Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790.

Bild:
<< vorherige Seite
Einleitung.


I.
Von der Eintheilung der Philosophie.

Wenn man die Philosophie, so fern sie Principien der
Vernunfterkenntnis der Dinge (nicht blos, wie die Logik
thut, die der Form des Denkens überhaupt, ohne Unter-
schied der Objecte) durch Begriffe enthält, wie gewöhn-
lich, in die theoretische und practische eintheilt: so
verfährt man ganz recht. Aber alsdenn müssen auch die
Begriffe, welche den Principien dieser Vernunfterkennt-
nis ihr Object anweisen, specifisch verschieden seyn, weil
sie sonst zu keiner Eintheilung berechtigen würden, welche
jederzeit eine Entgegensetzung der Principien, der zu den
verschiedenen Theilen einer Wissenschaft gehörigen Ver-
nunfterkenntnis, voraussetzt.

Es sind aber nur zweyerley Begriffe, welche eben
so viel verschiedene Principien der Möglichkeit ihrer Ge-
genstände zulassen, nämlich die Naturbegriffe und der
Freyheitsbegrif. Da nun die erstere ein theoreti-

Einleitung.


I.
Von der Eintheilung der Philoſophie.

Wenn man die Philoſophie, ſo fern ſie Principien der
Vernunfterkenntnis der Dinge (nicht blos, wie die Logik
thut, die der Form des Denkens uͤberhaupt, ohne Unter-
ſchied der Objecte) durch Begriffe enthaͤlt, wie gewoͤhn-
lich, in die theoretiſche und practiſche eintheilt: ſo
verfaͤhrt man ganz recht. Aber alsdenn muͤſſen auch die
Begriffe, welche den Principien dieſer Vernunfterkennt-
nis ihr Object anweiſen, ſpecifiſch verſchieden ſeyn, weil
ſie ſonſt zu keiner Eintheilung berechtigen wuͤrden, welche
jederzeit eine Entgegenſetzung der Principien, der zu den
verſchiedenen Theilen einer Wiſſenſchaft gehoͤrigen Ver-
nunfterkenntnis, vorausſetzt.

Es ſind aber nur zweyerley Begriffe, welche eben
ſo viel verſchiedene Principien der Moͤglichkeit ihrer Ge-
genſtaͤnde zulaſſen, naͤmlich die Naturbegriffe und der
Freyheitsbegrif. Da nun die erſtere ein theoreti-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0017" n="[XI]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Einleitung</hi>.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi><lb/>
Von der Eintheilung der Philo&#x017F;ophie.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">W</hi>enn man die Philo&#x017F;ophie, &#x017F;o fern &#x017F;ie Principien der<lb/>
Vernunfterkenntnis der Dinge (nicht blos, wie die Logik<lb/>
thut, die der Form des Denkens u&#x0364;berhaupt, ohne Unter-<lb/>
&#x017F;chied der Objecte) durch Begriffe entha&#x0364;lt, wie gewo&#x0364;hn-<lb/>
lich, in die <hi rendition="#fr">theoreti&#x017F;che</hi> und <hi rendition="#fr">practi&#x017F;che</hi> eintheilt: &#x017F;o<lb/>
verfa&#x0364;hrt man ganz recht. Aber alsdenn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en auch die<lb/>
Begriffe, welche den Principien die&#x017F;er Vernunfterkennt-<lb/>
nis ihr Object anwei&#x017F;en, &#x017F;pecifi&#x017F;ch ver&#x017F;chieden &#x017F;eyn, weil<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t zu keiner Eintheilung berechtigen wu&#x0364;rden, welche<lb/>
jederzeit eine Entgegen&#x017F;etzung der Principien, der zu den<lb/>
ver&#x017F;chiedenen Theilen einer Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft geho&#x0364;rigen Ver-<lb/>
nunfterkenntnis, voraus&#x017F;etzt.</p><lb/>
          <p>Es &#x017F;ind aber nur zweyerley Begriffe, welche eben<lb/>
&#x017F;o viel ver&#x017F;chiedene Principien der Mo&#x0364;glichkeit ihrer Ge-<lb/>
gen&#x017F;ta&#x0364;nde zula&#x017F;&#x017F;en, na&#x0364;mlich die <hi rendition="#fr">Naturbegriffe</hi> und der<lb/><hi rendition="#fr">Freyheitsbegrif</hi>. Da nun die er&#x017F;tere ein <hi rendition="#fr">theoreti-</hi><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[XI]/0017] Einleitung. I. Von der Eintheilung der Philoſophie. Wenn man die Philoſophie, ſo fern ſie Principien der Vernunfterkenntnis der Dinge (nicht blos, wie die Logik thut, die der Form des Denkens uͤberhaupt, ohne Unter- ſchied der Objecte) durch Begriffe enthaͤlt, wie gewoͤhn- lich, in die theoretiſche und practiſche eintheilt: ſo verfaͤhrt man ganz recht. Aber alsdenn muͤſſen auch die Begriffe, welche den Principien dieſer Vernunfterkennt- nis ihr Object anweiſen, ſpecifiſch verſchieden ſeyn, weil ſie ſonſt zu keiner Eintheilung berechtigen wuͤrden, welche jederzeit eine Entgegenſetzung der Principien, der zu den verſchiedenen Theilen einer Wiſſenſchaft gehoͤrigen Ver- nunfterkenntnis, vorausſetzt. Es ſind aber nur zweyerley Begriffe, welche eben ſo viel verſchiedene Principien der Moͤglichkeit ihrer Ge- genſtaͤnde zulaſſen, naͤmlich die Naturbegriffe und der Freyheitsbegrif. Da nun die erſtere ein theoreti-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/17
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. [XI]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/17>, abgerufen am 27.04.2024.