sich selbst widerspreche. Man sieht also, daß die Hebung der Antinomie der ästhetischen Urtheilskraft einen ähn- lichen Gang nehme, als den die Critik in Auflösung der Antinomien der reinen theoretischen Vernunft befolgte und daß, eben so hier und auch in der Critik der practi- schen Vernunft die Antinomien wider Willen nöthigen über das Sinnliche hinaus zu sehen und im Uebersinn- lichen den Vereinigungspunct aller unserer Vermögen a priori zu suchen; weil kein anderer Ausweg übrig bleibt, die Vernunft mit sich selbst einstimmig zu machen.
AnmerkungI.
Da wir in der Transcendental Philosophie so oft Ver- anlassung finden, Jdeen von Verstandesbegriffen zu unter- scheiden, so kann es von Nutzen seyn ihrem Unterschiede an- gemessene Kunstausdrücke einzuführen. Jch glaube, man werde nichts dawider haben, wenn ich welche in Vorschlag bringe. -- Jdeen in der allgemeinsten Bedeutung sind, nach einem gewissen (subjectiven oder objectiven) Princip, auf ei- nen Gegenstand bezogene Vorstellungen, sofern sie doch nie eine Erkenntnis desselben werden können. Sie sind entweder nach einem blos subjectiven Princip der Uebereinstimmung der Erkenntnisvermögen unter einander (der Einbildungskraft und des Verstandes) auf eine Anschauung bezogen und hei- ßen alsdann ästhetische, oder nach einem objectiven Prin- cip auf einen Begrif bezogen und können doch nie eine Er- kenntnis des Gegenstandes abgeben und heißen Vernunft- ideen, in welchem Falle der Begrif ein transcendenter Begrif ist, welcher vom Verstandesbegriffe, dem jederzeit
I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft.
ſich ſelbſt widerſpreche. Man ſieht alſo, daß die Hebung der Antinomie der aͤſthetiſchen Urtheilskraft einen aͤhn- lichen Gang nehme, als den die Critik in Aufloͤſung der Antinomien der reinen theoretiſchen Vernunft befolgte und daß, eben ſo hier und auch in der Critik der practi- ſchen Vernunft die Antinomien wider Willen noͤthigen uͤber das Sinnliche hinaus zu ſehen und im Ueberſinn- lichen den Vereinigungspunct aller unſerer Vermoͤgen a priori zu ſuchen; weil kein anderer Ausweg uͤbrig bleibt, die Vernunft mit ſich ſelbſt einſtimmig zu machen.
AnmerkungI.
Da wir in der Tranſcendental Philoſophie ſo oft Ver- anlaſſung finden, Jdeen von Verſtandesbegriffen zu unter- ſcheiden, ſo kann es von Nutzen ſeyn ihrem Unterſchiede an- gemeſſene Kunſtausdruͤcke einzufuͤhren. Jch glaube, man werde nichts dawider haben, wenn ich welche in Vorſchlag bringe. — Jdeen in der allgemeinſten Bedeutung ſind, nach einem gewiſſen (ſubjectiven oder objectiven) Princip, auf ei- nen Gegenſtand bezogene Vorſtellungen, ſofern ſie doch nie eine Erkenntnis deſſelben werden koͤnnen. Sie ſind entweder nach einem blos ſubjectiven Princip der Uebereinſtimmung der Erkenntnisvermoͤgen unter einander (der Einbildungskraft und des Verſtandes) auf eine Anſchauung bezogen und hei- ßen alsdann aͤſthetiſche, oder nach einem objectiven Prin- cip auf einen Begrif bezogen und koͤnnen doch nie eine Er- kenntnis des Gegenſtandes abgeben und heißen Vernunft- ideen, in welchem Falle der Begrif ein tranſcendenter Begrif iſt, welcher vom Verſtandesbegriffe, dem jederzeit
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I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft.
ſich ſelbſt widerſpreche. Man ſieht alſo, daß die Hebung
der Antinomie der aͤſthetiſchen Urtheilskraft einen aͤhn-
lichen Gang nehme, als den die Critik in Aufloͤſung der
Antinomien der reinen theoretiſchen Vernunft befolgte
und daß, eben ſo hier und auch in der Critik der practi-
ſchen Vernunft die Antinomien wider Willen noͤthigen
uͤber das Sinnliche hinaus zu ſehen und im Ueberſinn-
lichen den Vereinigungspunct aller unſerer Vermoͤgen
a priori zu ſuchen; weil kein anderer Ausweg uͤbrig
bleibt, die Vernunft mit ſich ſelbſt einſtimmig zu machen.
Anmerkung I.
Da wir in der Tranſcendental Philoſophie ſo oft Ver-
anlaſſung finden, Jdeen von Verſtandesbegriffen zu unter-
ſcheiden, ſo kann es von Nutzen ſeyn ihrem Unterſchiede an-
gemeſſene Kunſtausdruͤcke einzufuͤhren. Jch glaube, man
werde nichts dawider haben, wenn ich welche in Vorſchlag
bringe. — Jdeen in der allgemeinſten Bedeutung ſind, nach
einem gewiſſen (ſubjectiven oder objectiven) Princip, auf ei-
nen Gegenſtand bezogene Vorſtellungen, ſofern ſie doch nie
eine Erkenntnis deſſelben werden koͤnnen. Sie ſind entweder
nach einem blos ſubjectiven Princip der Uebereinſtimmung der
Erkenntnisvermoͤgen unter einander (der Einbildungskraft
und des Verſtandes) auf eine Anſchauung bezogen und hei-
ßen alsdann aͤſthetiſche, oder nach einem objectiven Prin-
cip auf einen Begrif bezogen und koͤnnen doch nie eine Er-
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/300>, abgerufen am 26.11.2024.
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