mithin ein Vermögen hat, sich selbst willkührlich Zwecke zu setzen, ist er zwar betitelter Herr der Natur und, wenn man diese als ein teleologisches System ansieht, seiner Bestimmung nach der letzte Zweck der Natur, aber immer nur bedingt, nämlich daß er es verstehe und den Willen habe dieser und ihm selbst eine solche Zweckbe- ziehung zu geben, die unabhängig von der Natur sich selbst gnugsam, mithin Endzweck seyn könne, der aber in der Natur gar nicht gesucht werden muß.
Um aber auszufinden, worin wir am Menschen wenigstens jenen letzten Zweck der Natur zu setzen ha- ben, müssen wir dasjenige, was die Natur zu leisten vermag, um ihn dazu vorzubereiten, was er selbst thun muß, um Endzweck zu seyn, heraussuchen und es von allen den Zwecken absondern, deren Möglichkeit auf Be- dingungen beruht, die man allein von der Natur erwar- ten darf. Von der letztern Art ist die Glückseeligkeit auf Erden, worunter der Jnbegrif aller durch die Natur ausser und in dem Menschen möglichen Zwecke desselben verstanden wird; das ist die Materie aller seiner Zwecke auf Erden, die, wenn er sie zu seinem ganzen Zwecke macht, ihn unfähig macht seiner eigenen Existenz einen Endzweck zu setzen und dazu zusammen zu stimmen. Es bleibt also von allen seinen Zwecken in der Natur nur die formale, subjective Bedingung, nämlich der Taug- lichkeit: sich selbst überhaupt Zwecke zu setzen und, (unab- hängig von der Natur in seiner Zweckbestimmung) die
II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
mithin ein Vermoͤgen hat, ſich ſelbſt willkuͤhrlich Zwecke zu ſetzen, iſt er zwar betitelter Herr der Natur und, wenn man dieſe als ein teleologiſches Syſtem anſieht, ſeiner Beſtimmung nach der letzte Zweck der Natur, aber immer nur bedingt, naͤmlich daß er es verſtehe und den Willen habe dieſer und ihm ſelbſt eine ſolche Zweckbe- ziehung zu geben, die unabhaͤngig von der Natur ſich ſelbſt gnugſam, mithin Endzweck ſeyn koͤnne, der aber in der Natur gar nicht geſucht werden muß.
Um aber auszufinden, worin wir am Menſchen wenigſtens jenen letzten Zweck der Natur zu ſetzen ha- ben, muͤſſen wir dasjenige, was die Natur zu leiſten vermag, um ihn dazu vorzubereiten, was er ſelbſt thun muß, um Endzweck zu ſeyn, herausſuchen und es von allen den Zwecken abſondern, deren Moͤglichkeit auf Be- dingungen beruht, die man allein von der Natur erwar- ten darf. Von der letztern Art iſt die Gluͤckſeeligkeit auf Erden, worunter der Jnbegrif aller durch die Natur auſſer und in dem Menſchen moͤglichen Zwecke deſſelben verſtanden wird; das iſt die Materie aller ſeiner Zwecke auf Erden, die, wenn er ſie zu ſeinem ganzen Zwecke macht, ihn unfaͤhig macht ſeiner eigenen Exiſtenz einen Endzweck zu ſetzen und dazu zuſammen zu ſtimmen. Es bleibt alſo von allen ſeinen Zwecken in der Natur nur die formale, ſubjective Bedingung, naͤmlich der Taug- lichkeit: ſich ſelbſt uͤberhaupt Zwecke zu ſetzen und, (unab- haͤngig von der Natur in ſeiner Zweckbeſtimmung) die
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II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
mithin ein Vermoͤgen hat, ſich ſelbſt willkuͤhrlich Zwecke
zu ſetzen, iſt er zwar betitelter Herr der Natur und,
wenn man dieſe als ein teleologiſches Syſtem anſieht,
ſeiner Beſtimmung nach der letzte Zweck der Natur, aber
immer nur bedingt, naͤmlich daß er es verſtehe und den
Willen habe dieſer und ihm ſelbſt eine ſolche Zweckbe-
ziehung zu geben, die unabhaͤngig von der Natur ſich
ſelbſt gnugſam, mithin Endzweck ſeyn koͤnne, der aber
in der Natur gar nicht geſucht werden muß.
Um aber auszufinden, worin wir am Menſchen
wenigſtens jenen letzten Zweck der Natur zu ſetzen ha-
ben, muͤſſen wir dasjenige, was die Natur zu leiſten
vermag, um ihn dazu vorzubereiten, was er ſelbſt thun
muß, um Endzweck zu ſeyn, herausſuchen und es von
allen den Zwecken abſondern, deren Moͤglichkeit auf Be-
dingungen beruht, die man allein von der Natur erwar-
ten darf. Von der letztern Art iſt die Gluͤckſeeligkeit auf
Erden, worunter der Jnbegrif aller durch die Natur
auſſer und in dem Menſchen moͤglichen Zwecke deſſelben
verſtanden wird; das iſt die Materie aller ſeiner Zwecke
auf Erden, die, wenn er ſie zu ſeinem ganzen Zwecke
macht, ihn unfaͤhig macht ſeiner eigenen Exiſtenz einen
Endzweck zu ſetzen und dazu zuſammen zu ſtimmen. Es
bleibt alſo von allen ſeinen Zwecken in der Natur nur
die formale, ſubjective Bedingung, naͤmlich der Taug-
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/450>, abgerufen am 22.12.2024.
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