so gilt es vor ein solches, das im Verstande seinen Ur- sprung erhalten hat. Nicht alle Urtheile bedürfen einer Untersuchung, d. i. einer Aufmerksamkeit auf die Gründe der Wahrheit; denn, wenn sie unmittelbar gewiß sind: z. B. zwischen zwey Puncten kan nur eine gerade Linie seyn, so läßt sich von ihnen kein noch näheres Merkmal der Wahrheit, als das sie selbst ausdrücken, anzeigen. Aber alle Urtheile, ia alle Vergleichungen bedürfen einer Ueber- legung, d. i. einer Unterscheidung der Erkentnißkraft, wo- zu die gegebene Begriffe gehören. Die Handlung, da- durch ich die Vergleichung der Vorstellungen überhaupt mit der Erkentnißkraft zusammenhalte, darin sie angestellt wird, und wodurch ich unterscheide, ob sie als gehörig zum rei- nen Verstande oder zur sinnlichen Anschauung unter einan- der verglichen werden, nenne ich die transsc. Ueberlegung. Das Verhältniß aber, in welchem die Begriffe in einem Gemüthszustande zu einander gehören können, sind die der Einerleyheit und Verschiedenheit, der Einstimmung und des Widerstreits, des Inneren und des Aeusseren, endlich des bestimbaren und der Bestimmung (Mate- rie und Form). Die richtige Bestimmung dieses Verhält- nisses beruhet darauf, in welcher Erkentnißkraft sie sub- iectiv zu einander gehören, ob in der Sinnlichkeit oder dem Verstande. Denn der Unterschied der letzteren macht einen grossen Unterschied in der Art, wie man sich die er- sten denken solle.
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Von der Amphibolie der Reflexionsbegriffe.
ſo gilt es vor ein ſolches, das im Verſtande ſeinen Ur- ſprung erhalten hat. Nicht alle Urtheile beduͤrfen einer Unterſuchung, d. i. einer Aufmerkſamkeit auf die Gruͤnde der Wahrheit; denn, wenn ſie unmittelbar gewiß ſind: z. B. zwiſchen zwey Puncten kan nur eine gerade Linie ſeyn, ſo laͤßt ſich von ihnen kein noch naͤheres Merkmal der Wahrheit, als das ſie ſelbſt ausdruͤcken, anzeigen. Aber alle Urtheile, ia alle Vergleichungen beduͤrfen einer Ueber- legung, d. i. einer Unterſcheidung der Erkentnißkraft, wo- zu die gegebene Begriffe gehoͤren. Die Handlung, da- durch ich die Vergleichung der Vorſtellungen uͤberhaupt mit der Erkentnißkraft zuſammenhalte, darin ſie angeſtellt wird, und wodurch ich unterſcheide, ob ſie als gehoͤrig zum rei- nen Verſtande oder zur ſinnlichen Anſchauung unter einan- der verglichen werden, nenne ich die transſc. Ueberlegung. Das Verhaͤltniß aber, in welchem die Begriffe in einem Gemuͤthszuſtande zu einander gehoͤren koͤnnen, ſind die der Einerleyheit und Verſchiedenheit, der Einſtimmung und des Widerſtreits, des Inneren und des Aeuſſeren, endlich des beſtimbaren und der Beſtimmung (Mate- rie und Form). Die richtige Beſtimmung dieſes Verhaͤlt- niſſes beruhet darauf, in welcher Erkentnißkraft ſie ſub- iectiv zu einander gehoͤren, ob in der Sinnlichkeit oder dem Verſtande. Denn der Unterſchied der letzteren macht einen groſſen Unterſchied in der Art, wie man ſich die er- ſten denken ſolle.
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Von der Amphibolie der Reflexionsbegriffe.
ſo gilt es vor ein ſolches, das im Verſtande ſeinen Ur-
ſprung erhalten hat. Nicht alle Urtheile beduͤrfen einer
Unterſuchung, d. i. einer Aufmerkſamkeit auf die Gruͤnde
der Wahrheit; denn, wenn ſie unmittelbar gewiß ſind:
z. B. zwiſchen zwey Puncten kan nur eine gerade Linie
ſeyn, ſo laͤßt ſich von ihnen kein noch naͤheres Merkmal der
Wahrheit, als das ſie ſelbſt ausdruͤcken, anzeigen. Aber
alle Urtheile, ia alle Vergleichungen beduͤrfen einer Ueber-
legung, d. i. einer Unterſcheidung der Erkentnißkraft, wo-
zu die gegebene Begriffe gehoͤren. Die Handlung, da-
durch ich die Vergleichung der Vorſtellungen uͤberhaupt mit
der Erkentnißkraft zuſammenhalte, darin ſie angeſtellt wird,
und wodurch ich unterſcheide, ob ſie als gehoͤrig zum rei-
nen Verſtande oder zur ſinnlichen Anſchauung unter einan-
der verglichen werden, nenne ich die transſc. Ueberlegung.
Das Verhaͤltniß aber, in welchem die Begriffe in einem
Gemuͤthszuſtande zu einander gehoͤren koͤnnen, ſind die
der Einerleyheit und Verſchiedenheit, der Einſtimmung
und des Widerſtreits, des Inneren und des Aeuſſeren,
endlich des beſtimbaren und der Beſtimmung (Mate-
rie und Form). Die richtige Beſtimmung dieſes Verhaͤlt-
niſſes beruhet darauf, in welcher Erkentnißkraft ſie ſub-
iectiv zu einander gehoͤren, ob in der Sinnlichkeit oder
dem Verſtande. Denn der Unterſchied der letzteren macht
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/291>, abgerufen am 03.12.2024.
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