so unterwerfen können, daß wir es gleich der Natur, wenigstens der Aehnlichkeit der Gesetze nach, selbst her- vorbringen könnten; denn nur so viel sieht man voll- ständig ein, als man nach Begriffen selbst machen und zu Stande bringen kann. Organisation aber, als innerer Zweck der Natur, übersteigt unendlich alles Vermögen einer ähnlichen Darstellung durch Kunst, und was äußere für zweckmäßig gehaltene Natureinrichtungen betrift, (z. B. Winde, Regen u. d. g.), so betrachtet die Physik wohl den Mechanism derselben, aber ihre Beziehung auf Zwecke, so fern diese eine zur Ursache nothwendig gehörige Bedingung seyn soll, kann sie gar nicht dar- stellen, weil diese Nothwendigkeit der Verknüpfung gänz- lich die Verbindung unserer Begriffe und nicht die Be- schaffenheit der Dinge angeht.
II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
ſo unterwerfen koͤnnen, daß wir es gleich der Natur, wenigſtens der Aehnlichkeit der Geſetze nach, ſelbſt her- vorbringen koͤnnten; denn nur ſo viel ſieht man voll- ſtaͤndig ein, als man nach Begriffen ſelbſt machen und zu Stande bringen kann. Organiſation aber, als innerer Zweck der Natur, uͤberſteigt unendlich alles Vermoͤgen einer aͤhnlichen Darſtellung durch Kunſt, und was aͤußere fuͤr zweckmaͤßig gehaltene Natureinrichtungen betrift, (z. B. Winde, Regen u. d. g.), ſo betrachtet die Phyſik wohl den Mechanism derſelben, aber ihre Beziehung auf Zwecke, ſo fern dieſe eine zur Urſache nothwendig gehoͤrige Bedingung ſeyn ſoll, kann ſie gar nicht dar- ſtellen, weil dieſe Nothwendigkeit der Verknuͤpfung gaͤnz- lich die Verbindung unſerer Begriffe und nicht die Be- ſchaffenheit der Dinge angeht.
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II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
ſo unterwerfen koͤnnen, daß wir es gleich der Natur,
wenigſtens der Aehnlichkeit der Geſetze nach, ſelbſt her-
vorbringen koͤnnten; denn nur ſo viel ſieht man voll-
ſtaͤndig ein, als man nach Begriffen ſelbſt machen und
zu Stande bringen kann. Organiſation aber, als innerer
Zweck der Natur, uͤberſteigt unendlich alles Vermoͤgen
einer aͤhnlichen Darſtellung durch Kunſt, und was aͤußere
fuͤr zweckmaͤßig gehaltene Natureinrichtungen betrift,
(z. B. Winde, Regen u. d. g.), ſo betrachtet die Phyſik
wohl den Mechanism derſelben, aber ihre Beziehung
auf Zwecke, ſo fern dieſe eine zur Urſache nothwendig
gehoͤrige Bedingung ſeyn ſoll, kann ſie gar nicht dar-
ſtellen, weil dieſe Nothwendigkeit der Verknuͤpfung gaͤnz-
lich die Verbindung unſerer Begriffe und nicht die Be-
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/370>, abgerufen am 22.07.2024.
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