Zweckmäßigkeit. -- Es frägt sich nur, ob es über- haupt eine solche Vorstellung der Zweckmäßigkeit gebe.
Wenn mit der bloßen Auffassung (apprehensio) der Form eines Gegenstandes der Anschauung, ohne Bezie- hung derselben auf einen Begrif zu einem bestimmten Erkenntnis, Lust verbunden ist: so wird die Vorstellung dadurch nicht auf das Object, sondern lediglich auf das Subject bezogen und die Lust kann nichts anders als die Angemessenheit desselben zu den Erkenntnisvermögen, die in der reflectirenden Urtheilskraft im Spiel sind, und so fern sie darin sind, also blos eine subjective for- male Zweckmäßigkeit des Objects ausdrücken. Denn jene Auffassung der Formen in die Einbildungskraft kann niemals geschehen, ohne daß die reflectirende Ur- theilskraft, auch unabsichtlich, sie wenigstens mit ihrem Vermögen, Anschauungen auf Begriffe zu beziehen, vergliche. Wenn nun in dieser Vergleichung die Einbil- dungskraft (als Vermögen der Anschauungen a priori) zum Verstande, als Vermögen der Begriffe, durch eine gegebene Vorstellung unabsichtlich in Einstimmung ver- setzt und dadurch ein Gefühl der Lust erweckt wird, so muß der Gegenstand alsdann als zweckmäßig für die reflectirende Urtheilskraft angesehen werden. Ein solches Urtheil ist ein ästhetisches Urtheil über die Zweckmäßig- keit des Objects, welches sich auf keinem vorhandenen Begriffe vom Gegenstande gründet und keinen von ihm verschafft. Ein Gegenstand dessen Form, (nicht das
Einleitung.
Zweckmaͤßigkeit. — Es fraͤgt ſich nur, ob es uͤber- haupt eine ſolche Vorſtellung der Zweckmaͤßigkeit gebe.
Wenn mit der bloßen Auffaſſung (apprehenſio) der Form eines Gegenſtandes der Anſchauung, ohne Bezie- hung derſelben auf einen Begrif zu einem beſtimmten Erkenntnis, Luſt verbunden iſt: ſo wird die Vorſtellung dadurch nicht auf das Object, ſondern lediglich auf das Subject bezogen und die Luſt kann nichts anders als die Angemeſſenheit deſſelben zu den Erkenntnisvermoͤgen, die in der reflectirenden Urtheilskraft im Spiel ſind, und ſo fern ſie darin ſind, alſo blos eine ſubjective for- male Zweckmaͤßigkeit des Objects ausdruͤcken. Denn jene Auffaſſung der Formen in die Einbildungskraft kann niemals geſchehen, ohne daß die reflectirende Ur- theilskraft, auch unabſichtlich, ſie wenigſtens mit ihrem Vermoͤgen, Anſchauungen auf Begriffe zu beziehen, vergliche. Wenn nun in dieſer Vergleichung die Einbil- dungskraft (als Vermoͤgen der Anſchauungen a priori) zum Verſtande, als Vermoͤgen der Begriffe, durch eine gegebene Vorſtellung unabſichtlich in Einſtimmung ver- ſetzt und dadurch ein Gefuͤhl der Luſt erweckt wird, ſo muß der Gegenſtand alsdann als zweckmaͤßig fuͤr die reflectirende Urtheilskraft angeſehen werden. Ein ſolches Urtheil iſt ein aͤſthetiſches Urtheil uͤber die Zweckmaͤßig- keit des Objects, welches ſich auf keinem vorhandenen Begriffe vom Gegenſtande gruͤndet und keinen von ihm verſchafft. Ein Gegenſtand deſſen Form, (nicht das
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[XLII/0048]
Einleitung.
Zweckmaͤßigkeit. — Es fraͤgt ſich nur, ob es uͤber-
haupt eine ſolche Vorſtellung der Zweckmaͤßigkeit gebe.
Wenn mit der bloßen Auffaſſung (apprehenſio) der
Form eines Gegenſtandes der Anſchauung, ohne Bezie-
hung derſelben auf einen Begrif zu einem beſtimmten
Erkenntnis, Luſt verbunden iſt: ſo wird die Vorſtellung
dadurch nicht auf das Object, ſondern lediglich auf das
Subject bezogen und die Luſt kann nichts anders als die
Angemeſſenheit deſſelben zu den Erkenntnisvermoͤgen,
die in der reflectirenden Urtheilskraft im Spiel ſind,
und ſo fern ſie darin ſind, alſo blos eine ſubjective for-
male Zweckmaͤßigkeit des Objects ausdruͤcken. Denn
jene Auffaſſung der Formen in die Einbildungskraft
kann niemals geſchehen, ohne daß die reflectirende Ur-
theilskraft, auch unabſichtlich, ſie wenigſtens mit ihrem
Vermoͤgen, Anſchauungen auf Begriffe zu beziehen,
vergliche. Wenn nun in dieſer Vergleichung die Einbil-
dungskraft (als Vermoͤgen der Anſchauungen a priori)
zum Verſtande, als Vermoͤgen der Begriffe, durch eine
gegebene Vorſtellung unabſichtlich in Einſtimmung ver-
ſetzt und dadurch ein Gefuͤhl der Luſt erweckt wird, ſo
muß der Gegenſtand alsdann als zweckmaͤßig fuͤr die
reflectirende Urtheilskraft angeſehen werden. Ein ſolches
Urtheil iſt ein aͤſthetiſches Urtheil uͤber die Zweckmaͤßig-
keit des Objects, welches ſich auf keinem vorhandenen
Begriffe vom Gegenſtande gruͤndet und keinen von ihm
verſchafft. Ein Gegenſtand deſſen Form, (nicht das
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. XLII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/48>, abgerufen am 05.12.2024.
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