Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptst.
derholt ihr es nur. Gesteht ihr dagegen, wie es billiger maassen ieder Vernünftige gestehen muß, daß ein ieder Existenzialsatz synthetisch sey, wie wollet ihr denn behaup- ten, daß das Prädicat der Existenz sich ohne Widerspruch nicht aufheben lasse, da dieser Vorzug nur den analytischen, als deren Character eben darauf beruht, eigenthümlich zu- komt.
Ich würde zwar hoffen, diese grüblerische Arguta- tion, ohne allen Umschweif, durch eine genaue Bestim- mung des Begriffs der Existenz, zu nichte zu machen, wenn ich nicht gefunden hätte: daß die Illusion, in Verwechse- lung eines logischen Prädicats mit einem realen, (d. i. der Bestimmung eines Dinges) beinahe alle Belehrung aus- schlage. Zum logischen Prädicate kan alles dienen, was man will, so gar das Subiect kan von sich selbst prädicirt werden; denn die Logik abstrahirt von allem Inhalte. Aber die Bestimmung ist ein Prädicat, welches über den Be- griff des Subiects hinzukomt und ihn vergrössert. Sie muß also nicht in ihm schon enthalten seyn.
Seyn ist offenbar kein reales Prädicat, d. i. ein Begriff von irgend etwas, was zu dem Begriffe eines Dinges hinzukommen könne. Es ist blos die Position eines Dinges, oder gewisser Bestimmungen an sich selbst. Im logischen Gebrauche ist es lediglich die Copula eines Urtheils. Der Satz: Gott ist allmächtig, enthält zwey Begriffe, die ihre Obiecte haben: Gott und Allmacht; das Wörtchen: ist, ist nicht noch ein Prädicat oben ein, son-
dern
Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptſt.
derholt ihr es nur. Geſteht ihr dagegen, wie es billiger maaſſen ieder Vernuͤnftige geſtehen muß, daß ein ieder Exiſtenzialſatz ſynthetiſch ſey, wie wollet ihr denn behaup- ten, daß das Praͤdicat der Exiſtenz ſich ohne Widerſpruch nicht aufheben laſſe, da dieſer Vorzug nur den analytiſchen, als deren Character eben darauf beruht, eigenthuͤmlich zu- komt.
Ich wuͤrde zwar hoffen, dieſe gruͤbleriſche Arguta- tion, ohne allen Umſchweif, durch eine genaue Beſtim- mung des Begriffs der Exiſtenz, zu nichte zu machen, wenn ich nicht gefunden haͤtte: daß die Illuſion, in Verwechſe- lung eines logiſchen Praͤdicats mit einem realen, (d. i. der Beſtimmung eines Dinges) beinahe alle Belehrung aus- ſchlage. Zum logiſchen Praͤdicate kan alles dienen, was man will, ſo gar das Subiect kan von ſich ſelbſt praͤdicirt werden; denn die Logik abſtrahirt von allem Inhalte. Aber die Beſtimmung iſt ein Praͤdicat, welches uͤber den Be- griff des Subiects hinzukomt und ihn vergroͤſſert. Sie muß alſo nicht in ihm ſchon enthalten ſeyn.
Seyn iſt offenbar kein reales Praͤdicat, d. i. ein Begriff von irgend etwas, was zu dem Begriffe eines Dinges hinzukommen koͤnne. Es iſt blos die Poſition eines Dinges, oder gewiſſer Beſtimmungen an ſich ſelbſt. Im logiſchen Gebrauche iſt es lediglich die Copula eines Urtheils. Der Satz: Gott iſt allmaͤchtig, enthaͤlt zwey Begriffe, die ihre Obiecte haben: Gott und Allmacht; das Woͤrtchen: iſt, iſt nicht noch ein Praͤdicat oben ein, ſon-
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Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptſt.
derholt ihr es nur. Geſteht ihr dagegen, wie es billiger
maaſſen ieder Vernuͤnftige geſtehen muß, daß ein ieder
Exiſtenzialſatz ſynthetiſch ſey, wie wollet ihr denn behaup-
ten, daß das Praͤdicat der Exiſtenz ſich ohne Widerſpruch
nicht aufheben laſſe, da dieſer Vorzug nur den analytiſchen,
als deren Character eben darauf beruht, eigenthuͤmlich zu-
komt.
Ich wuͤrde zwar hoffen, dieſe gruͤbleriſche Arguta-
tion, ohne allen Umſchweif, durch eine genaue Beſtim-
mung des Begriffs der Exiſtenz, zu nichte zu machen, wenn
ich nicht gefunden haͤtte: daß die Illuſion, in Verwechſe-
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Beſtimmung eines Dinges) beinahe alle Belehrung aus-
ſchlage. Zum logiſchen Praͤdicate kan alles dienen, was
man will, ſo gar das Subiect kan von ſich ſelbſt praͤdicirt
werden; denn die Logik abſtrahirt von allem Inhalte. Aber
die Beſtimmung iſt ein Praͤdicat, welches uͤber den Be-
griff des Subiects hinzukomt und ihn vergroͤſſert. Sie
muß alſo nicht in ihm ſchon enthalten ſeyn.
Seyn iſt offenbar kein reales Praͤdicat, d. i. ein
Begriff von irgend etwas, was zu dem Begriffe eines
Dinges hinzukommen koͤnne. Es iſt blos die Poſition
eines Dinges, oder gewiſſer Beſtimmungen an ſich ſelbſt.
Im logiſchen Gebrauche iſt es lediglich die Copula eines
Urtheils. Der Satz: Gott iſt allmaͤchtig, enthaͤlt zwey
Begriffe, die ihre Obiecte haben: Gott und Allmacht;
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 598. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/628>, abgerufen am 23.11.2024.
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