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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

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Elementl. II. Th. I. Abth. I. Buch. I. Hauptst.
können, mit deren blosser Erwähnung aber ich in einem
blos critischen Versuch zufrieden seyn kan.

Es sey mir erlaubt, diese reine, aber abgeleitete Ver-
standesbegriffe die Prädicabilien des reinen Verstandes (im
Gegensatz der Prädicamente) zu nennen. Wenn man die
ursprüngliche und primitive Begriffe hat, so lassen sich die
abgeleitete und subalterne leicht hinzufügen, und der Stamm-
baum des reinen Verstandes völlig ausmahlen. Da es
wir hier nicht um die Vollständigkeit des Systems, son-
dern nur der Principien zu einem System zu thun ist, so
verspahre ich diese Ergänzung auf eine andere Beschäfti-
gung. Man kan aber diese Absicht ziemlich erreichen,
wenn man die Ontologische Lehrbücher zur Hand nimt,
und z. B. der Categorie der Causalität, die Prädicabilien
der Kraft, der Handlung, des Leidens, der der Gemein-
schaft, die der Gegenwart, des Widerstandes, den Prädi-
camenten der Modalität, die des Entstehens, Vergehens,
der Veränderung u. s. w. unterordnet. Die Categorien
mit den modis der reinen Sinnlichkeit oder auch unter
einander verbunden, geben eine grosse Menge abgeleiteter
Begriffe a priori, die zu bemerken, und wo möglich, bis
zur Vollständigkeit zu verzeichnen, eine nützliche und nicht
unangenehme, hier aber entbehrliche Bemühung seyn
würde.

Der Definitionen dieser Categorien überhebe ich mir
in dieser Abhandlung geflissentlich, ob ich gleich im Besitz
derselben seyn möchte. Ich werde diese Begriffe in der

Folge

Elementl. II. Th. I. Abth. I. Buch. I. Hauptſt.
koͤnnen, mit deren bloſſer Erwaͤhnung aber ich in einem
blos critiſchen Verſuch zufrieden ſeyn kan.

Es ſey mir erlaubt, dieſe reine, aber abgeleitete Ver-
ſtandesbegriffe die Praͤdicabilien des reinen Verſtandes (im
Gegenſatz der Praͤdicamente) zu nennen. Wenn man die
urſpruͤngliche und primitive Begriffe hat, ſo laſſen ſich die
abgeleitete und ſubalterne leicht hinzufuͤgen, und der Stamm-
baum des reinen Verſtandes voͤllig ausmahlen. Da es
wir hier nicht um die Vollſtaͤndigkeit des Syſtems, ſon-
dern nur der Principien zu einem Syſtem zu thun iſt, ſo
verſpahre ich dieſe Ergaͤnzung auf eine andere Beſchaͤfti-
gung. Man kan aber dieſe Abſicht ziemlich erreichen,
wenn man die Ontologiſche Lehrbuͤcher zur Hand nimt,
und z. B. der Categorie der Cauſalitaͤt, die Praͤdicabilien
der Kraft, der Handlung, des Leidens, der der Gemein-
ſchaft, die der Gegenwart, des Widerſtandes, den Praͤdi-
camenten der Modalitaͤt, die des Entſtehens, Vergehens,
der Veraͤnderung u. ſ. w. unterordnet. Die Categorien
mit den modis der reinen Sinnlichkeit oder auch unter
einander verbunden, geben eine groſſe Menge abgeleiteter
Begriffe a priori, die zu bemerken, und wo moͤglich, bis
zur Vollſtaͤndigkeit zu verzeichnen, eine nuͤtzliche und nicht
unangenehme, hier aber entbehrliche Bemuͤhung ſeyn
wuͤrde.

Der Definitionen dieſer Categorien uͤberhebe ich mir
in dieſer Abhandlung gefliſſentlich, ob ich gleich im Beſitz
derſelben ſeyn moͤchte. Ich werde dieſe Begriffe in der

Folge
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[82/0112] Elementl. II. Th. I. Abth. I. Buch. I. Hauptſt. koͤnnen, mit deren bloſſer Erwaͤhnung aber ich in einem blos critiſchen Verſuch zufrieden ſeyn kan. Es ſey mir erlaubt, dieſe reine, aber abgeleitete Ver- ſtandesbegriffe die Praͤdicabilien des reinen Verſtandes (im Gegenſatz der Praͤdicamente) zu nennen. Wenn man die urſpruͤngliche und primitive Begriffe hat, ſo laſſen ſich die abgeleitete und ſubalterne leicht hinzufuͤgen, und der Stamm- baum des reinen Verſtandes voͤllig ausmahlen. Da es wir hier nicht um die Vollſtaͤndigkeit des Syſtems, ſon- dern nur der Principien zu einem Syſtem zu thun iſt, ſo verſpahre ich dieſe Ergaͤnzung auf eine andere Beſchaͤfti- gung. Man kan aber dieſe Abſicht ziemlich erreichen, wenn man die Ontologiſche Lehrbuͤcher zur Hand nimt, und z. B. der Categorie der Cauſalitaͤt, die Praͤdicabilien der Kraft, der Handlung, des Leidens, der der Gemein- ſchaft, die der Gegenwart, des Widerſtandes, den Praͤdi- camenten der Modalitaͤt, die des Entſtehens, Vergehens, der Veraͤnderung u. ſ. w. unterordnet. Die Categorien mit den modis der reinen Sinnlichkeit oder auch unter einander verbunden, geben eine groſſe Menge abgeleiteter Begriffe a priori, die zu bemerken, und wo moͤglich, bis zur Vollſtaͤndigkeit zu verzeichnen, eine nuͤtzliche und nicht unangenehme, hier aber entbehrliche Bemuͤhung ſeyn wuͤrde. Der Definitionen dieſer Categorien uͤberhebe ich mir in dieſer Abhandlung gefliſſentlich, ob ich gleich im Beſitz derſelben ſeyn moͤchte. Ich werde dieſe Begriffe in der Folge

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/112>, abgerufen am 28.04.2024.