und vermindert, ein gewisses Gleichgewicht unter den hervorbringenden und den zerstöhrenden Kräften der Natur gestiftet werde: Und so würde der Mensch, so sehr er auch in gewisser Beziehung als Zweck gewürdigt seyn möchte, doch in anderer wiederum nur den Rang eines Mittels haben.
Wenn man sich eine objective Zweckmäßigkeit in der Mannigfaltigkeit der Gattungen der Erdgeschöpfe und ihrem äußern Verhältnisse zu einander, als zweckmäßig construirter Wesen, zum Princip macht, so ist es der Vernunft gemäs sich in diesem Verhältnisse wiederum eine gewisse Organisation und ein System aller Natur- reiche nach Endursachen zu denken; allein hier scheint die Erfahrung der Vernunftmaxime lant zu widersprechen, vornemlich was einen letzten Zweck der Natur betrift, der doch zu der Möglichkeit eines solchen Systems erfor- derlich ist, und den wir nirgends anders als im Men- schen setzen können: da vielmehr in Ansehung dieses, als einer der vielen Thiergattungen die Natur so wenig von den zerstöhrenden als erzeugenden Kräften die min deste Ausnahme gemacht hat, alles einem Mechanism derselben, ohne einen Zweck zu unterwerfen.
Das erste, was in einer Anordnung zu einem zweck- mäßigen Ganzen der Naturwesen auf der Erde absicht- lich eingerichtet seyn mußte, würde wohl ihr Wohnplatz, der Boden und das Element seyn, auf und in welchem sie ihr Fortkommen haben sollten. Allein eine genauere
II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
und vermindert, ein gewiſſes Gleichgewicht unter den hervorbringenden und den zerſtoͤhrenden Kraͤften der Natur geſtiftet werde: Und ſo wuͤrde der Menſch, ſo ſehr er auch in gewiſſer Beziehung als Zweck gewuͤrdigt ſeyn moͤchte, doch in anderer wiederum nur den Rang eines Mittels haben.
Wenn man ſich eine objective Zweckmaͤßigkeit in der Mannigfaltigkeit der Gattungen der Erdgeſchoͤpfe und ihrem aͤußern Verhaͤltniſſe zu einander, als zweckmaͤßig conſtruirter Weſen, zum Princip macht, ſo iſt es der Vernunft gemaͤs ſich in dieſem Verhaͤltniſſe wiederum eine gewiſſe Organiſation und ein Syſtem aller Natur- reiche nach Endurſachen zu denken; allein hier ſcheint die Erfahrung der Vernunftmaxime lant zu widerſprechen, vornemlich was einen letzten Zweck der Natur betrift, der doch zu der Moͤglichkeit eines ſolchen Syſtems erfor- derlich iſt, und den wir nirgends anders als im Men- ſchen ſetzen koͤnnen: da vielmehr in Anſehung dieſes, als einer der vielen Thiergattungen die Natur ſo wenig von den zerſtoͤhrenden als erzeugenden Kraͤften die min deſte Ausnahme gemacht hat, alles einem Mechanism derſelben, ohne einen Zweck zu unterwerfen.
Das erſte, was in einer Anordnung zu einem zweck- maͤßigen Ganzen der Naturweſen auf der Erde abſicht- lich eingerichtet ſeyn mußte, wuͤrde wohl ihr Wohnplatz, der Boden und das Element ſeyn, auf und in welchem ſie ihr Fortkommen haben ſollten. Allein eine genauere
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0443"n="379"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">II.</hi> Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.</fw><lb/>
und vermindert, ein gewiſſes Gleichgewicht unter den<lb/>
hervorbringenden und den zerſtoͤhrenden Kraͤften der<lb/>
Natur geſtiftet werde: Und ſo wuͤrde der Menſch, ſo<lb/>ſehr er auch in gewiſſer Beziehung als Zweck gewuͤrdigt<lb/>ſeyn moͤchte, doch in anderer wiederum nur den Rang<lb/>
eines Mittels haben.</p><lb/><p>Wenn man ſich eine objective Zweckmaͤßigkeit in der<lb/>
Mannigfaltigkeit der Gattungen der Erdgeſchoͤpfe und<lb/>
ihrem aͤußern Verhaͤltniſſe zu einander, als zweckmaͤßig<lb/>
conſtruirter Weſen, zum Princip macht, ſo iſt es der<lb/>
Vernunft gemaͤs ſich in dieſem Verhaͤltniſſe wiederum<lb/>
eine gewiſſe Organiſation und ein Syſtem aller Natur-<lb/>
reiche nach Endurſachen zu denken; allein hier ſcheint die<lb/>
Erfahrung der Vernunftmaxime lant zu widerſprechen,<lb/>
vornemlich was einen letzten Zweck der Natur betrift,<lb/>
der doch zu der Moͤglichkeit eines ſolchen Syſtems erfor-<lb/>
derlich iſt, und den wir nirgends anders als im Men-<lb/>ſchen ſetzen koͤnnen: da vielmehr in Anſehung dieſes, als<lb/>
einer der vielen Thiergattungen die Natur ſo wenig von<lb/>
den zerſtoͤhrenden als erzeugenden Kraͤften die min<lb/>
deſte Ausnahme gemacht hat, alles einem Mechanism<lb/>
derſelben, ohne einen Zweck zu unterwerfen.</p><lb/><p>Das erſte, was in einer Anordnung zu einem zweck-<lb/>
maͤßigen Ganzen der Naturweſen auf der Erde abſicht-<lb/>
lich eingerichtet ſeyn mußte, wuͤrde wohl ihr Wohnplatz,<lb/>
der Boden und das Element ſeyn, auf und in welchem<lb/>ſie ihr Fortkommen haben ſollten. Allein eine genauere<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[379/0443]
II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
und vermindert, ein gewiſſes Gleichgewicht unter den
hervorbringenden und den zerſtoͤhrenden Kraͤften der
Natur geſtiftet werde: Und ſo wuͤrde der Menſch, ſo
ſehr er auch in gewiſſer Beziehung als Zweck gewuͤrdigt
ſeyn moͤchte, doch in anderer wiederum nur den Rang
eines Mittels haben.
Wenn man ſich eine objective Zweckmaͤßigkeit in der
Mannigfaltigkeit der Gattungen der Erdgeſchoͤpfe und
ihrem aͤußern Verhaͤltniſſe zu einander, als zweckmaͤßig
conſtruirter Weſen, zum Princip macht, ſo iſt es der
Vernunft gemaͤs ſich in dieſem Verhaͤltniſſe wiederum
eine gewiſſe Organiſation und ein Syſtem aller Natur-
reiche nach Endurſachen zu denken; allein hier ſcheint die
Erfahrung der Vernunftmaxime lant zu widerſprechen,
vornemlich was einen letzten Zweck der Natur betrift,
der doch zu der Moͤglichkeit eines ſolchen Syſtems erfor-
derlich iſt, und den wir nirgends anders als im Men-
ſchen ſetzen koͤnnen: da vielmehr in Anſehung dieſes, als
einer der vielen Thiergattungen die Natur ſo wenig von
den zerſtoͤhrenden als erzeugenden Kraͤften die min
deſte Ausnahme gemacht hat, alles einem Mechanism
derſelben, ohne einen Zweck zu unterwerfen.
Das erſte, was in einer Anordnung zu einem zweck-
maͤßigen Ganzen der Naturweſen auf der Erde abſicht-
lich eingerichtet ſeyn mußte, wuͤrde wohl ihr Wohnplatz,
der Boden und das Element ſeyn, auf und in welchem
ſie ihr Fortkommen haben ſollten. Allein eine genauere
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/443>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.