scendentalen Gotteserkentniß (Theologia transscenden- talis) an die Hand. Der blosse Entwurf so gar zu einer sowol als der andern dieser Wissenschaften, schreibt sich gar nicht von dem Verstande her, selbst, wenn er gleich mit dem höchsten logischen Gebrauche der Vernunft, d. i. allen erdenklichen Schlüssen verbunden wäre, um von ei- nem Gegenstande desselben (Erscheinung) zu allen anderen bis in die entlegenste Glieder der empirischen Synthesis fortzuschreiten, sondern ist lediglich ein reines und ächtes Product, oder Problem, der reinen Vernunft.
Was unter diesen drey Titeln aller transscendentalen Ideen vor modi der reinen Vernunftbegriffe stehen, wird in dem folgenden Hauptstücke vollständig dargelegt wer- den. Sie laufen am Faden der Categorien fort. Denn die reine Vernunft bezieht sich niemals gerade zu auf Ge- genstände, sondern auf die Verstandesbegriffe von denselben. Eben so wird sich auch nur in der völligen Ausführung deutlich machen lassen, wie die Vernunft lediglich durch den synthetischen Gebrauch eben derselben Function, deren sie sich zum categorischen Vernunftschlusse bedient, nothwendi- ger Weise auf den Begriff der absoluten Einheit des den- kenden Subiects kommen müsse, wie das logische Ver- fahren in hypothetischen die Idee vom Schlechthinunbeding- ten in einer Reihe gegebener Bedingungen, endlich die blosse Form des disiunctiven Vernunftschlusses den höchsten Ver- nunftbegriff von einem Wesen aller Wesen nothwendiger
Weise
III. Abſch. Syſtem der transſcendent. Ideen.
ſcendentalen Gotteserkentniß (Theologia transſcenden- talis) an die Hand. Der bloſſe Entwurf ſo gar zu einer ſowol als der andern dieſer Wiſſenſchaften, ſchreibt ſich gar nicht von dem Verſtande her, ſelbſt, wenn er gleich mit dem hoͤchſten logiſchen Gebrauche der Vernunft, d. i. allen erdenklichen Schluͤſſen verbunden waͤre, um von ei- nem Gegenſtande deſſelben (Erſcheinung) zu allen anderen bis in die entlegenſte Glieder der empiriſchen Syntheſis fortzuſchreiten, ſondern iſt lediglich ein reines und aͤchtes Product, oder Problem, der reinen Vernunft.
Was unter dieſen drey Titeln aller transſcendentalen Ideen vor modi der reinen Vernunftbegriffe ſtehen, wird in dem folgenden Hauptſtuͤcke vollſtaͤndig dargelegt wer- den. Sie laufen am Faden der Categorien fort. Denn die reine Vernunft bezieht ſich niemals gerade zu auf Ge- genſtaͤnde, ſondern auf die Verſtandesbegriffe von denſelben. Eben ſo wird ſich auch nur in der voͤlligen Ausfuͤhrung deutlich machen laſſen, wie die Vernunft lediglich durch den ſynthetiſchen Gebrauch eben derſelben Function, deren ſie ſich zum categoriſchen Vernunftſchluſſe bedient, nothwendi- ger Weiſe auf den Begriff der abſoluten Einheit des den- kenden Subiects kommen muͤſſe, wie das logiſche Ver- fahren in hypothetiſchen die Idee vom Schlechthinunbeding- ten in einer Reihe gegebener Bedingungen, endlich die bloſſe Form des disiunctiven Vernunftſchluſſes den hoͤchſten Ver- nunftbegriff von einem Weſen aller Weſen nothwendiger
Weiſe
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III. Abſch. Syſtem der transſcendent. Ideen.
ſcendentalen Gotteserkentniß (Theologia transſcenden-
talis) an die Hand. Der bloſſe Entwurf ſo gar zu einer
ſowol als der andern dieſer Wiſſenſchaften, ſchreibt ſich
gar nicht von dem Verſtande her, ſelbſt, wenn er gleich
mit dem hoͤchſten logiſchen Gebrauche der Vernunft, d. i.
allen erdenklichen Schluͤſſen verbunden waͤre, um von ei-
nem Gegenſtande deſſelben (Erſcheinung) zu allen anderen
bis in die entlegenſte Glieder der empiriſchen Syntheſis
fortzuſchreiten, ſondern iſt lediglich ein reines und aͤchtes
Product, oder Problem, der reinen Vernunft.
Was unter dieſen drey Titeln aller transſcendentalen
Ideen vor modi der reinen Vernunftbegriffe ſtehen, wird
in dem folgenden Hauptſtuͤcke vollſtaͤndig dargelegt wer-
den. Sie laufen am Faden der Categorien fort. Denn
die reine Vernunft bezieht ſich niemals gerade zu auf Ge-
genſtaͤnde, ſondern auf die Verſtandesbegriffe von denſelben.
Eben ſo wird ſich auch nur in der voͤlligen Ausfuͤhrung
deutlich machen laſſen, wie die Vernunft lediglich durch den
ſynthetiſchen Gebrauch eben derſelben Function, deren ſie
ſich zum categoriſchen Vernunftſchluſſe bedient, nothwendi-
ger Weiſe auf den Begriff der abſoluten Einheit des den-
kenden Subiects kommen muͤſſe, wie das logiſche Ver-
fahren in hypothetiſchen die Idee vom Schlechthinunbeding-
ten in einer Reihe gegebener Bedingungen, endlich die bloſſe
Form des disiunctiven Vernunftſchluſſes den hoͤchſten Ver-
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/365>, abgerufen am 22.11.2024.
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