gressus und nicht vor demselben in einer collectiven An- schauung, gegeben. Jener besteht aber immer nur im Bestimmen der Grösse, und giebt also keinen bestimten Begriff, also auch keinen Begriff von einer Grösse, die in Ansehung eines gewissen Maasses unendlich wäre, geht also nicht ins Unendliche (gleichsam gegebene), sondern in unbestimte Weite, um eine Grösse (der Erfahrung) zu geben, die allererst durch diesen Regressus wirklich wird.
II. Auflösung der cosmologischen Idee, von der Totalität der Theilung eines gegebenen Ganzen in der Anschauung.
Wenn ich ein Ganzes, das in der Anschauung ge- geben ist, theile, so gehe ich von einem Bedingten zu den Bedingungen seiner Möglichkeit. Die Theilung der Theile (subdiuisio oder decompositio) ist ein Regressus in der Reihe dieser Bedingungen. Die absolute Totalität dieser Reihe würde nur alsdenn gegeben seyn, wenn der Regres- sus bis zu einfachen Theilen gelangen könte. Sind aber alle Theile in einer continuirlichfortgehenden Decomposi- tion immer wiederum theilbar, so geht die Theilung, d. i. der Regressus, von dem Bedingten zu seinen Bedingun- gen in infinitum; weil die Bedingungen (die Theile) in dem Bedingten selbst enthalten sind und, da dieses in einer
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IX. Abſch. Vom empir. Gebrauche des regul. ꝛc.
greſſus und nicht vor demſelben in einer collectiven An- ſchauung, gegeben. Jener beſteht aber immer nur im Beſtimmen der Groͤſſe, und giebt alſo keinen beſtimten Begriff, alſo auch keinen Begriff von einer Groͤſſe, die in Anſehung eines gewiſſen Maaſſes unendlich waͤre, geht alſo nicht ins Unendliche (gleichſam gegebene), ſondern in unbeſtimte Weite, um eine Groͤſſe (der Erfahrung) zu geben, die allererſt durch dieſen Regreſſus wirklich wird.
II. Aufloͤſung der cosmologiſchen Idee, von der Totalitaͤt der Theilung eines gegebenen Ganzen in der Anſchauung.
Wenn ich ein Ganzes, das in der Anſchauung ge- geben iſt, theile, ſo gehe ich von einem Bedingten zu den Bedingungen ſeiner Moͤglichkeit. Die Theilung der Theile (ſubdiuiſio oder decompoſitio) iſt ein Regreſſus in der Reihe dieſer Bedingungen. Die abſolute Totalitaͤt dieſer Reihe wuͤrde nur alsdenn gegeben ſeyn, wenn der Regreſ- ſus bis zu einfachen Theilen gelangen koͤnte. Sind aber alle Theile in einer continuirlichfortgehenden Decompoſi- tion immer wiederum theilbar, ſo geht die Theilung, d. i. der Regreſſus, von dem Bedingten zu ſeinen Bedingun- gen in infinitum; weil die Bedingungen (die Theile) in dem Bedingten ſelbſt enthalten ſind und, da dieſes in einer
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IX. Abſch. Vom empir. Gebrauche des regul. ꝛc.
greſſus und nicht vor demſelben in einer collectiven An-
ſchauung, gegeben. Jener beſteht aber immer nur im
Beſtimmen der Groͤſſe, und giebt alſo keinen beſtimten
Begriff, alſo auch keinen Begriff von einer Groͤſſe, die in
Anſehung eines gewiſſen Maaſſes unendlich waͤre, geht
alſo nicht ins Unendliche (gleichſam gegebene), ſondern
in unbeſtimte Weite, um eine Groͤſſe (der Erfahrung) zu
geben, die allererſt durch dieſen Regreſſus wirklich wird.
II.
Aufloͤſung der cosmologiſchen Idee,
von der
Totalitaͤt der Theilung
eines gegebenen Ganzen in der
Anſchauung.
Wenn ich ein Ganzes, das in der Anſchauung ge-
geben iſt, theile, ſo gehe ich von einem Bedingten zu den
Bedingungen ſeiner Moͤglichkeit. Die Theilung der Theile
(ſubdiuiſio oder decompoſitio) iſt ein Regreſſus in der
Reihe dieſer Bedingungen. Die abſolute Totalitaͤt dieſer
Reihe wuͤrde nur alsdenn gegeben ſeyn, wenn der Regreſ-
ſus bis zu einfachen Theilen gelangen koͤnte. Sind aber
alle Theile in einer continuirlichfortgehenden Decompoſi-
tion immer wiederum theilbar, ſo geht die Theilung, d. i.
der Regreſſus, von dem Bedingten zu ſeinen Bedingun-
gen in infinitum; weil die Bedingungen (die Theile) in
dem Bedingten ſelbſt enthalten ſind und, da dieſes in einer
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/553>, abgerufen am 23.11.2024.
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