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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790.

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Einleitung.
gen der Dinge außer uns aus, aber eigentlich das
Materielle (Reale) derselben (wodurch etwas Existiren-
des gegeben wird), so wie der Raum die bloße Form
a priori der Möglichkeit ihrer Anschauung, und gleich-
wohl wird jene auch zum Erkenntnis der Objecte
außer uns gebraucht.

Dasjenige Subjective aber an einer Vorstellung,
was gar kein Erkenntnisstück werden kann,
ist die mit ihr verbundene Lust oder Unlust; denn
durch sie erkenne ich nichts an dem Gegenstande der
Vorstellung, obgleich sie wohl die Wirkung irgend
einer Erkenntnis seyn kann. Nun ist die Zweckmäßig-
keit eines Dinges, so fern sie in der Wahrnehmung
vorgestellt wird, auch keine Beschaffenheit des Objects
selbst (denn eine solche kann nicht wahrgenommen
werden), ob sie gleich aus einem Erkenntnisse der
Dinge gefolgert werden kann. Die Zweckmäßigkeit
also, die vor dem Erkenntnisse eines Objects vorher-
geht, ja ohne sogar die Vorstellnug desselben zu einem
Erkenntnis brauchen zu wollen, gleichwohl mit ihr
unmittelbar verbunden wird, ist das Subjective der-
selben, was gar kein Erkenntnisstück werden kann.
Also wird der Gegenstand alsdann nur darum zweck-
mäßig genannt, weil seine Vorstellung unmittelbar
mit dem Gefühle der Lust verbunden ist, und diese
Vorstellung selbst ist eine ästhetische Vorstellung der

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Einleitung.
gen der Dinge außer uns aus, aber eigentlich das
Materielle (Reale) derſelben (wodurch etwas Exiſtiren-
des gegeben wird), ſo wie der Raum die bloße Form
a priori der Moͤglichkeit ihrer Anſchauung, und gleich-
wohl wird jene auch zum Erkenntnis der Objecte
außer uns gebraucht.

Dasjenige Subjective aber an einer Vorſtellung,
was gar kein Erkenntnisſtuͤck werden kann,
iſt die mit ihr verbundene Luſt oder Unluſt; denn
durch ſie erkenne ich nichts an dem Gegenſtande der
Vorſtellung, obgleich ſie wohl die Wirkung irgend
einer Erkenntnis ſeyn kann. Nun iſt die Zweckmaͤßig-
keit eines Dinges, ſo fern ſie in der Wahrnehmung
vorgeſtellt wird, auch keine Beſchaffenheit des Objects
ſelbſt (denn eine ſolche kann nicht wahrgenommen
werden), ob ſie gleich aus einem Erkenntniſſe der
Dinge gefolgert werden kann. Die Zweckmaͤßigkeit
alſo, die vor dem Erkenntniſſe eines Objects vorher-
geht, ja ohne ſogar die Vorſtellnug deſſelben zu einem
Erkenntnis brauchen zu wollen, gleichwohl mit ihr
unmittelbar verbunden wird, iſt das Subjective der-
ſelben, was gar kein Erkenntnisſtuͤck werden kann.
Alſo wird der Gegenſtand alsdann nur darum zweck-
maͤßig genannt, weil ſeine Vorſtellung unmittelbar
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[XLI/0047] Einleitung. gen der Dinge außer uns aus, aber eigentlich das Materielle (Reale) derſelben (wodurch etwas Exiſtiren- des gegeben wird), ſo wie der Raum die bloße Form a priori der Moͤglichkeit ihrer Anſchauung, und gleich- wohl wird jene auch zum Erkenntnis der Objecte außer uns gebraucht. Dasjenige Subjective aber an einer Vorſtellung, was gar kein Erkenntnisſtuͤck werden kann, iſt die mit ihr verbundene Luſt oder Unluſt; denn durch ſie erkenne ich nichts an dem Gegenſtande der Vorſtellung, obgleich ſie wohl die Wirkung irgend einer Erkenntnis ſeyn kann. Nun iſt die Zweckmaͤßig- keit eines Dinges, ſo fern ſie in der Wahrnehmung vorgeſtellt wird, auch keine Beſchaffenheit des Objects ſelbſt (denn eine ſolche kann nicht wahrgenommen werden), ob ſie gleich aus einem Erkenntniſſe der Dinge gefolgert werden kann. Die Zweckmaͤßigkeit alſo, die vor dem Erkenntniſſe eines Objects vorher- geht, ja ohne ſogar die Vorſtellnug deſſelben zu einem Erkenntnis brauchen zu wollen, gleichwohl mit ihr unmittelbar verbunden wird, iſt das Subjective der- ſelben, was gar kein Erkenntnisſtuͤck werden kann. Alſo wird der Gegenſtand alsdann nur darum zweck- maͤßig genannt, weil ſeine Vorſtellung unmittelbar mit dem Gefuͤhle der Luſt verbunden iſt, und dieſe Vorſtellung ſelbſt iſt eine aͤſthetiſche Vorſtellung der c 5

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. XLI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/47>, abgerufen am 27.04.2024.