mehr noch weniger enthalten, als der Begriff, weil durch die Erklärung der Begriff von dem Gegenstande ursprüng- lich, d. i. ohne die Erklärung irgend wovon abzuleiten, gegeben wurde. Die deutsche Sprache hat vor die Aus- drücke der Exposition, Explication, Declaration und Definition nichts mehr, als das eine Wort: Erklärung, und daher müssen wir schon von der Strenge der Foderung, da wir nemlich den philosophischen Erklärungen den Ehren- nahmen der Definition verweigerten, etwas ablassen und wollen diese ganze Anmerkung darauf einschränken: daß philosophische Definitionen nur als Expositionen gegebener, mathematische aber als Constructionen ursprünglich gemach- ter Begriffe, iene nur analytisch durch Zergliederung (de- ren Vollständigkeit nicht apodictisch gewiß ist), diese syn- thetisch zu Stande gebracht werden, und also den Begriff selbst machen, dagegen die erstere ihn nur erklären. Hier- aus folgt
a) daß man es in der Philosophie der Mathema- tik nicht so nachthun müsse, die Definitionen voran zu schicken, als nur etwa zum blossen Versuche. Denn, da sie Zergliederungen gegebener Begriffe seyn, so gehen diese Begriffe, obzwar nur noch verworren, voran und die un- vollständige Exposition geht vor der vollständigen, so, daß wir aus einigen Merkmalen, die wir aus einer noch un- vollendeten Zergliederung gezogen haben, manches vorher schliessen können, ehe wir zur vollständigen Exposition, d. i. der Definition gelangt sind, mit einem Worte, daß in
der
Methodenlehre I. Hauptſt. I. Abſch.
mehr noch weniger enthalten, als der Begriff, weil durch die Erklaͤrung der Begriff von dem Gegenſtande urſpruͤng- lich, d. i. ohne die Erklaͤrung irgend wovon abzuleiten, gegeben wurde. Die deutſche Sprache hat vor die Aus- druͤcke der Expoſition, Explication, Declaration und Definition nichts mehr, als das eine Wort: Erklaͤrung, und daher muͤſſen wir ſchon von der Strenge der Foderung, da wir nemlich den philoſophiſchen Erklaͤrungen den Ehren- nahmen der Definition verweigerten, etwas ablaſſen und wollen dieſe ganze Anmerkung darauf einſchraͤnken: daß philoſophiſche Definitionen nur als Expoſitionen gegebener, mathematiſche aber als Conſtructionen urſpruͤnglich gemach- ter Begriffe, iene nur analytiſch durch Zergliederung (de- ren Vollſtaͤndigkeit nicht apodictiſch gewiß iſt), dieſe ſyn- thetiſch zu Stande gebracht werden, und alſo den Begriff ſelbſt machen, dagegen die erſtere ihn nur erklaͤren. Hier- aus folgt
a) daß man es in der Philoſophie der Mathema- tik nicht ſo nachthun muͤſſe, die Definitionen voran zu ſchicken, als nur etwa zum bloſſen Verſuche. Denn, da ſie Zergliederungen gegebener Begriffe ſeyn, ſo gehen dieſe Begriffe, obzwar nur noch verworren, voran und die un- vollſtaͤndige Expoſition geht vor der vollſtaͤndigen, ſo, daß wir aus einigen Merkmalen, die wir aus einer noch un- vollendeten Zergliederung gezogen haben, manches vorher ſchlieſſen koͤnnen, ehe wir zur vollſtaͤndigen Expoſition, d. i. der Definition gelangt ſind, mit einem Worte, daß in
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Methodenlehre I. Hauptſt. I. Abſch.
mehr noch weniger enthalten, als der Begriff, weil durch
die Erklaͤrung der Begriff von dem Gegenſtande urſpruͤng-
lich, d. i. ohne die Erklaͤrung irgend wovon abzuleiten,
gegeben wurde. Die deutſche Sprache hat vor die Aus-
druͤcke der Expoſition, Explication, Declaration und
Definition nichts mehr, als das eine Wort: Erklaͤrung, und
daher muͤſſen wir ſchon von der Strenge der Foderung, da
wir nemlich den philoſophiſchen Erklaͤrungen den Ehren-
nahmen der Definition verweigerten, etwas ablaſſen und
wollen dieſe ganze Anmerkung darauf einſchraͤnken: daß
philoſophiſche Definitionen nur als Expoſitionen gegebener,
mathematiſche aber als Conſtructionen urſpruͤnglich gemach-
ter Begriffe, iene nur analytiſch durch Zergliederung (de-
ren Vollſtaͤndigkeit nicht apodictiſch gewiß iſt), dieſe ſyn-
thetiſch zu Stande gebracht werden, und alſo den Begriff
ſelbſt machen, dagegen die erſtere ihn nur erklaͤren. Hier-
aus folgt
a) daß man es in der Philoſophie der Mathema-
tik nicht ſo nachthun muͤſſe, die Definitionen voran zu
ſchicken, als nur etwa zum bloſſen Verſuche. Denn, da
ſie Zergliederungen gegebener Begriffe ſeyn, ſo gehen dieſe
Begriffe, obzwar nur noch verworren, voran und die un-
vollſtaͤndige Expoſition geht vor der vollſtaͤndigen, ſo, daß
wir aus einigen Merkmalen, die wir aus einer noch un-
vollendeten Zergliederung gezogen haben, manches vorher
ſchlieſſen koͤnnen, ehe wir zur vollſtaͤndigen Expoſition, d. i.
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 730. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/760>, abgerufen am 23.11.2024.
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