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Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.

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im Gegenteil, ich würde dir noch Geld geben, damit du dich für die gute Sache kräftigst." "Was du sagst, klingt ja glaubwürdig," sagte der Prügler, "aber ich lasse mich nicht bestechen. Ich bin zum Prügeln angestellt, also prügle ich." Der Wächter Franz, der vielleicht in Erwartung eines guten Ausgangs des Eingreifens von K. bisher ziemlich zurückhaltend gewesen war, trat jetzt nur noch mit den Hosen bekleidet zur Tür, hing sich niederkniend an K.s Arm und flüsterte: "Wenn du für uns beide Schonung nicht durchsetzen kannst, so versuche wenigstens mich zu befreien. Willem ist älter als ich, in jeder Hinsicht weniger empfindlich, auch hat er schon einmal vor paar Jahren eine leichte Prügelstrafe bekommen, ich aber bin noch nicht entehrt und bin doch zu meiner Handlungsweise nur durch Willem gebracht worden, der im Guten und Schlechten mein Lehrer ist. Unten vor der Bank wartet meine arme Braut auf den Ausgang, ich schäme mich ja so erbärmlich." Er trocknete mit K.s Rock sein von Tränen ganz überlaufenes Gesicht. "Ich warte nicht mehr," sagte der Prügler, faßte die Rute mit beiden Händen und hieb auf Franz ein, während

im Gegenteil, ich würde dir noch Geld geben, damit du dich für die gute Sache kräftigst.“ „Was du sagst, klingt ja glaubwürdig,“ sagte der Prügler, „aber ich lasse mich nicht bestechen. Ich bin zum Prügeln angestellt, also prügle ich.“ Der Wächter Franz, der vielleicht in Erwartung eines guten Ausgangs des Eingreifens von K. bisher ziemlich zurückhaltend gewesen war, trat jetzt nur noch mit den Hosen bekleidet zur Tür, hing sich niederkniend an K.s Arm und flüsterte: „Wenn du für uns beide Schonung nicht durchsetzen kannst, so versuche wenigstens mich zu befreien. Willem ist älter als ich, in jeder Hinsicht weniger empfindlich, auch hat er schon einmal vor paar Jahren eine leichte Prügelstrafe bekommen, ich aber bin noch nicht entehrt und bin doch zu meiner Handlungsweise nur durch Willem gebracht worden, der im Guten und Schlechten mein Lehrer ist. Unten vor der Bank wartet meine arme Braut auf den Ausgang, ich schäme mich ja so erbärmlich.“ Er trocknete mit K.s Rock sein von Tränen ganz überlaufenes Gesicht. „Ich warte nicht mehr,“ sagte der Prügler, faßte die Rute mit beiden Händen und hieb auf Franz ein, während

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[149/0151] im Gegenteil, ich würde dir noch Geld geben, damit du dich für die gute Sache kräftigst.“ „Was du sagst, klingt ja glaubwürdig,“ sagte der Prügler, „aber ich lasse mich nicht bestechen. Ich bin zum Prügeln angestellt, also prügle ich.“ Der Wächter Franz, der vielleicht in Erwartung eines guten Ausgangs des Eingreifens von K. bisher ziemlich zurückhaltend gewesen war, trat jetzt nur noch mit den Hosen bekleidet zur Tür, hing sich niederkniend an K.s Arm und flüsterte: „Wenn du für uns beide Schonung nicht durchsetzen kannst, so versuche wenigstens mich zu befreien. Willem ist älter als ich, in jeder Hinsicht weniger empfindlich, auch hat er schon einmal vor paar Jahren eine leichte Prügelstrafe bekommen, ich aber bin noch nicht entehrt und bin doch zu meiner Handlungsweise nur durch Willem gebracht worden, der im Guten und Schlechten mein Lehrer ist. Unten vor der Bank wartet meine arme Braut auf den Ausgang, ich schäme mich ja so erbärmlich.“ Er trocknete mit K.s Rock sein von Tränen ganz überlaufenes Gesicht. „Ich warte nicht mehr,“ sagte der Prügler, faßte die Rute mit beiden Händen und hieb auf Franz ein, während

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Zitationshilfe: Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925/151>, abgerufen am 28.03.2024.