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Kant, Immanuel: Über Pädagogik. Königsberg, 1803.

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Bey dem Kinde aber muß man im Unterrichte allmählig das Wissen und Können zu verbinden suchen. Unter allen Wissenschaften scheint die Mathematik die einzige der Art zu seyn, die diesen Endzweck am besten befriedigt. Ferner muß das Wissen und Sprechen verbunden werden (Beredtheit, Wohlredenheit und Beredsamkeit). Aber es muß auch das Kind das Wissen sehr wohl vom bloßen Meynen und Glauben unterscheiden lernen. In der Art bereitet man einen richtigen Verstand vor, und einen richtigen, nicht feinen oder zarten Geschmack. Dieser muß zuerst Geschmack der Sinne, namentlich der Augen, zuletzt aber Geschmack der Ideen seyn. -

Regeln müssen in alle dem vorkommen, was den Verstand kultiviren soll. Es ist sehr nützlich, die Regeln auch zu abstrahiren, damit der Verstand nicht blos mechanisch, sondern mit dem Bewußtseyn einer Regel verfahre.

Es ist auch sehr gut, die Regeln in eine gewisse Formel zu bringen, und so dem Gedächtnisse anzuvertrauen. Haben wir die Regel im Gedächtnisse, und vergessen auch den Gebrauch: so finden wir uns doch bald wieder zurecht. Es ist hier die Frage: sollen die Regeln erst in abstracto vorangehen, und sollen Regeln erst nachher gelernt werden, wenn man den Gebrauch vollendet hat? oder soll Regel und Gebrauch gleichen Schrittes gehen? Dies letzte ist allein rathsam. In dem andern Falle ist der Gebrauch so lange, bis man zu den Regeln gelangt, sehr unsicher. Die Regeln müssen gelegentlich, aber auch in Klassen gebracht werden, denn man behält sie nicht, wenn sie nicht in Verbindung mit sich selbst stehen. Die

Bey dem Kinde aber muß man im Unterrichte allmählig das Wissen und Können zu verbinden suchen. Unter allen Wissenschaften scheint die Mathematik die einzige der Art zu seyn, die diesen Endzweck am besten befriedigt. Ferner muß das Wissen und Sprechen verbunden werden (Beredtheit, Wohlredenheit und Beredsamkeit). Aber es muß auch das Kind das Wissen sehr wohl vom bloßen Meynen und Glauben unterscheiden lernen. In der Art bereitet man einen richtigen Verstand vor, und einen richtigen, nicht feinen oder zarten Geschmack. Dieser muß zuerst Geschmack der Sinne, namentlich der Augen, zuletzt aber Geschmack der Ideen seyn. –

Regeln müssen in alle dem vorkommen, was den Verstand kultiviren soll. Es ist sehr nützlich, die Regeln auch zu abstrahiren, damit der Verstand nicht blos mechanisch, sondern mit dem Bewußtseyn einer Regel verfahre.

Es ist auch sehr gut, die Regeln in eine gewisse Formel zu bringen, und so dem Gedächtnisse anzuvertrauen. Haben wir die Regel im Gedächtnisse, und vergessen auch den Gebrauch: so finden wir uns doch bald wieder zurecht. Es ist hier die Frage: sollen die Regeln erst in abstracto vorangehen, und sollen Regeln erst nachher gelernt werden, wenn man den Gebrauch vollendet hat? oder soll Regel und Gebrauch gleichen Schrittes gehen? Dies letzte ist allein rathsam. In dem andern Falle ist der Gebrauch so lange, bis man zu den Regeln gelangt, sehr unsicher. Die Regeln müssen gelegentlich, aber auch in Klassen gebracht werden, denn man behält sie nicht, wenn sie nicht in Verbindung mit sich selbst stehen. Die

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[61/0061] Bey dem Kinde aber muß man im Unterrichte allmählig das Wissen und Können zu verbinden suchen. Unter allen Wissenschaften scheint die Mathematik die einzige der Art zu seyn, die diesen Endzweck am besten befriedigt. Ferner muß das Wissen und Sprechen verbunden werden (Beredtheit, Wohlredenheit und Beredsamkeit). Aber es muß auch das Kind das Wissen sehr wohl vom bloßen Meynen und Glauben unterscheiden lernen. In der Art bereitet man einen richtigen Verstand vor, und einen richtigen, nicht feinen oder zarten Geschmack. Dieser muß zuerst Geschmack der Sinne, namentlich der Augen, zuletzt aber Geschmack der Ideen seyn. – Regeln müssen in alle dem vorkommen, was den Verstand kultiviren soll. Es ist sehr nützlich, die Regeln auch zu abstrahiren, damit der Verstand nicht blos mechanisch, sondern mit dem Bewußtseyn einer Regel verfahre. Es ist auch sehr gut, die Regeln in eine gewisse Formel zu bringen, und so dem Gedächtnisse anzuvertrauen. Haben wir die Regel im Gedächtnisse, und vergessen auch den Gebrauch: so finden wir uns doch bald wieder zurecht. Es ist hier die Frage: sollen die Regeln erst in abstracto vorangehen, und sollen Regeln erst nachher gelernt werden, wenn man den Gebrauch vollendet hat? oder soll Regel und Gebrauch gleichen Schrittes gehen? Dies letzte ist allein rathsam. In dem andern Falle ist der Gebrauch so lange, bis man zu den Regeln gelangt, sehr unsicher. Die Regeln müssen gelegentlich, aber auch in Klassen gebracht werden, denn man behält sie nicht, wenn sie nicht in Verbindung mit sich selbst stehen. Die

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Über Pädagogik. Königsberg, 1803, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_paedagogik_1803/61>, abgerufen am 25.11.2024.