Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755.und Theorie des Himmels. wandelbaren Gesetzen ihrer wesentlichen Eigenschaf-ten, dasjenige grosse Wesen mit einstimmiger Ge- wißheit zu erkennen geben, in welchem sie, vermit- telst ihrer gemeinschaftlichen Abhängigkeit, sich zu einer gesammten Harmonie vereinbaren. Saturn hat von seinem Ringe grosse Vortheile; er vermeh- ret seinen Tag, und erleuchtet unter so viel Mon- den dessen Nacht dermassen, daß man daselbst leicht- lich die Abwesenheit der Sonne vergißt. Aber, muß man denn deswegen leugnen, daß die allge- meine Entwickelung der Materie durch mechanische Gesetze, ohne andere, als ihre allgemeine Bestim- mungen, zu bedürfen, habe Beziehungen hervor- bringen können, die der vernünftigen Creatur Nu- tzen schaffen? Alle Wesen hängen aus einer Ursa- che zusammen, welche der Verstand GOttes ist; sie können dahero keine andere Folgen nach sich ziehen, als solche, die eine Vorstellung der Vollkommen- heit in eben derselben göttlichen Jdee mit sich führen. Wir wollen nunmehro die Zeit der Achsendre- über-
und Theorie des Himmels. wandelbaren Geſetzen ihrer weſentlichen Eigenſchaf-ten, dasjenige groſſe Weſen mit einſtimmiger Ge- wißheit zu erkennen geben, in welchem ſie, vermit- telſt ihrer gemeinſchaftlichen Abhaͤngigkeit, ſich zu einer geſammten Harmonie vereinbaren. Saturn hat von ſeinem Ringe groſſe Vortheile; er vermeh- ret ſeinen Tag, und erleuchtet unter ſo viel Mon- den deſſen Nacht dermaſſen, daß man daſelbſt leicht- lich die Abweſenheit der Sonne vergißt. Aber, muß man denn deswegen leugnen, daß die allge- meine Entwickelung der Materie durch mechaniſche Geſetze, ohne andere, als ihre allgemeine Beſtim- mungen, zu beduͤrfen, habe Beziehungen hervor- bringen koͤnnen, die der vernuͤnftigen Creatur Nu- tzen ſchaffen? Alle Weſen haͤngen aus einer Urſa- che zuſammen, welche der Verſtand GOttes iſt; ſie koͤnnen dahero keine andere Folgen nach ſich ziehen, als ſolche, die eine Vorſtellung der Vollkommen- heit in eben derſelben goͤttlichen Jdee mit ſich fuͤhren. Wir wollen nunmehro die Zeit der Achſendre- uͤber-
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und Theorie des Himmels.
wandelbaren Geſetzen ihrer weſentlichen Eigenſchaf-
ten, dasjenige groſſe Weſen mit einſtimmiger Ge-
wißheit zu erkennen geben, in welchem ſie, vermit-
telſt ihrer gemeinſchaftlichen Abhaͤngigkeit, ſich zu
einer geſammten Harmonie vereinbaren. Saturn
hat von ſeinem Ringe groſſe Vortheile; er vermeh-
ret ſeinen Tag, und erleuchtet unter ſo viel Mon-
den deſſen Nacht dermaſſen, daß man daſelbſt leicht-
lich die Abweſenheit der Sonne vergißt. Aber,
muß man denn deswegen leugnen, daß die allge-
meine Entwickelung der Materie durch mechaniſche
Geſetze, ohne andere, als ihre allgemeine Beſtim-
mungen, zu beduͤrfen, habe Beziehungen hervor-
bringen koͤnnen, die der vernuͤnftigen Creatur Nu-
tzen ſchaffen? Alle Weſen haͤngen aus einer Urſa-
che zuſammen, welche der Verſtand GOttes iſt; ſie
koͤnnen dahero keine andere Folgen nach ſich ziehen,
als ſolche, die eine Vorſtellung der Vollkommen-
heit in eben derſelben goͤttlichen Jdee mit ſich
fuͤhren.
Wir wollen nunmehro die Zeit der Achſendre-
hung dieſes Himmelskoͤrpers aus den Verhaͤltniſſen
ſeines Ringes, nach der angefuͤhrten Hypotheſe ſei-
ner Erzeugung, berechnen. Weil alle Bewegung
der Theilchen des Ringes, eine einverleibte Bewe-
gung von der Achſendrehung des Saturns iſt, auf
deſſen Oberflaͤche ſie ſich befanden; ſo trifft die
ſchnelleſte Bewegung unter denen, die dieſe Theil-
chen haben, mit der ſchnelleſten Umwendung, die
auf der Oberflaͤche des Saturns angetroffen wird,
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Zitationshilfe: | Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755/147>, abgerufen am 15.08.2024. |