Und er müßte sich im Schach Langer Weile Druck vertreiben Unterm Badezimmer-Dach, Oder ließe vom gelehrten Marquis Luchesini sich Lesen, was die Römer hörten, Wenn ihr Redner königlich Ueber sie zu herrschen wußte, Daß vor seiner Stimme Ton Ihre Seele zittern mußte, Oder schmelzen, oder schon Wieder lieben, wen sie haßte.
Freundin! findet irgendwo Sich in einem Badegaste Unter Euch ein Cicero, Wie der große Mann gewesen, Den ein Römer umgebracht, Dann braucht keiner vorzulesen, Was ein Cäsar hat gedacht Und gethan und ausgerichtet, Oder was Horazius Künstlich noch dazu gedichtet Für den Kayserhuldgenuß -- Dieser Cicero, der deutsche, Machte, daß kein Badegast
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Und er muͤßte ſich im Schach Langer Weile Druck vertreiben Unterm Badezimmer-Dach, Oder ließe vom gelehrten Marquis Lucheſini ſich Leſen, was die Roͤmer hoͤrten, Wenn ihr Redner koͤniglich Ueber ſie zu herrſchen wußte, Daß vor ſeiner Stimme Ton Ihre Seele zittern mußte, Oder ſchmelzen, oder ſchon Wieder lieben, wen ſie haßte.
Freundin! findet irgendwo Sich in einem Badegaſte Unter Euch ein Cicero, Wie der große Mann geweſen, Den ein Roͤmer umgebracht, Dann braucht keiner vorzuleſen, Was ein Caͤſar hat gedacht Und gethan und ausgerichtet, Oder was Horazius Kuͤnſtlich noch dazu gedichtet Fuͤr den Kayſerhuldgenuß — Dieſer Cicero, der deutſche, Machte, daß kein Badegaſt
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[161/0321]
Und er muͤßte ſich im Schach
Langer Weile Druck vertreiben
Unterm Badezimmer-Dach,
Oder ließe vom gelehrten
Marquis Lucheſini ſich
Leſen, was die Roͤmer hoͤrten,
Wenn ihr Redner koͤniglich
Ueber ſie zu herrſchen wußte,
Daß vor ſeiner Stimme Ton
Ihre Seele zittern mußte,
Oder ſchmelzen, oder ſchon
Wieder lieben, wen ſie haßte.
Freundin! findet irgendwo
Sich in einem Badegaſte
Unter Euch ein Cicero,
Wie der große Mann geweſen,
Den ein Roͤmer umgebracht,
Dann braucht keiner vorzuleſen,
Was ein Caͤſar hat gedacht
Und gethan und ausgerichtet,
Oder was Horazius
Kuͤnſtlich noch dazu gedichtet
Fuͤr den Kayſerhuldgenuß —
Dieſer Cicero, der deutſche,
Machte, daß kein Badegaſt
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/321>, abgerufen am 21.11.2024.
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