Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweytes Buch.
So sprach Don Goldofon, mit Zittern und mit Beben,
Und hieß aufs Sterbebett sich einen Beutel heben,
Mit alten goldnen Münzen voll.
Er zählte seinen Trost, und klebte mit den Blicken
Wie mit der Hand daran. Doch für sein ewig Wohl
Befand ein Nachbar gut, den Priester hinzuschicken.
Der Pater kam, und sprach: "Don Goldofon, ich soll
"Vermöge meiner Pflicht, euch fragen,
"Ob ihr bereitet seyd zum Schritt in jene Welt?
"Dort einem Gotte Dank zu sagen,
"Der euch viel Güter hier, als Darlehn zugestellt!
"Ihr wurdet alt, bey Glück und guten Tagen;
"Jetzt hoff ich doch von euch, daß ihr als guter
Christ,
"Dem müden Wandrer gleich, die Bürde von euch
gebet,
"Und glaubt, daß über uns die beßre Gegend ist,
"In welcher eure Seele lebet!
X
Zweytes Buch.
So ſprach Don Goldofon, mit Zittern und mit Beben,
Und hieß aufs Sterbebett ſich einen Beutel heben,
Mit alten goldnen Muͤnzen voll.
Er zaͤhlte ſeinen Troſt, und klebte mit den Blicken
Wie mit der Hand daran. Doch fuͤr ſein ewig Wohl
Befand ein Nachbar gut, den Prieſter hinzuſchicken.
Der Pater kam, und ſprach: ”Don Goldofon, ich ſoll
”Vermoͤge meiner Pflicht, euch fragen,
”Ob ihr bereitet ſeyd zum Schritt in jene Welt?
”Dort einem Gotte Dank zu ſagen,
”Der euch viel Guͤter hier, als Darlehn zugeſtellt!
”Ihr wurdet alt, bey Gluͤck und guten Tagen;
”Jetzt hoff ich doch von euch, daß ihr als guter
Chriſt,
”Dem muͤden Wandrer gleich, die Buͤrde von euch
gebet,
”Und glaubt, daß uͤber uns die beßre Gegend iſt,
”In welcher eure Seele lebet!
X
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0365" n="321"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweytes Buch.</hi> </fw><lb/>
            <l>So &#x017F;prach Don Goldofon, mit Zittern und mit Beben,</l><lb/>
            <l>Und hieß aufs Sterbebett &#x017F;ich einen Beutel heben,</l><lb/>
            <l>Mit alten goldnen Mu&#x0364;nzen voll.</l><lb/>
            <l>Er za&#x0364;hlte &#x017F;einen Tro&#x017F;t, und klebte mit den Blicken</l><lb/>
            <l>Wie mit der Hand daran. Doch fu&#x0364;r &#x017F;ein ewig Wohl</l><lb/>
            <l>Befand ein Nachbar gut, den Prie&#x017F;ter hinzu&#x017F;chicken.</l><lb/>
            <l>Der Pater kam, und &#x017F;prach: &#x201D;Don Goldofon, ich &#x017F;oll</l><lb/>
            <l>&#x201D;Vermo&#x0364;ge meiner Pflicht, euch fragen,</l><lb/>
            <l>&#x201D;Ob ihr bereitet &#x017F;eyd zum Schritt in jene Welt?</l><lb/>
            <l>&#x201D;Dort einem Gotte Dank zu &#x017F;agen,</l><lb/>
            <l>&#x201D;Der euch viel Gu&#x0364;ter hier, als Darlehn zuge&#x017F;tellt!</l><lb/>
            <l>&#x201D;Ihr wurdet alt, bey Glu&#x0364;ck und guten Tagen;</l><lb/>
            <l>&#x201D;Jetzt hoff ich doch von euch, daß ihr als guter</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Chri&#x017F;t,</hi> </l><lb/>
            <l>&#x201D;Dem mu&#x0364;den Wandrer gleich, die Bu&#x0364;rde von euch</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">gebet,</hi> </l><lb/>
            <l>&#x201D;Und glaubt, daß u&#x0364;ber uns die beßre Gegend i&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>&#x201D;In welcher eure Seele lebet!</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">X</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[321/0365] Zweytes Buch. So ſprach Don Goldofon, mit Zittern und mit Beben, Und hieß aufs Sterbebett ſich einen Beutel heben, Mit alten goldnen Muͤnzen voll. Er zaͤhlte ſeinen Troſt, und klebte mit den Blicken Wie mit der Hand daran. Doch fuͤr ſein ewig Wohl Befand ein Nachbar gut, den Prieſter hinzuſchicken. Der Pater kam, und ſprach: ”Don Goldofon, ich ſoll ”Vermoͤge meiner Pflicht, euch fragen, ”Ob ihr bereitet ſeyd zum Schritt in jene Welt? ”Dort einem Gotte Dank zu ſagen, ”Der euch viel Guͤter hier, als Darlehn zugeſtellt! ”Ihr wurdet alt, bey Gluͤck und guten Tagen; ”Jetzt hoff ich doch von euch, daß ihr als guter Chriſt, ”Dem muͤden Wandrer gleich, die Buͤrde von euch gebet, ”Und glaubt, daß uͤber uns die beßre Gegend iſt, ”In welcher eure Seele lebet! X

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/365
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/365>, abgerufen am 04.05.2024.