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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

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VI. Absch. Unmöglichkeit eines physicotheolog. etc.
Glaubens, herabzustimmen. Ich behaupte demnach: daß
der physicotheologische Beweis das Daseyn eines höchsten
Wesens niemals allein darthun könne, sondern es iederzeit
dem ontologischen (welchem er nur zur Introduction dient),
überlassen müsse, diesen Mangel zu ergänzen, mithin die-
ser immer noch den einzigmöglichen Beweisgrund (wo-
fern überall nur ein speculativer Beweis statt findet), ent-
halte, den keine menschliche Vernunft vorbey gehen kan.

Die Hauptmomente des gedachten physischtheologi-
schen Beweises sind folgende: 1. In der Welt finden sich
allerwerts deutliche Zeichen einer Anordnung nach bestim-
ter Absicht, mit grosser Weisheit ausgeführt und in einem
Ganzen, von unbeschreiblicher Mannigfaltigkeit des In-
halts so wol, als auch unbegränzter Grösse des Umfangs;
2. Denen Dingen der Welt ist diese zweckmässige Anord-
nung ganz fremd und hängt ihnen nur zufällig an, d. i. die
Natur verschiedener Dinge konte von selbst, durch so vie-
lerley sich vereinigende Mittel, zu bestimten Endabsichten
nicht zusammen stimmen, wären sie nicht durch ein anord-
nendes vernünftiges Princip, nach zum Grunde liegenden
Ideen, dazu ganz eigentlich gewählt und angelegt worden.
3. Es existirt also eine erhabene und weise Ursache (oder
mehrere), die nicht blos, als blindwirkende allvermögende
Natur, durch Fruchtbarkeit, sondern, als Intelligenz,
durch Freiheit die Ursache der Welt seyn muß. 4. Die
Einheit derselben [lä]ßt sich aus der Einheit der wechselsei-
tigen Beziehung der Theile der Welt, als Glieder von ei-

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VI. Abſch. Unmoͤglichkeit eines phyſicotheolog. ꝛc.
Glaubens, herabzuſtimmen. Ich behaupte demnach: daß
der phyſicotheologiſche Beweis das Daſeyn eines hoͤchſten
Weſens niemals allein darthun koͤnne, ſondern es iederzeit
dem ontologiſchen (welchem er nur zur Introduction dient),
uͤberlaſſen muͤſſe, dieſen Mangel zu ergaͤnzen, mithin die-
ſer immer noch den einzigmoͤglichen Beweisgrund (wo-
fern uͤberall nur ein ſpeculativer Beweis ſtatt findet), ent-
halte, den keine menſchliche Vernunft vorbey gehen kan.

Die Hauptmomente des gedachten phyſiſchtheologi-
ſchen Beweiſes ſind folgende: 1. In der Welt finden ſich
allerwerts deutliche Zeichen einer Anordnung nach beſtim-
ter Abſicht, mit groſſer Weisheit ausgefuͤhrt und in einem
Ganzen, von unbeſchreiblicher Mannigfaltigkeit des In-
halts ſo wol, als auch unbegraͤnzter Groͤſſe des Umfangs;
2. Denen Dingen der Welt iſt dieſe zweckmaͤſſige Anord-
nung ganz fremd und haͤngt ihnen nur zufaͤllig an, d. i. die
Natur verſchiedener Dinge konte von ſelbſt, durch ſo vie-
lerley ſich vereinigende Mittel, zu beſtimten Endabſichten
nicht zuſammen ſtimmen, waͤren ſie nicht durch ein anord-
nendes vernuͤnftiges Princip, nach zum Grunde liegenden
Ideen, dazu ganz eigentlich gewaͤhlt und angelegt worden.
3. Es exiſtirt alſo eine erhabene und weiſe Urſache (oder
mehrere), die nicht blos, als blindwirkende allvermoͤgende
Natur, durch Fruchtbarkeit, ſondern, als Intelligenz,
durch Freiheit die Urſache der Welt ſeyn muß. 4. Die
Einheit derſelben [laͤ]ßt ſich aus der Einheit der wechſelſei-
tigen Beziehung der Theile der Welt, als Glieder von ei-

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[625/0655] VI. Abſch. Unmoͤglichkeit eines phyſicotheolog. ꝛc. Glaubens, herabzuſtimmen. Ich behaupte demnach: daß der phyſicotheologiſche Beweis das Daſeyn eines hoͤchſten Weſens niemals allein darthun koͤnne, ſondern es iederzeit dem ontologiſchen (welchem er nur zur Introduction dient), uͤberlaſſen muͤſſe, dieſen Mangel zu ergaͤnzen, mithin die- ſer immer noch den einzigmoͤglichen Beweisgrund (wo- fern uͤberall nur ein ſpeculativer Beweis ſtatt findet), ent- halte, den keine menſchliche Vernunft vorbey gehen kan. Die Hauptmomente des gedachten phyſiſchtheologi- ſchen Beweiſes ſind folgende: 1. In der Welt finden ſich allerwerts deutliche Zeichen einer Anordnung nach beſtim- ter Abſicht, mit groſſer Weisheit ausgefuͤhrt und in einem Ganzen, von unbeſchreiblicher Mannigfaltigkeit des In- halts ſo wol, als auch unbegraͤnzter Groͤſſe des Umfangs; 2. Denen Dingen der Welt iſt dieſe zweckmaͤſſige Anord- nung ganz fremd und haͤngt ihnen nur zufaͤllig an, d. i. die Natur verſchiedener Dinge konte von ſelbſt, durch ſo vie- lerley ſich vereinigende Mittel, zu beſtimten Endabſichten nicht zuſammen ſtimmen, waͤren ſie nicht durch ein anord- nendes vernuͤnftiges Princip, nach zum Grunde liegenden Ideen, dazu ganz eigentlich gewaͤhlt und angelegt worden. 3. Es exiſtirt alſo eine erhabene und weiſe Urſache (oder mehrere), die nicht blos, als blindwirkende allvermoͤgende Natur, durch Fruchtbarkeit, ſondern, als Intelligenz, durch Freiheit die Urſache der Welt ſeyn muß. 4. Die Einheit derſelben laͤßt ſich aus der Einheit der wechſelſei- tigen Beziehung der Theile der Welt, als Glieder von ei- nem R r

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 625. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/655>, abgerufen am 22.11.2024.