Nur warme Busen ältrer Ehen, Als die der Hochzeitmonath sieht, Die setzt er in das Reich der Feen In ein Ovidianisch Lied.
Und in die nie vorhandnen Staaten Des Plato, der im hohen Styl Den Jünglingen weis anzurathen Ein leeres geistiges Gefühl.
Sey Richterin, und überführe Den Freygeist, der die Liebe lobt, Und dennoch stoisch wieder ihre Glückseeligkeit mit Läugnen tobt.
Dein Freund, Dein Liebling, Dein Getreuer, Lad' ihn auf einen Abendschmaus; Dann athme Du der Ehe Feuer In hundert sanften Küssen aus,
Und sprich: Neun Lenze sind vorüber, Und meine Flamme ward nicht matt, Und meinem Gatten ward ich lieber, Seitdem er mich besessen hat.
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Nur warme Buſen aͤltrer Ehen, Als die der Hochzeitmonath ſieht, Die ſetzt er in das Reich der Feen In ein Ovidianiſch Lied.
Und in die nie vorhandnen Staaten Des Plato, der im hohen Styl Den Juͤnglingen weis anzurathen Ein leeres geiſtiges Gefuͤhl.
Sey Richterin, und uͤberfuͤhre Den Freygeiſt, der die Liebe lobt, Und dennoch ſtoiſch wieder ihre Gluͤckſeeligkeit mit Laͤugnen tobt.
Dein Freund, Dein Liebling, Dein Getreuer, Lad’ ihn auf einen Abendſchmaus; Dann athme Du der Ehe Feuer In hundert ſanften Kuͤſſen aus,
Und ſprich: Neun Lenze ſind voruͤber, Und meine Flamme ward nicht matt, Und meinem Gatten ward ich lieber, Seitdem er mich beſeſſen hat.
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Nur warme Buſen aͤltrer Ehen,
Als die der Hochzeitmonath ſieht,
Die ſetzt er in das Reich der Feen
In ein Ovidianiſch Lied.
Und in die nie vorhandnen Staaten
Des Plato, der im hohen Styl
Den Juͤnglingen weis anzurathen
Ein leeres geiſtiges Gefuͤhl.
Sey Richterin, und uͤberfuͤhre
Den Freygeiſt, der die Liebe lobt,
Und dennoch ſtoiſch wieder ihre
Gluͤckſeeligkeit mit Laͤugnen tobt.
Dein Freund, Dein Liebling, Dein Getreuer,
Lad’ ihn auf einen Abendſchmaus;
Dann athme Du der Ehe Feuer
In hundert ſanften Kuͤſſen aus,
Und ſprich: Neun Lenze ſind voruͤber,
Und meine Flamme ward nicht matt,
Und meinem Gatten ward ich lieber,
Seitdem er mich beſeſſen hat.
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/229>, abgerufen am 21.11.2024.
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