte dir nichts von des Hoͤchſten Zorn,</l><lb/> <l>Bis die Erſchrockenheit in deinen Gaſſen heulte,</l><lb/> <l>Und der Zerſtoͤhrung Flug die Fluͤchtigen ereilte.</l><lb/> <l>Welch ein verwirrt Geraͤuſch nahm deine Straßen ein!</l><lb/> <l>Befluͤgelt von der Angſt lief unter hohlem Schreyn</l><lb/> <l>Ein Schwarm von Buͤrgern hin, damit er auf die</l><lb/> <l>Thuͤrme</l><lb/> <l>Mit Waſſer und mit Muͤh der Gluth entgegen ſtuͤrme;</l><lb/> <l>Vereitelt ward die Muͤh, vergroͤßert die Gefahr,</l><lb/> <l>Unaufhaltſam die Gluth, der Buͤrger nahm es wahr.</l><lb/> <l>Und nun entſchloß er ſich den Seinen zuzulaufen.</l><lb/> <l>Wie, wann ein Schaͤferſtab den vollen Ameishaufen</l><lb/> <l>Zerſtoͤhreriſch durchwuͤhlt, das ſammlende Inſekt</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [363/0523]
Betruͤbte! da du dich jedweder Luſt verzeihſt,
Und auf dein Haupt den Staub von deinem Schmucke
ſtreuſt,
Da ſing ich einen Tag, der dich voll Jammer machte,
Als deines Scheitels Pracht abſcheulich niederkrachte.
Ich ſinge Gottes Zorn, der uͤber dir entbrannt,
Da als ſein Knecht der Sturm ſich mit der Gluth
verband.
Auf Friedrichs Siege ſtolz, von keiner Furcht
zerſtreuet,
Und lachend hatteſt du dich zu dem Feſt geweihet,
Das man mit Mayen ſchmuͤckt bis an des Altars Horn,
Die Ahndung ſagte dir nichts von des Hoͤchſten Zorn,
Bis die Erſchrockenheit in deinen Gaſſen heulte,
Und der Zerſtoͤhrung Flug die Fluͤchtigen ereilte.
Welch ein verwirrt Geraͤuſch nahm deine Straßen ein!
Befluͤgelt von der Angſt lief unter hohlem Schreyn
Ein Schwarm von Buͤrgern hin, damit er auf die
Thuͤrme
Mit Waſſer und mit Muͤh der Gluth entgegen ſtuͤrme;
Vereitelt ward die Muͤh, vergroͤßert die Gefahr,
Unaufhaltſam die Gluth, der Buͤrger nahm es wahr.
Und nun entſchloß er ſich den Seinen zuzulaufen.
Wie, wann ein Schaͤferſtab den vollen Ameishaufen
Zerſtoͤhreriſch durchwuͤhlt, das ſammlende Inſekt
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