Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptst.
Endabsicht der Ideen der reinen Vernunft, die nur durch Mißverstand und Unbehutsamkeit dialectisch werden, ge- nau bestimmen. Die reine Vernunft ist in der That mit nichts, als sich selbst beschäftigt und kan auch kein ande- res Geschäfte haben, weil ihr nicht die Gegenstände zur Einheit des Erfahrungsbegriffs, sondern die Verstandeser- kentnisse zur Einheit des Vernunftbegriffs, d. i. des Zu- sammenhanges in einem Princip gegeben werden. Die Vernunfteinheit ist die Einheit des Systems, und diese systematische Einheit dient der Vernunft nicht obiectiv zu einem Grundsatze, um sie über die Gegenstände, sondern subiectiv als Maxime, um sie über alles mögliche empiri- sche Erkentniß der Gegenstände zu verbreiten. Gleichwol befördert der systematische Zusammenhang, den die Ver- nunft dem empirischen Verstandesgebrauche geben kan, nicht allein dessen Ausbreitung, sondern bewährt auch zu- gleich die Richtigkeit desselben und das Principium einer solchen systematischen Einheit ist auch obiectiv, aber auf unbestimte Art (principium vagum) nicht als constituti- ves Princip, um etwas in Ansehung seines directen Ge- genstandes zu bestimmen, sondern um, als blos regula- tiver Grundsatz und Maxime, den empirischen Gebrauch der Vernunft durch Eröfnung neuer Wege, die der Ver- stand nicht kent, ins Unendliche (Unbestimte) zu befördern und zu befestigen, ohne dabey iemals den Gesetzen des empirischen Gebrauchs im Mindesten zuwider zu seyn.
Die
Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptſt.
Endabſicht der Ideen der reinen Vernunft, die nur durch Mißverſtand und Unbehutſamkeit dialectiſch werden, ge- nau beſtimmen. Die reine Vernunft iſt in der That mit nichts, als ſich ſelbſt beſchaͤftigt und kan auch kein ande- res Geſchaͤfte haben, weil ihr nicht die Gegenſtaͤnde zur Einheit des Erfahrungsbegriffs, ſondern die Verſtandeser- kentniſſe zur Einheit des Vernunftbegriffs, d. i. des Zu- ſammenhanges in einem Princip gegeben werden. Die Vernunfteinheit iſt die Einheit des Syſtems, und dieſe ſyſtematiſche Einheit dient der Vernunft nicht obiectiv zu einem Grundſatze, um ſie uͤber die Gegenſtaͤnde, ſondern ſubiectiv als Maxime, um ſie uͤber alles moͤgliche empiri- ſche Erkentniß der Gegenſtaͤnde zu verbreiten. Gleichwol befoͤrdert der ſyſtematiſche Zuſammenhang, den die Ver- nunft dem empiriſchen Verſtandesgebrauche geben kan, nicht allein deſſen Ausbreitung, ſondern bewaͤhrt auch zu- gleich die Richtigkeit deſſelben und das Principium einer ſolchen ſyſtematiſchen Einheit iſt auch obiectiv, aber auf unbeſtimte Art (principium vagum) nicht als conſtituti- ves Princip, um etwas in Anſehung ſeines directen Ge- genſtandes zu beſtimmen, ſondern um, als blos regula- tiver Grundſatz und Maxime, den empiriſchen Gebrauch der Vernunft durch Eroͤfnung neuer Wege, die der Ver- ſtand nicht kent, ins Unendliche (Unbeſtimte) zu befoͤrdern und zu befeſtigen, ohne dabey iemals den Geſetzen des empiriſchen Gebrauchs im Mindeſten zuwider zu ſeyn.
Die
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Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptſt.
Endabſicht der Ideen der reinen Vernunft, die nur durch
Mißverſtand und Unbehutſamkeit dialectiſch werden, ge-
nau beſtimmen. Die reine Vernunft iſt in der That mit
nichts, als ſich ſelbſt beſchaͤftigt und kan auch kein ande-
res Geſchaͤfte haben, weil ihr nicht die Gegenſtaͤnde zur
Einheit des Erfahrungsbegriffs, ſondern die Verſtandeser-
kentniſſe zur Einheit des Vernunftbegriffs, d. i. des Zu-
ſammenhanges in einem Princip gegeben werden. Die
Vernunfteinheit iſt die Einheit des Syſtems, und dieſe
ſyſtematiſche Einheit dient der Vernunft nicht obiectiv zu
einem Grundſatze, um ſie uͤber die Gegenſtaͤnde, ſondern
ſubiectiv als Maxime, um ſie uͤber alles moͤgliche empiri-
ſche Erkentniß der Gegenſtaͤnde zu verbreiten. Gleichwol
befoͤrdert der ſyſtematiſche Zuſammenhang, den die Ver-
nunft dem empiriſchen Verſtandesgebrauche geben kan,
nicht allein deſſen Ausbreitung, ſondern bewaͤhrt auch zu-
gleich die Richtigkeit deſſelben und das Principium einer
ſolchen ſyſtematiſchen Einheit iſt auch obiectiv, aber auf
unbeſtimte Art (principium vagum) nicht als conſtituti-
ves Princip, um etwas in Anſehung ſeines directen Ge-
genſtandes zu beſtimmen, ſondern um, als blos regula-
tiver Grundſatz und Maxime, den empiriſchen Gebrauch
der Vernunft durch Eroͤfnung neuer Wege, die der Ver-
ſtand nicht kent, ins Unendliche (Unbeſtimte) zu befoͤrdern
und zu befeſtigen, ohne dabey iemals den Geſetzen des
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 680. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/710>, abgerufen am 23.11.2024.
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