darzuthun: daß die Natur unserer Wahrnehmungen eine solche Erklärungsart möglich mache, und daß man fälsch- lich das Reale der Erscheinung dem Grade nach, als gleich, und nur der Aggregation und deren extensiven Grösse nach, als verschieden annehme, und dieses so gar vorgeblicher massen, durch einen Grundsatz des Verstandes a priori behaupte.
Es hat gleichwol diese Anticipation der Wahrneh- mung etwas vor einen der transscendentalen gewohnten und dadurch behutsam gewordenen Nachforscher, immer etwas Auffallendes an sich, und erregt darüber einiges Be- denken, daß der Verstand einen dergleichen synthetischen Satz, als der von dem Grad alles Realen in den Erschei- nungen ist, und mithin der Möglichkeit des innern Unter- schiedes der Empfindung selbst, wenn man von ihrer em- pirischen Qualität abstrahirt, und es ist also noch eine der Auflösung nicht unwürdige Frage: wie der Verstand hier- in synthetisch über Erscheinungen a priori aussprechen, und diese so gar in demienigen, was eigentlich, und blos empirisch ist, nemlich die Empfindung angeht, anticipi- ren könne.
Die Qualität der Empfindung ist iederzeit bloß em- pirisch, und kan a priori gar nicht vorgestellet werden, (z. B. Farben, Geschmack etc.). Aber das Reale, was den Empfindungen überhaupt correspondirt, im Gegensatz mit der Negation = 0 stellet nur Etwas vor, dessen Be- griff an sich ein Seyn enthält, und bedeutet nichts als die
Syn-
III. Abſch. Syſtemat. Vorſtellung aller ꝛc.
darzuthun: daß die Natur unſerer Wahrnehmungen eine ſolche Erklaͤrungsart moͤglich mache, und daß man faͤlſch- lich das Reale der Erſcheinung dem Grade nach, als gleich, und nur der Aggregation und deren extenſiven Groͤſſe nach, als verſchieden annehme, und dieſes ſo gar vorgeblicher maſſen, durch einen Grundſatz des Verſtandes a priori behaupte.
Es hat gleichwol dieſe Anticipation der Wahrneh- mung etwas vor einen der transſcendentalen gewohnten und dadurch behutſam gewordenen Nachforſcher, immer etwas Auffallendes an ſich, und erregt daruͤber einiges Be- denken, daß der Verſtand einen dergleichen ſynthetiſchen Satz, als der von dem Grad alles Realen in den Erſchei- nungen iſt, und mithin der Moͤglichkeit des innern Unter- ſchiedes der Empfindung ſelbſt, wenn man von ihrer em- piriſchen Qualitaͤt abſtrahirt, und es iſt alſo noch eine der Aufloͤſung nicht unwuͤrdige Frage: wie der Verſtand hier- in ſynthetiſch uͤber Erſcheinungen a priori ausſprechen, und dieſe ſo gar in demienigen, was eigentlich, und blos empiriſch iſt, nemlich die Empfindung angeht, anticipi- ren koͤnne.
Die Qualitaͤt der Empfindung iſt iederzeit bloß em- piriſch, und kan a priori gar nicht vorgeſtellet werden, (z. B. Farben, Geſchmack ꝛc.). Aber das Reale, was den Empfindungen uͤberhaupt correſpondirt, im Gegenſatz mit der Negation = 0 ſtellet nur Etwas vor, deſſen Be- griff an ſich ein Seyn enthaͤlt, und bedeutet nichts als die
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III. Abſch. Syſtemat. Vorſtellung aller ꝛc.
darzuthun: daß die Natur unſerer Wahrnehmungen eine
ſolche Erklaͤrungsart moͤglich mache, und daß man faͤlſch-
lich das Reale der Erſcheinung dem Grade nach, als gleich,
und nur der Aggregation und deren extenſiven Groͤſſe nach,
als verſchieden annehme, und dieſes ſo gar vorgeblicher
maſſen, durch einen Grundſatz des Verſtandes a priori
behaupte.
Es hat gleichwol dieſe Anticipation der Wahrneh-
mung etwas vor einen der transſcendentalen gewohnten
und dadurch behutſam gewordenen Nachforſcher, immer
etwas Auffallendes an ſich, und erregt daruͤber einiges Be-
denken, daß der Verſtand einen dergleichen ſynthetiſchen
Satz, als der von dem Grad alles Realen in den Erſchei-
nungen iſt, und mithin der Moͤglichkeit des innern Unter-
ſchiedes der Empfindung ſelbſt, wenn man von ihrer em-
piriſchen Qualitaͤt abſtrahirt, und es iſt alſo noch eine der
Aufloͤſung nicht unwuͤrdige Frage: wie der Verſtand hier-
in ſynthetiſch uͤber Erſcheinungen a priori ausſprechen,
und dieſe ſo gar in demienigen, was eigentlich, und blos
empiriſch iſt, nemlich die Empfindung angeht, anticipi-
ren koͤnne.
Die Qualitaͤt der Empfindung iſt iederzeit bloß em-
piriſch, und kan a priori gar nicht vorgeſtellet werden,
(z. B. Farben, Geſchmack ꝛc.). Aber das Reale, was
den Empfindungen uͤberhaupt correſpondirt, im Gegenſatz
mit der Negation = 0 ſtellet nur Etwas vor, deſſen Be-
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/205>, abgerufen am 24.11.2024.
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