stand gedacht wird, der dieser Anschauung entspricht. Es ist aber aus dem obigen klar, daß die erste Bedingung, nemlich die, unter der allein Gegenstände angeschaut wer- den können, in der That den Obiecten der Form nach a priori im Gemüth zum Grunde liegen. Mit dieser for- malen Bedingung der Sinnlichkeit stimmen also alle Er- scheinungen nothwendig überein, weil sie nur durch die- selbe erscheinen, d. i. empirisch angeschauet und gegeben wer- den können. Nun frägt es sich, ob nicht auch Begriffe a priori vorausgehen, als Bedingungen, unter denen allein etwas, wenn gleich nicht angeschauet, dennoch als Gegenstand überhaupt gedacht wird, denn alsdenn ist alle empirische Erkentniß der Gegenstände solchen Begriffen nothwendi- ger Weise gemäß, weil, ohne deren Voraussetzung, nichts als Obiect der Erfahrung möglich ist. Nun enthält aber alle Erfahrung ausser der Anschauung der Sinne, wodurch etwas gegeben wird, noch einen Begriff von einem Ge- genstande, der in der Anschauung gegeben wird, oder er- scheint: demnach werden Begriffe von Gegenständen über- haupt, als Bedingungen a priori aller Erfahrungserkent- niß zum Grunde liegen: folglich wird die obiective Gül- tigkeit der Categorien, als Begriffe a priori, darauf be- ruhen, daß durch sie allein Erfahrung, (der Form des Denkens nach) möglich sey. Denn alsdenn beziehen sie sich nothwendiger Weise und a priori auf Gegenstände der Erfahrung, weil nur vermittelst ihrer überhaupt irgend ein Gegenstand der Erfahrung gedacht werden kan.
Die
I. Abſch. Von den Princip. einer Transſc. Deduct.
ſtand gedacht wird, der dieſer Anſchauung entſpricht. Es iſt aber aus dem obigen klar, daß die erſte Bedingung, nemlich die, unter der allein Gegenſtaͤnde angeſchaut wer- den koͤnnen, in der That den Obiecten der Form nach a priori im Gemuͤth zum Grunde liegen. Mit dieſer for- malen Bedingung der Sinnlichkeit ſtimmen alſo alle Er- ſcheinungen nothwendig uͤberein, weil ſie nur durch die- ſelbe erſcheinen, d. i. empiriſch angeſchauet und gegeben wer- den koͤnnen. Nun fraͤgt es ſich, ob nicht auch Begriffe a priori vorausgehen, als Bedingungen, unter denen allein etwas, wenn gleich nicht angeſchauet, dennoch als Gegenſtand uͤberhaupt gedacht wird, denn alsdenn iſt alle empiriſche Erkentniß der Gegenſtaͤnde ſolchen Begriffen nothwendi- ger Weiſe gemaͤß, weil, ohne deren Vorausſetzung, nichts als Obiect der Erfahrung moͤglich iſt. Nun enthaͤlt aber alle Erfahrung auſſer der Anſchauung der Sinne, wodurch etwas gegeben wird, noch einen Begriff von einem Ge- genſtande, der in der Anſchauung gegeben wird, oder er- ſcheint: demnach werden Begriffe von Gegenſtaͤnden uͤber- haupt, als Bedingungen a priori aller Erfahrungserkent- niß zum Grunde liegen: folglich wird die obiective Guͤl- tigkeit der Categorien, als Begriffe a priori, darauf be- ruhen, daß durch ſie allein Erfahrung, (der Form des Denkens nach) moͤglich ſey. Denn alsdenn beziehen ſie ſich nothwendiger Weiſe und a priori auf Gegenſtaͤnde der Erfahrung, weil nur vermittelſt ihrer uͤberhaupt irgend ein Gegenſtand der Erfahrung gedacht werden kan.
Die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><p><pbfacs="#f0123"n="93"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">I.</hi> Abſch. Von den Princip. einer Transſc. Deduct.</fw><lb/>ſtand gedacht wird, der dieſer Anſchauung entſpricht. Es<lb/>
iſt aber aus dem obigen klar, daß die erſte Bedingung,<lb/>
nemlich die, unter der allein Gegenſtaͤnde angeſchaut wer-<lb/>
den koͤnnen, in der That den Obiecten der Form nach <hirendition="#aq">a<lb/>
priori</hi> im Gemuͤth zum Grunde liegen. Mit dieſer for-<lb/>
malen Bedingung der Sinnlichkeit ſtimmen alſo alle Er-<lb/>ſcheinungen nothwendig uͤberein, weil ſie nur durch die-<lb/>ſelbe erſcheinen, d. i. empiriſch angeſchauet und gegeben wer-<lb/>
den koͤnnen. Nun fraͤgt es ſich, ob nicht auch Begriffe <hirendition="#aq">a<lb/>
priori</hi> vorausgehen, als Bedingungen, unter denen allein<lb/>
etwas, wenn gleich nicht angeſchauet, dennoch als Gegenſtand<lb/>
uͤberhaupt gedacht wird, denn alsdenn iſt alle empiriſche<lb/>
Erkentniß der Gegenſtaͤnde ſolchen Begriffen nothwendi-<lb/>
ger Weiſe gemaͤß, weil, ohne deren Vorausſetzung, nichts<lb/>
als Obiect der Erfahrung moͤglich iſt. Nun enthaͤlt aber<lb/>
alle Erfahrung auſſer der Anſchauung der Sinne, wodurch<lb/>
etwas gegeben wird, noch einen Begriff von einem Ge-<lb/>
genſtande, der in der Anſchauung gegeben wird, oder er-<lb/>ſcheint: demnach werden Begriffe von Gegenſtaͤnden uͤber-<lb/>
haupt, als Bedingungen <hirendition="#aq">a priori</hi> aller Erfahrungserkent-<lb/>
niß zum Grunde liegen: folglich wird die obiective Guͤl-<lb/>
tigkeit der Categorien, als Begriffe <hirendition="#aq">a priori,</hi> darauf be-<lb/>
ruhen, daß durch ſie allein Erfahrung, (der Form des<lb/>
Denkens nach) moͤglich ſey. Denn alsdenn beziehen ſie<lb/>ſich nothwendiger Weiſe und <hirendition="#aq">a priori</hi> auf Gegenſtaͤnde der<lb/>
Erfahrung, weil nur vermittelſt ihrer uͤberhaupt irgend<lb/>
ein Gegenſtand der Erfahrung gedacht werden kan.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Die</fw><lb/></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[93/0123]
I. Abſch. Von den Princip. einer Transſc. Deduct.
ſtand gedacht wird, der dieſer Anſchauung entſpricht. Es
iſt aber aus dem obigen klar, daß die erſte Bedingung,
nemlich die, unter der allein Gegenſtaͤnde angeſchaut wer-
den koͤnnen, in der That den Obiecten der Form nach a
priori im Gemuͤth zum Grunde liegen. Mit dieſer for-
malen Bedingung der Sinnlichkeit ſtimmen alſo alle Er-
ſcheinungen nothwendig uͤberein, weil ſie nur durch die-
ſelbe erſcheinen, d. i. empiriſch angeſchauet und gegeben wer-
den koͤnnen. Nun fraͤgt es ſich, ob nicht auch Begriffe a
priori vorausgehen, als Bedingungen, unter denen allein
etwas, wenn gleich nicht angeſchauet, dennoch als Gegenſtand
uͤberhaupt gedacht wird, denn alsdenn iſt alle empiriſche
Erkentniß der Gegenſtaͤnde ſolchen Begriffen nothwendi-
ger Weiſe gemaͤß, weil, ohne deren Vorausſetzung, nichts
als Obiect der Erfahrung moͤglich iſt. Nun enthaͤlt aber
alle Erfahrung auſſer der Anſchauung der Sinne, wodurch
etwas gegeben wird, noch einen Begriff von einem Ge-
genſtande, der in der Anſchauung gegeben wird, oder er-
ſcheint: demnach werden Begriffe von Gegenſtaͤnden uͤber-
haupt, als Bedingungen a priori aller Erfahrungserkent-
niß zum Grunde liegen: folglich wird die obiective Guͤl-
tigkeit der Categorien, als Begriffe a priori, darauf be-
ruhen, daß durch ſie allein Erfahrung, (der Form des
Denkens nach) moͤglich ſey. Denn alsdenn beziehen ſie
ſich nothwendiger Weiſe und a priori auf Gegenſtaͤnde der
Erfahrung, weil nur vermittelſt ihrer uͤberhaupt irgend
ein Gegenſtand der Erfahrung gedacht werden kan.
Die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/123>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.