Wir werden aber hier blos dem Leitfaden der Cate- gorien zu folgen haben, nur, da hier zuerst ein Ding, Ich, als denkend Wesen, gegeben worden, so werden wir zwar die obige Ordnung der Categorien unter einander, wie sie in ihrer Tafel vorgestellet ist, nicht verändern, aber doch, hier von der Categorie der Substanz anfangen, dadurch ein Ding an sich selbst vorgestellet wird, und so ihrer Reihe rückwerts nachgehen. Die Topik der rationalen Seelen- lehre, woraus alles übrige, was sie nur enthalten mag, abgeleitet werden muß, ist demnach folgende:
1. Die Seele ist Substanz
2. Ihrer Qualität nach Einfach
3. Den verschiedenen Zeiten nach, in welchen sie da ist, numerisch-identisch, d. i. Einheit (nicht Vielheit.)
4. Im Verhältnisse zu möglichen Gegenständen im Raume *).
Aus
*) Der Leser, der aus diesen Ausdrücken, in ihrer trans- scendentalen Abgezogenheit, nicht so leicht den psychologi- schen Sinn der[s]elben und warum das leztere Attribut der Seele zur Categorie der Existenz gehöre, errathen wird, wird sie in dem folgenden hinreichend erklärt und gerecht-
fer-
Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch.
Wir werden aber hier blos dem Leitfaden der Cate- gorien zu folgen haben, nur, da hier zuerſt ein Ding, Ich, als denkend Weſen, gegeben worden, ſo werden wir zwar die obige Ordnung der Categorien unter einander, wie ſie in ihrer Tafel vorgeſtellet iſt, nicht veraͤndern, aber doch, hier von der Categorie der Subſtanz anfangen, dadurch ein Ding an ſich ſelbſt vorgeſtellet wird, und ſo ihrer Reihe ruͤckwerts nachgehen. Die Topik der rationalen Seelen- lehre, woraus alles uͤbrige, was ſie nur enthalten mag, abgeleitet werden muß, iſt demnach folgende:
1. Die Seele iſt Subſtanz
2. Ihrer Qualitaͤt nach Einfach
3. Den verſchiedenen Zeiten nach, in welchen ſie da iſt, numeriſch-identiſch, d. i. Einheit (nicht Vielheit.)
4. Im Verhaͤltniſſe zu moͤglichen Gegenſtaͤnden im Raume *).
Aus
*) Der Leſer, der aus dieſen Ausdruͤcken, in ihrer trans- ſcendentalen Abgezogenheit, nicht ſo leicht den pſychologi- ſchen Sinn der[ſ]elben und warum das leztere Attribut der Seele zur Categorie der Exiſtenz gehoͤre, errathen wird, wird ſie in dem folgenden hinreichend erklaͤrt und gerecht-
fer-
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Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch.
Wir werden aber hier blos dem Leitfaden der Cate-
gorien zu folgen haben, nur, da hier zuerſt ein Ding, Ich,
als denkend Weſen, gegeben worden, ſo werden wir zwar
die obige Ordnung der Categorien unter einander, wie ſie
in ihrer Tafel vorgeſtellet iſt, nicht veraͤndern, aber doch,
hier von der Categorie der Subſtanz anfangen, dadurch
ein Ding an ſich ſelbſt vorgeſtellet wird, und ſo ihrer Reihe
ruͤckwerts nachgehen. Die Topik der rationalen Seelen-
lehre, woraus alles uͤbrige, was ſie nur enthalten mag,
abgeleitet werden muß, iſt demnach folgende:
1.
Die Seele iſt
Subſtanz
2.
Ihrer Qualitaͤt nach
Einfach
3.
Den verſchiedenen Zeiten nach,
in welchen ſie da iſt,
numeriſch-identiſch, d. i.
Einheit (nicht Vielheit.)
4.
Im Verhaͤltniſſe
zu moͤglichen Gegenſtaͤnden im Raume *).
Aus
*) Der Leſer, der aus dieſen Ausdruͤcken, in ihrer trans-
ſcendentalen Abgezogenheit, nicht ſo leicht den pſychologi-
ſchen Sinn derſelben und warum das leztere Attribut der
Seele zur Categorie der Exiſtenz gehoͤre, errathen wird,
wird ſie in dem folgenden hinreichend erklaͤrt und gerecht-
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/374>, abgerufen am 22.11.2024.
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