ler Wesen(ens entium) genant. Alles dieses aber bedeutet nicht das obiective Verhältniß eines wirklichen Gegenstandes zu andern Dingen, sondern der Idee zu Begriffen und läßt uns wegen der Existenz eines Wesens von so ausnehmendem Vorzuge in völliger Unwissenheit.
Weil man auch nicht sagen kan: daß ein Urwesen aus viel abgeleiteten Wesen bestehe, indem ein iedes der- selben ienes voraussezt, mithin es nicht ausmachen kan, so wird das Ideal des Urwesens auch als einfach gedacht werden müssen.
Die Ableitung aller anderen Möglichkeit von diesem Urwesen wird daher, genau zu reden, auch nicht als eine Einschränkung seiner höchsten Realität und gleichsam als eine Theilung derselben angesehen werden können; denn alsdenn würde das Urwesen als ein blosses Aggregat von abgeleiteten Wesen angesehen werden, welches nach dem vorigen unmöglich ist, ob wir es gleich anfänglich im ersten rohen Schattenrisse so vorstelleten. Vielmehr wür- de der Möglichkeit aller Dinge die höchste Realität als ein Grund und nichts als Inbegriff zum Grunde liegen und die Mannigfaltigkeit der ersteren nicht auf der Einschrän- kung des Urwesens selbst, sondern seiner vollständigen Folge beruhen, zu welcher denn auch unsere ganze Sinn- lichkeit, samt aller Realität in der Erscheinung, gehören würde, die zu der Idee des höchsten Wesens, als ein Ingredienz, nicht gehören kan.
Wenn
O o 2
II. Abſchn. Vom transſcend. Ideale.
ler Weſen(ens entium) genant. Alles dieſes aber bedeutet nicht das obiective Verhaͤltniß eines wirklichen Gegenſtandes zu andern Dingen, ſondern der Idee zu Begriffen und laͤßt uns wegen der Exiſtenz eines Weſens von ſo ausnehmendem Vorzuge in voͤlliger Unwiſſenheit.
Weil man auch nicht ſagen kan: daß ein Urweſen aus viel abgeleiteten Weſen beſtehe, indem ein iedes der- ſelben ienes vorausſezt, mithin es nicht ausmachen kan, ſo wird das Ideal des Urweſens auch als einfach gedacht werden muͤſſen.
Die Ableitung aller anderen Moͤglichkeit von dieſem Urweſen wird daher, genau zu reden, auch nicht als eine Einſchraͤnkung ſeiner hoͤchſten Realitaͤt und gleichſam als eine Theilung derſelben angeſehen werden koͤnnen; denn alsdenn wuͤrde das Urweſen als ein bloſſes Aggregat von abgeleiteten Weſen angeſehen werden, welches nach dem vorigen unmoͤglich iſt, ob wir es gleich anfaͤnglich im erſten rohen Schattenriſſe ſo vorſtelleten. Vielmehr wuͤr- de der Moͤglichkeit aller Dinge die hoͤchſte Realitaͤt als ein Grund und nichts als Inbegriff zum Grunde liegen und die Mannigfaltigkeit der erſteren nicht auf der Einſchraͤn- kung des Urweſens ſelbſt, ſondern ſeiner vollſtaͤndigen Folge beruhen, zu welcher denn auch unſere ganze Sinn- lichkeit, ſamt aller Realitaͤt in der Erſcheinung, gehoͤren wuͤrde, die zu der Idee des hoͤchſten Weſens, als ein Ingredienz, nicht gehoͤren kan.
Wenn
O o 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><p><pbfacs="#f0609"n="579"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">II.</hi> Abſchn. Vom transſcend. Ideale.</fw><lb/>
ler <hirendition="#fr">Weſen</hi><hirendition="#aq">(ens entium)</hi> genant. Alles dieſes aber<lb/>
bedeutet nicht das obiective Verhaͤltniß eines wirklichen<lb/>
Gegenſtandes zu andern Dingen, ſondern der Idee zu<lb/><hirendition="#fr">Begriffen</hi> und laͤßt uns wegen der Exiſtenz eines Weſens<lb/>
von ſo ausnehmendem Vorzuge in voͤlliger Unwiſſenheit.</p><lb/><p>Weil man auch nicht ſagen kan: daß ein Urweſen<lb/>
aus viel abgeleiteten Weſen beſtehe, indem ein iedes der-<lb/>ſelben ienes vorausſezt, mithin es nicht ausmachen kan,<lb/>ſo wird das Ideal des Urweſens auch als einfach gedacht<lb/>
werden muͤſſen.</p><lb/><p>Die Ableitung aller anderen Moͤglichkeit von dieſem<lb/>
Urweſen wird daher, genau zu reden, auch nicht als<lb/>
eine <hirendition="#fr">Einſchraͤnkung</hi>ſeiner hoͤchſten Realitaͤt und gleichſam<lb/>
als eine <hirendition="#fr">Theilung</hi> derſelben angeſehen werden koͤnnen;<lb/>
denn alsdenn wuͤrde das Urweſen als ein bloſſes Aggregat<lb/>
von abgeleiteten Weſen angeſehen werden, welches nach<lb/>
dem vorigen unmoͤglich iſt, ob wir es gleich anfaͤnglich im<lb/>
erſten rohen Schattenriſſe ſo vorſtelleten. Vielmehr wuͤr-<lb/>
de der Moͤglichkeit aller Dinge die hoͤchſte Realitaͤt als ein<lb/><hirendition="#fr">Grund</hi> und nichts als <hirendition="#fr">Inbegriff</hi> zum Grunde liegen und<lb/>
die Mannigfaltigkeit der erſteren nicht auf der Einſchraͤn-<lb/>
kung des Urweſens ſelbſt, ſondern ſeiner vollſtaͤndigen<lb/>
Folge beruhen, zu welcher denn auch unſere ganze Sinn-<lb/>
lichkeit, ſamt aller Realitaͤt in der Erſcheinung, gehoͤren<lb/>
wuͤrde, die zu der Idee des hoͤchſten Weſens, als ein<lb/>
Ingredienz, nicht gehoͤren kan.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">O o 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">Wenn</fw><lb/></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[579/0609]
II. Abſchn. Vom transſcend. Ideale.
ler Weſen (ens entium) genant. Alles dieſes aber
bedeutet nicht das obiective Verhaͤltniß eines wirklichen
Gegenſtandes zu andern Dingen, ſondern der Idee zu
Begriffen und laͤßt uns wegen der Exiſtenz eines Weſens
von ſo ausnehmendem Vorzuge in voͤlliger Unwiſſenheit.
Weil man auch nicht ſagen kan: daß ein Urweſen
aus viel abgeleiteten Weſen beſtehe, indem ein iedes der-
ſelben ienes vorausſezt, mithin es nicht ausmachen kan,
ſo wird das Ideal des Urweſens auch als einfach gedacht
werden muͤſſen.
Die Ableitung aller anderen Moͤglichkeit von dieſem
Urweſen wird daher, genau zu reden, auch nicht als
eine Einſchraͤnkung ſeiner hoͤchſten Realitaͤt und gleichſam
als eine Theilung derſelben angeſehen werden koͤnnen;
denn alsdenn wuͤrde das Urweſen als ein bloſſes Aggregat
von abgeleiteten Weſen angeſehen werden, welches nach
dem vorigen unmoͤglich iſt, ob wir es gleich anfaͤnglich im
erſten rohen Schattenriſſe ſo vorſtelleten. Vielmehr wuͤr-
de der Moͤglichkeit aller Dinge die hoͤchſte Realitaͤt als ein
Grund und nichts als Inbegriff zum Grunde liegen und
die Mannigfaltigkeit der erſteren nicht auf der Einſchraͤn-
kung des Urweſens ſelbſt, ſondern ſeiner vollſtaͤndigen
Folge beruhen, zu welcher denn auch unſere ganze Sinn-
lichkeit, ſamt aller Realitaͤt in der Erſcheinung, gehoͤren
wuͤrde, die zu der Idee des hoͤchſten Weſens, als ein
Ingredienz, nicht gehoͤren kan.
Wenn
O o 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 579. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/609>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.