auf das Beharrliche derienigen Erscheinung, worauf, als Subiect, sich alles Uebrige als Bestimmung bezieht, Acht ha- ben und die Identität von ienem in der Zeit, da dieses wechselt, bemerken. Nun aber bin ich ein Gegenstand des innern Sinnes und alle Zeit ist blos die Form des innern Sinnes. Folglich beziehe ich alle und iede meiner succeßi- ven Bestimmungen auf das numerischidentische Selbst, in aller Zeit, d. i. in der Form der inneren Anschauung meiner selbst. Auf diesen Fuß müßte die Persönlichkeit der Seele nicht einmal als geschlossen, sondern als ein völlig iden- tischer Satz des Selbstbewustseyns in der Zeit angesehen werden, und das ist auch die Ursache, weswegen er a priori gilt. Denn er sagt wirklich nichts mehr, als in der gan- zen Zeit, darin ich mir meiner bewust bin, bin ich mir dieser Zeit, als zur Einheit meines Selbst gehörig, bewust, und es ist einerley, ob ich sage: diese ganze Zeit ist in Mir, als individueller Einheit, oder ich bin, mit numerischer Identität, in aller dieser Zeit befindlich.
Die Identität der Person ist also in meinem eigenen Bewustseyn unausbleiblich anzutreffen. Wenn ich mich aber aus dem Gesichtspunkte eines andern (als Gegen- stand seiner äusseren Anschauung) betrachte, so erwägt dieser äussere Beobachter mich allererst in der Zeit, denn in der Apperception ist die Zeit eigentlich nur in mir vor- gestellt. Er wird also aus dem Ich, welches alle Vorstel- lungen zu aller Zeit in meinem Bewustseyn, und zwar
mit
Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch.
auf das Beharrliche derienigen Erſcheinung, worauf, als Subiect, ſich alles Uebrige als Beſtimmung bezieht, Acht ha- ben und die Identitaͤt von ienem in der Zeit, da dieſes wechſelt, bemerken. Nun aber bin ich ein Gegenſtand des innern Sinnes und alle Zeit iſt blos die Form des innern Sinnes. Folglich beziehe ich alle und iede meiner ſucceßi- ven Beſtimmungen auf das numeriſchidentiſche Selbſt, in aller Zeit, d. i. in der Form der inneren Anſchauung meiner ſelbſt. Auf dieſen Fuß muͤßte die Perſoͤnlichkeit der Seele nicht einmal als geſchloſſen, ſondern als ein voͤllig iden- tiſcher Satz des Selbſtbewuſtſeyns in der Zeit angeſehen werden, und das iſt auch die Urſache, weswegen er a priori gilt. Denn er ſagt wirklich nichts mehr, als in der gan- zen Zeit, darin ich mir meiner bewuſt bin, bin ich mir dieſer Zeit, als zur Einheit meines Selbſt gehoͤrig, bewuſt, und es iſt einerley, ob ich ſage: dieſe ganze Zeit iſt in Mir, als individueller Einheit, oder ich bin, mit numeriſcher Identitaͤt, in aller dieſer Zeit befindlich.
Die Identitaͤt der Perſon iſt alſo in meinem eigenen Bewuſtſeyn unausbleiblich anzutreffen. Wenn ich mich aber aus dem Geſichtspunkte eines andern (als Gegen- ſtand ſeiner aͤuſſeren Anſchauung) betrachte, ſo erwaͤgt dieſer aͤuſſere Beobachter mich allererſt in der Zeit, denn in der Apperception iſt die Zeit eigentlich nur in mir vor- geſtellt. Er wird alſo aus dem Ich, welches alle Vorſtel- lungen zu aller Zeit in meinem Bewuſtſeyn, und zwar
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Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch.
auf das Beharrliche derienigen Erſcheinung, worauf, als
Subiect, ſich alles Uebrige als Beſtimmung bezieht, Acht ha-
ben und die Identitaͤt von ienem in der Zeit, da dieſes
wechſelt, bemerken. Nun aber bin ich ein Gegenſtand des
innern Sinnes und alle Zeit iſt blos die Form des innern
Sinnes. Folglich beziehe ich alle und iede meiner ſucceßi-
ven Beſtimmungen auf das numeriſchidentiſche Selbſt, in
aller Zeit, d. i. in der Form der inneren Anſchauung meiner
ſelbſt. Auf dieſen Fuß muͤßte die Perſoͤnlichkeit der Seele
nicht einmal als geſchloſſen, ſondern als ein voͤllig iden-
tiſcher Satz des Selbſtbewuſtſeyns in der Zeit angeſehen
werden, und das iſt auch die Urſache, weswegen er a priori
gilt. Denn er ſagt wirklich nichts mehr, als in der gan-
zen Zeit, darin ich mir meiner bewuſt bin, bin ich mir
dieſer Zeit, als zur Einheit meines Selbſt gehoͤrig, bewuſt,
und es iſt einerley, ob ich ſage: dieſe ganze Zeit iſt in Mir,
als individueller Einheit, oder ich bin, mit numeriſcher
Identitaͤt, in aller dieſer Zeit befindlich.
Die Identitaͤt der Perſon iſt alſo in meinem eigenen
Bewuſtſeyn unausbleiblich anzutreffen. Wenn ich mich
aber aus dem Geſichtspunkte eines andern (als Gegen-
ſtand ſeiner aͤuſſeren Anſchauung) betrachte, ſo erwaͤgt
dieſer aͤuſſere Beobachter mich allererſt in der Zeit, denn
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/392>, abgerufen am 22.11.2024.
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