Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.Oden. Es ist ein Gott! er sah oft meine Zähren, Und hörte Kinder Brod von mir begehren, Wann lange schon die Mittags-Sonne schien. Sie sind dahin, die Tage meiner Plagen, Und daß nach Brod nicht meine Sorgen fragen; Dies will mein Gott, dies ist durch ihn. Mein ruhig Herz und dieser stille Friede, Der um mich herrscht, der keinen Tag mich müde Von Arbeit, oder von Verdrusse, sieht; Das sanfte Feur, das durch die Adern dringet, Und dis Gefühl, das in mir denkt, und singet, Das dank ich dem, der mich durch Güte zieht. Ich heische nicht aus seinen vollen Händen Ein grösser Glück. Nicht Reichthum soll er senden, Nicht eiteln Ruhm und was ins Auge fällt. Mein Mittelstand, der Rock, der reinlich kleidet, Ein gnugsam Brod, genossen unbeneidet, Dies sey mein Theil und bleib es in der Welt. Oden. Es iſt ein Gott! er ſah oft meine Zaͤhren, Und hoͤrte Kinder Brod von mir begehren, Wann lange ſchon die Mittags-Sonne ſchien. Sie ſind dahin, die Tage meiner Plagen, Und daß nach Brod nicht meine Sorgen fragen; Dies will mein Gott, dies iſt durch ihn. Mein ruhig Herz und dieſer ſtille Friede, Der um mich herrſcht, der keinen Tag mich muͤde Von Arbeit, oder von Verdruſſe, ſieht; Das ſanfte Feur, das durch die Adern dringet, Und dis Gefuͤhl, das in mir denkt, und ſinget, Das dank ich dem, der mich durch Guͤte zieht. Ich heiſche nicht aus ſeinen vollen Haͤnden Ein groͤſſer Gluͤck. Nicht Reichthum ſoll er ſenden, Nicht eiteln Ruhm und was ins Auge faͤllt. Mein Mittelſtand, der Rock, der reinlich kleidet, Ein gnugſam Brod, genoſſen unbeneidet, Dies ſey mein Theil und bleib es in der Welt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0066" n="22"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Oden.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem" n="3"> <l>Es iſt ein Gott! er ſah oft meine Zaͤhren,<lb/> Und hoͤrte Kinder Brod von mir begehren,<lb/> Wann lange ſchon die Mittags-Sonne ſchien.<lb/> Sie ſind dahin, die Tage meiner Plagen,<lb/> Und daß nach Brod nicht meine Sorgen fragen;<lb/> Dies will mein Gott, dies iſt durch ihn.</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="4"> <l>Mein ruhig Herz und dieſer ſtille Friede,<lb/> Der um mich herrſcht, der keinen Tag mich muͤde<lb/> Von Arbeit, oder von Verdruſſe, ſieht;<lb/> Das ſanfte Feur, das durch die Adern dringet,<lb/> Und dis Gefuͤhl, das in mir denkt, und ſinget,<lb/> Das dank ich dem, der mich durch Guͤte zieht.</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="5"> <l>Ich heiſche nicht aus ſeinen vollen Haͤnden<lb/> Ein groͤſſer Gluͤck. Nicht Reichthum ſoll er ſenden,<lb/> Nicht eiteln Ruhm und was ins Auge faͤllt.<lb/> Mein Mittelſtand, der Rock, der reinlich kleidet,<lb/> Ein gnugſam Brod, genoſſen unbeneidet,<lb/> Dies ſey mein Theil und bleib es in der Welt.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [22/0066]
Oden.
Es iſt ein Gott! er ſah oft meine Zaͤhren,
Und hoͤrte Kinder Brod von mir begehren,
Wann lange ſchon die Mittags-Sonne ſchien.
Sie ſind dahin, die Tage meiner Plagen,
Und daß nach Brod nicht meine Sorgen fragen;
Dies will mein Gott, dies iſt durch ihn.
Mein ruhig Herz und dieſer ſtille Friede,
Der um mich herrſcht, der keinen Tag mich muͤde
Von Arbeit, oder von Verdruſſe, ſieht;
Das ſanfte Feur, das durch die Adern dringet,
Und dis Gefuͤhl, das in mir denkt, und ſinget,
Das dank ich dem, der mich durch Guͤte zieht.
Ich heiſche nicht aus ſeinen vollen Haͤnden
Ein groͤſſer Gluͤck. Nicht Reichthum ſoll er ſenden,
Nicht eiteln Ruhm und was ins Auge faͤllt.
Mein Mittelſtand, der Rock, der reinlich kleidet,
Ein gnugſam Brod, genoſſen unbeneidet,
Dies ſey mein Theil und bleib es in der Welt.
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