ner objectiven Realität nach, als annehmungsfähig zu rechtfertigen. Es bleibt also schlechterdings ein nur auf subjectiven Bedingungen nämlich der, unseren Erkennt- nisvermögen angemessen reflectirenden Urtheilskraft beruhender Satz, der, wenn man ihn als objectiv-dog- matisch geltend ausdrückte, heissen würde: es ist ein Gott: nun aber, für uns als Menschen, nur die einge- schränkte Formel erlaubt: Wir können uns die Zweck- mäßigkeit, die selbst unserer Erkenntnis der inneren Mög- lichkeit vieler Naturdinge zum Grunde gelegt werden muß, gar nicht anders denken und begreiflich machen, als indem wir sie und überhaupt die Welt uns als ein Product einer verständigen Ursache vorstellen.
Wenn nun dieser auf einer unumgänglich nothwen- digen Maxime unserer Urtheilskraft gegründete Satz allem sowohl speculativen als practischen Gebrauche un- serer Vernunft in jeder menschlichen Absicht vollkommen genugthuend ist, so möchte ich wohl wissen, was uns dann darunter abgehe, daß wir ihn nicht auch für höhere Wesen gültig, nämlich aus reinen objectiven Gründen (die leider unser Vermögen übersteigen) beweisen können. Es ist nämlich ganz gewis, daß wir die organisirte We- sen und deren innere Möglichkeit nach blos mechanischen Principien der Natur nicht einmal zureichend kennen ler- nen, viel weniger uns erklären können und zwar so ge- wiß, daß man dreist sagen kann, es ist für Menschen
II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
ner objectiven Realitaͤt nach, als annehmungsfaͤhig zu rechtfertigen. Es bleibt alſo ſchlechterdings ein nur auf ſubjectiven Bedingungen naͤmlich der, unſeren Erkennt- nisvermoͤgen angemeſſen reflectirenden Urtheilskraft beruhender Satz, der, wenn man ihn als objectiv-dog- matiſch geltend ausdruͤckte, heiſſen wuͤrde: es iſt ein Gott: nun aber, fuͤr uns als Menſchen, nur die einge- ſchraͤnkte Formel erlaubt: Wir koͤnnen uns die Zweck- maͤßigkeit, die ſelbſt unſerer Erkenntnis der inneren Moͤg- lichkeit vieler Naturdinge zum Grunde gelegt werden muß, gar nicht anders denken und begreiflich machen, als indem wir ſie und uͤberhaupt die Welt uns als ein Product einer verſtaͤndigen Urſache vorſtellen.
Wenn nun dieſer auf einer unumgaͤnglich nothwen- digen Maxime unſerer Urtheilskraft gegruͤndete Satz allem ſowohl ſpeculativen als practiſchen Gebrauche un- ſerer Vernunft in jeder menſchlichen Abſicht vollkommen genugthuend iſt, ſo moͤchte ich wohl wiſſen, was uns dann darunter abgehe, daß wir ihn nicht auch fuͤr hoͤhere Weſen guͤltig, naͤmlich aus reinen objectiven Gruͤnden (die leider unſer Vermoͤgen uͤberſteigen) beweiſen koͤnnen. Es iſt naͤmlich ganz gewis, daß wir die organiſirte We- ſen und deren innere Moͤglichkeit nach blos mechaniſchen Principien der Natur nicht einmal zureichend kennen ler- nen, viel weniger uns erklaͤren koͤnnen und zwar ſo ge- wiß, daß man dreiſt ſagen kann, es iſt fuͤr Menſchen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0397"n="333"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">II.</hi> Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.</fw><lb/>
ner objectiven Realitaͤt nach, als annehmungsfaͤhig zu<lb/>
rechtfertigen. Es bleibt alſo ſchlechterdings ein nur auf<lb/>ſubjectiven Bedingungen naͤmlich der, unſeren Erkennt-<lb/>
nisvermoͤgen angemeſſen reflectirenden Urtheilskraft<lb/>
beruhender Satz, der, wenn man ihn als objectiv-dog-<lb/>
matiſch geltend ausdruͤckte, heiſſen wuͤrde: es iſt ein<lb/>
Gott: nun aber, fuͤr uns als Menſchen, nur die einge-<lb/>ſchraͤnkte Formel erlaubt: Wir koͤnnen uns die Zweck-<lb/>
maͤßigkeit, die ſelbſt unſerer Erkenntnis der inneren Moͤg-<lb/>
lichkeit vieler Naturdinge zum Grunde gelegt werden<lb/>
muß, gar nicht anders denken und begreiflich machen,<lb/>
als indem wir ſie und uͤberhaupt die Welt uns als ein<lb/>
Product einer verſtaͤndigen Urſache vorſtellen.</p><lb/><p>Wenn nun dieſer auf einer unumgaͤnglich nothwen-<lb/>
digen Maxime unſerer Urtheilskraft gegruͤndete Satz<lb/>
allem ſowohl ſpeculativen als practiſchen Gebrauche un-<lb/>ſerer Vernunft in jeder menſchlichen Abſicht vollkommen<lb/>
genugthuend iſt, ſo moͤchte ich wohl wiſſen, was uns<lb/>
dann darunter abgehe, daß wir ihn nicht auch fuͤr hoͤhere<lb/>
Weſen guͤltig, naͤmlich aus reinen objectiven Gruͤnden<lb/>
(die leider unſer Vermoͤgen uͤberſteigen) beweiſen koͤnnen.<lb/>
Es iſt naͤmlich ganz gewis, daß wir die organiſirte We-<lb/>ſen und deren innere Moͤglichkeit nach blos mechaniſchen<lb/>
Principien der Natur nicht einmal zureichend kennen ler-<lb/>
nen, viel weniger uns erklaͤren koͤnnen und zwar ſo ge-<lb/>
wiß, daß man dreiſt ſagen kann, es iſt fuͤr Menſchen<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[333/0397]
II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
ner objectiven Realitaͤt nach, als annehmungsfaͤhig zu
rechtfertigen. Es bleibt alſo ſchlechterdings ein nur auf
ſubjectiven Bedingungen naͤmlich der, unſeren Erkennt-
nisvermoͤgen angemeſſen reflectirenden Urtheilskraft
beruhender Satz, der, wenn man ihn als objectiv-dog-
matiſch geltend ausdruͤckte, heiſſen wuͤrde: es iſt ein
Gott: nun aber, fuͤr uns als Menſchen, nur die einge-
ſchraͤnkte Formel erlaubt: Wir koͤnnen uns die Zweck-
maͤßigkeit, die ſelbſt unſerer Erkenntnis der inneren Moͤg-
lichkeit vieler Naturdinge zum Grunde gelegt werden
muß, gar nicht anders denken und begreiflich machen,
als indem wir ſie und uͤberhaupt die Welt uns als ein
Product einer verſtaͤndigen Urſache vorſtellen.
Wenn nun dieſer auf einer unumgaͤnglich nothwen-
digen Maxime unſerer Urtheilskraft gegruͤndete Satz
allem ſowohl ſpeculativen als practiſchen Gebrauche un-
ſerer Vernunft in jeder menſchlichen Abſicht vollkommen
genugthuend iſt, ſo moͤchte ich wohl wiſſen, was uns
dann darunter abgehe, daß wir ihn nicht auch fuͤr hoͤhere
Weſen guͤltig, naͤmlich aus reinen objectiven Gruͤnden
(die leider unſer Vermoͤgen uͤberſteigen) beweiſen koͤnnen.
Es iſt naͤmlich ganz gewis, daß wir die organiſirte We-
ſen und deren innere Moͤglichkeit nach blos mechaniſchen
Principien der Natur nicht einmal zureichend kennen ler-
nen, viel weniger uns erklaͤren koͤnnen und zwar ſo ge-
wiß, daß man dreiſt ſagen kann, es iſt fuͤr Menſchen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/397>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.