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Kant, Immanuel: Über Pädagogik. Königsberg, 1803.

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Figur mahlen. Man dürfte ihm dann nur sagen, daß man nun doch nicht wisse, ob es Brod oder einen Stein vorstellen solle; so würde es nachher versuchen, das B zu bezeichnen u. s. w. und so würde sich das Kind mit der Zeit sein eigenes A B C erfinden, das es hernach nur mit andern Zeichen vertauschen dürfte *).

Es giebt gewisse Gebrechen, mit denen einige Kinder auf die Welt kommen. Hat man denn nicht Mittel, diese fehlerhafte, gleichsam verpfuschte Gestalt wieder zu verbessern? Es ist durch die Bemühung vieler und kenntnißreicher Schriftsteller ausgemacht, daß Schnürbrüste hier nichts helfen, sondern das Uebel nur noch ärger machen, indem sie den Umlauf des Blutes und der Säfte, so wie die höchst nöthige Ausdehnung der äußern und innern Theile des Körpers hindern. Wenn das Kind frey gelassen wird, so exerciert es noch seinen Leib, und ein Mensch, der eine Schnürbrust trägt, ist, wenn er sie ablegt, viel schwächer,

*) Man versteht, was große Männer sagen, nur zu leicht falsch, und oft mit Vorsatz. Das ist besonders Kant begegnet. Und daher bemerke ich hier nur, daß er hier keineswegs will, man solle jedes Kind sich sein eignes Alphabet erst selbst erfinden lassen, sondern es soll dadurch nur angedeutet werden, wie bey dem Lesen und Schreiben Kinder würklich, und zwar analytisch verfahren, ohne sich dessen selbst, sogar in höhern Jahren bewußt zu seyn, oder zu werden, und wie sie, unter gewissen Umständen, dabey verfahren würden. Uebrigens wünschte ich, hier nicht erst an Pestalozzi und Olivier erinnern zu dürfen.
A. d. H.

Figur mahlen. Man dürfte ihm dann nur sagen, daß man nun doch nicht wisse, ob es Brod oder einen Stein vorstellen solle; so würde es nachher versuchen, das B zu bezeichnen u. s. w. und so würde sich das Kind mit der Zeit sein eigenes A B C erfinden, das es hernach nur mit andern Zeichen vertauschen dürfte *).

Es giebt gewisse Gebrechen, mit denen einige Kinder auf die Welt kommen. Hat man denn nicht Mittel, diese fehlerhafte, gleichsam verpfuschte Gestalt wieder zu verbessern? Es ist durch die Bemühung vieler und kenntnißreicher Schriftsteller ausgemacht, daß Schnürbrüste hier nichts helfen, sondern das Uebel nur noch ärger machen, indem sie den Umlauf des Blutes und der Säfte, so wie die höchst nöthige Ausdehnung der äußern und innern Theile des Körpers hindern. Wenn das Kind frey gelassen wird, so exerciert es noch seinen Leib, und ein Mensch, der eine Schnürbrust trägt, ist, wenn er sie ablegt, viel schwächer,

*) Man versteht, was große Männer sagen, nur zu leicht falsch, und oft mit Vorsatz. Das ist besonders Kant begegnet. Und daher bemerke ich hier nur, daß er hier keineswegs will, man solle jedes Kind sich sein eignes Alphabet erst selbst erfinden lassen, sondern es soll dadurch nur angedeutet werden, wie bey dem Lesen und Schreiben Kinder würklich, und zwar analytisch verfahren, ohne sich dessen selbst, sogar in höhern Jahren bewußt zu seyn, oder zu werden, und wie sie, unter gewissen Umständen, dabey verfahren würden. Uebrigens wünschte ich, hier nicht erst an Pestalozzi und Olivier erinnern zu dürfen.
A. d. H.
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[41/0041] Figur mahlen. Man dürfte ihm dann nur sagen, daß man nun doch nicht wisse, ob es Brod oder einen Stein vorstellen solle; so würde es nachher versuchen, das B zu bezeichnen u. s. w. und so würde sich das Kind mit der Zeit sein eigenes A B C erfinden, das es hernach nur mit andern Zeichen vertauschen dürfte *). Es giebt gewisse Gebrechen, mit denen einige Kinder auf die Welt kommen. Hat man denn nicht Mittel, diese fehlerhafte, gleichsam verpfuschte Gestalt wieder zu verbessern? Es ist durch die Bemühung vieler und kenntnißreicher Schriftsteller ausgemacht, daß Schnürbrüste hier nichts helfen, sondern das Uebel nur noch ärger machen, indem sie den Umlauf des Blutes und der Säfte, so wie die höchst nöthige Ausdehnung der äußern und innern Theile des Körpers hindern. Wenn das Kind frey gelassen wird, so exerciert es noch seinen Leib, und ein Mensch, der eine Schnürbrust trägt, ist, wenn er sie ablegt, viel schwächer, *) Man versteht, was große Männer sagen, nur zu leicht falsch, und oft mit Vorsatz. Das ist besonders Kant begegnet. Und daher bemerke ich hier nur, daß er hier keineswegs will, man solle jedes Kind sich sein eignes Alphabet erst selbst erfinden lassen, sondern es soll dadurch nur angedeutet werden, wie bey dem Lesen und Schreiben Kinder würklich, und zwar analytisch verfahren, ohne sich dessen selbst, sogar in höhern Jahren bewußt zu seyn, oder zu werden, und wie sie, unter gewissen Umständen, dabey verfahren würden. Uebrigens wünschte ich, hier nicht erst an Pestalozzi und Olivier erinnern zu dürfen. A. d. H.

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Über Pädagogik. Königsberg, 1803, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_paedagogik_1803/41>, abgerufen am 21.11.2024.