Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite
Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. Anhang.

Vor allen obiectiven Urtheilen vergleichen wir die
Begriffe, um auf die Einerleyheit (vieler Vorstellungen
unter einem Begriffe) zum Behuf der allgemeinen Urtheile,
oder der Verschiedenheit derselben, zu Erzeugung beson-
derer, auf die Einstimmung, daraus beiahende, und
den Widerstreit, daraus verneinende Urtheile werden
können, u. s. w. Aus diesem Grunde sollten wir, wie es
scheint, die angeführte Begriffe Vergleichungsbegriffe nen-
nen, (conceptus comparationis). Weil aber, wenn es
nicht auf die logische Form, sondern auf den Inhalt der
Begriffe ankömt, d. i. ob die Dinge selbst einerley oder
verschieden, einstimmig oder im Widerstreit sind, etc die Din-
ge aber ein zwiefaches Verhältniß zu unserer Erkentniß-
kraft, nemlich zur Sinnlichkeit und zum Verstande haben
können, auf diese Stelle aber, darin sie gehören, die Art
ankömt, wie sie zu einander gehören sollen: so wird die
transscendentale Reflexion, d. i. das Verhältniß gegebener
Vorstellungen zu einer oder der anderen Erkentnißart, ihr
Verhältniß unter einander allein bestimmen können, und ob
die Dinge einerley oder verschieden, einstimmig oder wi-
derstreitend seyn etc., wird nicht so fort aus den Begriffen
selbst durch blosse Vergleichung, (comparatio) sondern
allererst durch die Unterscheidung der Erkentnißart, wozu
sie gehören, vermittelst einer transscendentalen Ueberle-
gung (reflexio) ausgemacht werden können. Man könte
also zwar sagen: daß die logische Reflexion eine blosse
Comparation sey, denn bey ihr wird von der Erkentniß-

kraft
Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. Anhang.

Vor allen obiectiven Urtheilen vergleichen wir die
Begriffe, um auf die Einerleyheit (vieler Vorſtellungen
unter einem Begriffe) zum Behuf der allgemeinen Urtheile,
oder der Verſchiedenheit derſelben, zu Erzeugung beſon-
derer, auf die Einſtimmung, daraus beiahende, und
den Widerſtreit, daraus verneinende Urtheile werden
koͤnnen, u. ſ. w. Aus dieſem Grunde ſollten wir, wie es
ſcheint, die angefuͤhrte Begriffe Vergleichungsbegriffe nen-
nen, (conceptus comparationis). Weil aber, wenn es
nicht auf die logiſche Form, ſondern auf den Inhalt der
Begriffe ankoͤmt, d. i. ob die Dinge ſelbſt einerley oder
verſchieden, einſtimmig oder im Widerſtreit ſind, ꝛc die Din-
ge aber ein zwiefaches Verhaͤltniß zu unſerer Erkentniß-
kraft, nemlich zur Sinnlichkeit und zum Verſtande haben
koͤnnen, auf dieſe Stelle aber, darin ſie gehoͤren, die Art
ankoͤmt, wie ſie zu einander gehoͤren ſollen: ſo wird die
transſcendentale Reflexion, d. i. das Verhaͤltniß gegebener
Vorſtellungen zu einer oder der anderen Erkentnißart, ihr
Verhaͤltniß unter einander allein beſtimmen koͤnnen, und ob
die Dinge einerley oder verſchieden, einſtimmig oder wi-
derſtreitend ſeyn ꝛc., wird nicht ſo fort aus den Begriffen
ſelbſt durch bloſſe Vergleichung, (comparatio) ſondern
allererſt durch die Unterſcheidung der Erkentnißart, wozu
ſie gehoͤren, vermittelſt einer transſcendentalen Ueberle-
gung (reflexio) ausgemacht werden koͤnnen. Man koͤnte
alſo zwar ſagen: daß die logiſche Reflexion eine bloſſe
Comparation ſey, denn bey ihr wird von der Erkentniß-

kraft
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0292" n="262"/>
                <fw place="top" type="header">Elementarl. <hi rendition="#aq">II.</hi> Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch. Anhang.</fw><lb/>
                <p>Vor allen obiectiven Urtheilen vergleichen wir die<lb/>
Begriffe, um auf die <hi rendition="#fr">Einerleyheit</hi> (vieler Vor&#x017F;tellungen<lb/>
unter einem Begriffe) zum Behuf der allgemeinen Urtheile,<lb/>
oder der <hi rendition="#fr">Ver&#x017F;chiedenheit</hi> der&#x017F;elben, zu Erzeugung be&#x017F;on-<lb/>
derer, auf die <hi rendition="#fr">Ein&#x017F;timmung,</hi> daraus beiahende, und<lb/>
den <hi rendition="#fr">Wider&#x017F;treit,</hi> daraus verneinende Urtheile werden<lb/>
ko&#x0364;nnen, u. &#x017F;. w. Aus die&#x017F;em Grunde &#x017F;ollten wir, wie es<lb/>
&#x017F;cheint, die angefu&#x0364;hrte Begriffe Vergleichungsbegriffe nen-<lb/>
nen, (<hi rendition="#aq">conceptus comparationis</hi>). Weil aber, wenn es<lb/>
nicht auf die logi&#x017F;che Form, &#x017F;ondern auf den Inhalt der<lb/>
Begriffe anko&#x0364;mt, d. i. ob die Dinge &#x017F;elb&#x017F;t einerley oder<lb/>
ver&#x017F;chieden, ein&#x017F;timmig oder im Wider&#x017F;treit &#x017F;ind, &#xA75B;c die Din-<lb/>
ge aber ein zwiefaches Verha&#x0364;ltniß zu un&#x017F;erer Erkentniß-<lb/>
kraft, nemlich zur Sinnlichkeit und zum Ver&#x017F;tande haben<lb/>
ko&#x0364;nnen, auf die&#x017F;e Stelle aber, darin &#x017F;ie geho&#x0364;ren, die Art<lb/>
anko&#x0364;mt, wie &#x017F;ie zu einander geho&#x0364;ren &#x017F;ollen: &#x017F;o wird die<lb/>
trans&#x017F;cendentale Reflexion, d. i. das Verha&#x0364;ltniß gegebener<lb/>
Vor&#x017F;tellungen zu einer oder der anderen Erkentnißart, ihr<lb/>
Verha&#x0364;ltniß unter einander allein be&#x017F;timmen ko&#x0364;nnen, und ob<lb/>
die Dinge einerley oder ver&#x017F;chieden, ein&#x017F;timmig oder wi-<lb/>
der&#x017F;treitend &#x017F;eyn &#xA75B;c., wird nicht &#x017F;o fort aus den Begriffen<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t durch blo&#x017F;&#x017F;e Vergleichung, (<hi rendition="#aq">comparatio</hi>) &#x017F;ondern<lb/>
allerer&#x017F;t durch die Unter&#x017F;cheidung der Erkentnißart, wozu<lb/>
&#x017F;ie geho&#x0364;ren, vermittel&#x017F;t einer trans&#x017F;cendentalen Ueberle-<lb/>
gung (<hi rendition="#aq">reflexio</hi>) ausgemacht werden ko&#x0364;nnen. Man ko&#x0364;nte<lb/>
al&#x017F;o zwar &#x017F;agen: daß die logi&#x017F;che Reflexion eine blo&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Comparation &#x017F;ey, denn bey ihr wird von der Erkentniß-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">kraft</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0292] Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. Anhang. Vor allen obiectiven Urtheilen vergleichen wir die Begriffe, um auf die Einerleyheit (vieler Vorſtellungen unter einem Begriffe) zum Behuf der allgemeinen Urtheile, oder der Verſchiedenheit derſelben, zu Erzeugung beſon- derer, auf die Einſtimmung, daraus beiahende, und den Widerſtreit, daraus verneinende Urtheile werden koͤnnen, u. ſ. w. Aus dieſem Grunde ſollten wir, wie es ſcheint, die angefuͤhrte Begriffe Vergleichungsbegriffe nen- nen, (conceptus comparationis). Weil aber, wenn es nicht auf die logiſche Form, ſondern auf den Inhalt der Begriffe ankoͤmt, d. i. ob die Dinge ſelbſt einerley oder verſchieden, einſtimmig oder im Widerſtreit ſind, ꝛc die Din- ge aber ein zwiefaches Verhaͤltniß zu unſerer Erkentniß- kraft, nemlich zur Sinnlichkeit und zum Verſtande haben koͤnnen, auf dieſe Stelle aber, darin ſie gehoͤren, die Art ankoͤmt, wie ſie zu einander gehoͤren ſollen: ſo wird die transſcendentale Reflexion, d. i. das Verhaͤltniß gegebener Vorſtellungen zu einer oder der anderen Erkentnißart, ihr Verhaͤltniß unter einander allein beſtimmen koͤnnen, und ob die Dinge einerley oder verſchieden, einſtimmig oder wi- derſtreitend ſeyn ꝛc., wird nicht ſo fort aus den Begriffen ſelbſt durch bloſſe Vergleichung, (comparatio) ſondern allererſt durch die Unterſcheidung der Erkentnißart, wozu ſie gehoͤren, vermittelſt einer transſcendentalen Ueberle- gung (reflexio) ausgemacht werden koͤnnen. Man koͤnte alſo zwar ſagen: daß die logiſche Reflexion eine bloſſe Comparation ſey, denn bey ihr wird von der Erkentniß- kraft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/292
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/292>, abgerufen am 25.11.2024.