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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

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VII. Absch. Critik aller speculativen Theologie.
einen Gegenstand bestimt denken kan, dazu gelangen und
die Bedingungen der obiectiven Gültigkeit meiner Begriffe
durch die Idee selbst ausgeschlossen seyn. Die Begriffe
der Realität, der Substanz, der Caussalität selbst, die der
Nothwendigkeit im Daseyn, haben, ausser dem Gebrauche, da
sie die empirische Erkentniß eines Gegenstandes möglich ma-
chen, gar keine Bedeutung, die irgend ein Obiect bestim-
mete. Sie können also zwar zu Erklärung der Möglich-
keit der Dinge in der Sinnenwelt, aber nicht der Mög-
lichkeit eines Weltganzen selbst gebraucht werden, weil
dieser Erklärungsgrund ausserhalb der Welt und mithin
kein Gegenstand einer möglichen Erfahrung seyn müßte.
Nun kan ich gleichwol ein solches unbegreifliches Wesen,
den Gegenstand einer blossen Idee, relativ auf die Sinnen-
welt, obgleich nicht an sich selbst, annehmen. Denn, wenn
dem größtmöglichen empirischen Gebrauche meiner Vernunft
eine Idee (der systematischvollständigen Einheit, von der ich
bald bestimter reden werde) zum Grunde liegt, die an sich
selbst niemals adäquat in der Erfahrung kan dargestellet
werden, ob sie gleich, um die empirische Einheit dem
höchstmöglichen Grade zu nähern, unumgänglich noth-
wendig ist, so werde ich nicht allein befugt, sondern auch
genöthigt seyn, diese Idee zu realisiren, d. i. ihr einen
wirklichen Gegenstand zu setzen, aber nur als ein Etwas
überhaupt, das ich an sich selbst gar nicht kenne und dem
ich nur, als einem Grunde iener systematischen Einheit,
in Beziehung auf diese leztere solche Eigenschaften gebe,

als
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VII. Abſch. Critik aller ſpeculativen Theologie.
einen Gegenſtand beſtimt denken kan, dazu gelangen und
die Bedingungen der obiectiven Guͤltigkeit meiner Begriffe
durch die Idee ſelbſt ausgeſchloſſen ſeyn. Die Begriffe
der Realitaͤt, der Subſtanz, der Cauſſalitaͤt ſelbſt, die der
Nothwendigkeit im Daſeyn, haben, auſſer dem Gebrauche, da
ſie die empiriſche Erkentniß eines Gegenſtandes moͤglich ma-
chen, gar keine Bedeutung, die irgend ein Obiect beſtim-
mete. Sie koͤnnen alſo zwar zu Erklaͤrung der Moͤglich-
keit der Dinge in der Sinnenwelt, aber nicht der Moͤg-
lichkeit eines Weltganzen ſelbſt gebraucht werden, weil
dieſer Erklaͤrungsgrund auſſerhalb der Welt und mithin
kein Gegenſtand einer moͤglichen Erfahrung ſeyn muͤßte.
Nun kan ich gleichwol ein ſolches unbegreifliches Weſen,
den Gegenſtand einer bloſſen Idee, relativ auf die Sinnen-
welt, obgleich nicht an ſich ſelbſt, annehmen. Denn, wenn
dem groͤßtmoͤglichen empiriſchen Gebrauche meiner Vernunft
eine Idee (der ſyſtematiſchvollſtaͤndigen Einheit, von der ich
bald beſtimter reden werde) zum Grunde liegt, die an ſich
ſelbſt niemals adaͤquat in der Erfahrung kan dargeſtellet
werden, ob ſie gleich, um die empiriſche Einheit dem
hoͤchſtmoͤglichen Grade zu naͤhern, unumgaͤnglich noth-
wendig iſt, ſo werde ich nicht allein befugt, ſondern auch
genoͤthigt ſeyn, dieſe Idee zu realiſiren, d. i. ihr einen
wirklichen Gegenſtand zu ſetzen, aber nur als ein Etwas
uͤberhaupt, das ich an ſich ſelbſt gar nicht kenne und dem
ich nur, als einem Grunde iener ſyſtematiſchen Einheit,
in Beziehung auf dieſe leztere ſolche Eigenſchaften gebe,

als
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[677/0707] VII. Abſch. Critik aller ſpeculativen Theologie. einen Gegenſtand beſtimt denken kan, dazu gelangen und die Bedingungen der obiectiven Guͤltigkeit meiner Begriffe durch die Idee ſelbſt ausgeſchloſſen ſeyn. Die Begriffe der Realitaͤt, der Subſtanz, der Cauſſalitaͤt ſelbſt, die der Nothwendigkeit im Daſeyn, haben, auſſer dem Gebrauche, da ſie die empiriſche Erkentniß eines Gegenſtandes moͤglich ma- chen, gar keine Bedeutung, die irgend ein Obiect beſtim- mete. Sie koͤnnen alſo zwar zu Erklaͤrung der Moͤglich- keit der Dinge in der Sinnenwelt, aber nicht der Moͤg- lichkeit eines Weltganzen ſelbſt gebraucht werden, weil dieſer Erklaͤrungsgrund auſſerhalb der Welt und mithin kein Gegenſtand einer moͤglichen Erfahrung ſeyn muͤßte. Nun kan ich gleichwol ein ſolches unbegreifliches Weſen, den Gegenſtand einer bloſſen Idee, relativ auf die Sinnen- welt, obgleich nicht an ſich ſelbſt, annehmen. Denn, wenn dem groͤßtmoͤglichen empiriſchen Gebrauche meiner Vernunft eine Idee (der ſyſtematiſchvollſtaͤndigen Einheit, von der ich bald beſtimter reden werde) zum Grunde liegt, die an ſich ſelbſt niemals adaͤquat in der Erfahrung kan dargeſtellet werden, ob ſie gleich, um die empiriſche Einheit dem hoͤchſtmoͤglichen Grade zu naͤhern, unumgaͤnglich noth- wendig iſt, ſo werde ich nicht allein befugt, ſondern auch genoͤthigt ſeyn, dieſe Idee zu realiſiren, d. i. ihr einen wirklichen Gegenſtand zu ſetzen, aber nur als ein Etwas uͤberhaupt, das ich an ſich ſelbſt gar nicht kenne und dem ich nur, als einem Grunde iener ſyſtematiſchen Einheit, in Beziehung auf dieſe leztere ſolche Eigenſchaften gebe, als U u 3

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 677. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/707>, abgerufen am 23.11.2024.