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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Vom Ambra.
ganz frischer Ambra aufgedrungen. Sie war weiß, schwammicht, zerbrechlich, wie ranzi-
ges Speck, räucherigt und talgicht, weßhalb ich dieselbe für Wallfischspeck hielt, die lange
im salzigen Seewasser gelegen und sich so verändert hatte. Jch besitze auch noch eine solche
Masse, die sehr unförmlich ist, und drei Pfund wiegen mag, die an der Küste von der
Jnsel Banda gefunden ist. Mir scheint aber diese Masse Talg von der Art zu seyn, der
Schröder den Nahmen weißliches Ambra (Ambra subalbida) giebt, und die gemeiniglich
Wallrath (Sperma Ceti) heißt. Diese Materie kann leicht irgendwo an einem Felsen sich
gesammlet haben, und von der Sonne in eine Masse zusammengeschmolzen seyn. Jch ken-
ne von dem so genannten Wallrath drey verschiedne Arten, oder Methoden ihn zu bekom-
men. Die erste Art ist diejenige, welche auf der Oberfläche der nördlichen Meere schwimmt,
und mit geflochtenen Körben abgeschöpft wird, wie dieses längst durch Augenzeugen gemel-
det ist. Die andre wird in Menge aus der Hirnschale eines gewissen Wallfisches, der la-
teinisch Orca, holländisch Potvis heißt, gepreßt, nach dem Zeugniß des Bartholinus
Wormius
und aller, die nach Grönland auf den Wallfischfang fahren. Die dritte Art
wird auf den Faröischen Jnseln von den Bewohnern derselben (die äußerst arme Fischer sind)
aus der obern Haut eines gewissen Fisches herausgebracht. Dieser Fisch hat einen sehr
langen Kopf, und heißt Buskoppe, welchen Nahmen auch die äußerste dieser Jnsel von der
Menge der daselbst befindlichen Fische dieser Art bekommen hat.

Von dieser lezten Gattung sind mir keine Nachrichten eines Schriftstellers bekant,
aber ich kenne sie durch den Bericht eines ausnehmend glaubwürdigen Mannes, der durch
Schiffbruch an diese Jnseln verschlagen war, und sechs Monathe sowol dem Sammeln dieser
Art von Wallrath zugesehn, als auch selbst dabei Hand angelegt hatte. Er sagte mir, die-
ser Fisch sey grösser als ein Mensch, und sein monströses Haupt mit dieser schwammichten Fet-
tigkeit angefüllt, besonders in der Gegend der Kinnbacken. Man sondre diese ab, und durch
eine starke Lauge und Dörren in der Sonne reinige man sie, und verhindere, daß sie nicht
ranzig werde. Auf dem indischen Meere pressen auch die Seeleute aus dem Kopfe des Hay-
fisches
(des schädlichsten Raubfisches nach dem Krokodill) eine ausnehmend weiße Materie,
die sie unter dem Nahmen Wallrath verkaufen. Das Hirn selbst pflegen sie wegzuwerfen,
das ich mitten im Kopf und sehr klein gefunden habe. Diese Materie besizt ganz vollkom-
men die horntreibende Kraft des eigentlichen Wallraths; da sie aber ganz staubigt ist, und
gar keine talgichte Fettigkeit hat, so kann sie mit Recht nicht für Wallrath angesehn werden.

Meine vorher erwähnte Materie aber hat alle erforderliche Kennzeichen des Wall-
raths und scheint zu der ersten der angeführten Klassen zu gehören. Jch habe dieses am
besten gesehn, wenn ich sie wieder in eine Substanz von Kleien verwandelt habe, welches
die ursprüngliche des Wallraths ist. Jch habe sie auch zuweilen statt desselben in Krankhei-
ten mit dem glüklichsten Erfolg gebraucht.

Den
N n n 3

Vom Ambra.
ganz friſcher Ambra aufgedrungen. Sie war weiß, ſchwammicht, zerbrechlich, wie ranzi-
ges Speck, raͤucherigt und talgicht, weßhalb ich dieſelbe fuͤr Wallfiſchſpeck hielt, die lange
im ſalzigen Seewaſſer gelegen und ſich ſo veraͤndert hatte. Jch beſitze auch noch eine ſolche
Maſſe, die ſehr unfoͤrmlich iſt, und drei Pfund wiegen mag, die an der Kuͤſte von der
Jnſel Banda gefunden iſt. Mir ſcheint aber dieſe Maſſe Talg von der Art zu ſeyn, der
Schroͤder den Nahmen weißliches Ambra (Ambra ſubalbida) giebt, und die gemeiniglich
Wallrath (Sperma Ceti) heißt. Dieſe Materie kann leicht irgendwo an einem Felſen ſich
geſammlet haben, und von der Sonne in eine Maſſe zuſammengeſchmolzen ſeyn. Jch ken-
ne von dem ſo genannten Wallrath drey verſchiedne Arten, oder Methoden ihn zu bekom-
men. Die erſte Art iſt diejenige, welche auf der Oberflaͤche der noͤrdlichen Meere ſchwimmt,
und mit geflochtenen Koͤrben abgeſchoͤpft wird, wie dieſes laͤngſt durch Augenzeugen gemel-
det iſt. Die andre wird in Menge aus der Hirnſchale eines gewiſſen Wallfiſches, der la-
teiniſch Orca, hollaͤndiſch Potvis heißt, gepreßt, nach dem Zeugniß des Bartholinus
Wormius
und aller, die nach Groͤnland auf den Wallfiſchfang fahren. Die dritte Art
wird auf den Faroͤiſchen Jnſeln von den Bewohnern derſelben (die aͤußerſt arme Fiſcher ſind)
aus der obern Haut eines gewiſſen Fiſches herausgebracht. Dieſer Fiſch hat einen ſehr
langen Kopf, und heißt Buskoppe, welchen Nahmen auch die aͤußerſte dieſer Jnſel von der
Menge der daſelbſt befindlichen Fiſche dieſer Art bekommen hat.

Von dieſer lezten Gattung ſind mir keine Nachrichten eines Schriftſtellers bekant,
aber ich kenne ſie durch den Bericht eines ausnehmend glaubwuͤrdigen Mannes, der durch
Schiffbruch an dieſe Jnſeln verſchlagen war, und ſechs Monathe ſowol dem Sammeln dieſer
Art von Wallrath zugeſehn, als auch ſelbſt dabei Hand angelegt hatte. Er ſagte mir, die-
ſer Fiſch ſey groͤſſer als ein Menſch, und ſein monſtroͤſes Haupt mit dieſer ſchwammichten Fet-
tigkeit angefuͤllt, beſonders in der Gegend der Kinnbacken. Man ſondre dieſe ab, und durch
eine ſtarke Lauge und Doͤrren in der Sonne reinige man ſie, und verhindere, daß ſie nicht
ranzig werde. Auf dem indiſchen Meere preſſen auch die Seeleute aus dem Kopfe des Hay-
fiſches
(des ſchaͤdlichſten Raubfiſches nach dem Krokodill) eine ausnehmend weiße Materie,
die ſie unter dem Nahmen Wallrath verkaufen. Das Hirn ſelbſt pflegen ſie wegzuwerfen,
das ich mitten im Kopf und ſehr klein gefunden habe. Dieſe Materie beſizt ganz vollkom-
men die horntreibende Kraft des eigentlichen Wallraths; da ſie aber ganz ſtaubigt iſt, und
gar keine talgichte Fettigkeit hat, ſo kann ſie mit Recht nicht fuͤr Wallrath angeſehn werden.

Meine vorher erwaͤhnte Materie aber hat alle erforderliche Kennzeichen des Wall-
raths und ſcheint zu der erſten der angefuͤhrten Klaſſen zu gehoͤren. Jch habe dieſes am
beſten geſehn, wenn ich ſie wieder in eine Subſtanz von Kleien verwandelt habe, welches
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ten mit dem gluͤklichſten Erfolg gebraucht.

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[469/0533] Vom Ambra. ganz friſcher Ambra aufgedrungen. Sie war weiß, ſchwammicht, zerbrechlich, wie ranzi- ges Speck, raͤucherigt und talgicht, weßhalb ich dieſelbe fuͤr Wallfiſchſpeck hielt, die lange im ſalzigen Seewaſſer gelegen und ſich ſo veraͤndert hatte. Jch beſitze auch noch eine ſolche Maſſe, die ſehr unfoͤrmlich iſt, und drei Pfund wiegen mag, die an der Kuͤſte von der Jnſel Banda gefunden iſt. Mir ſcheint aber dieſe Maſſe Talg von der Art zu ſeyn, der Schroͤder den Nahmen weißliches Ambra (Ambra ſubalbida) giebt, und die gemeiniglich Wallrath (Sperma Ceti) heißt. Dieſe Materie kann leicht irgendwo an einem Felſen ſich geſammlet haben, und von der Sonne in eine Maſſe zuſammengeſchmolzen ſeyn. Jch ken- ne von dem ſo genannten Wallrath drey verſchiedne Arten, oder Methoden ihn zu bekom- men. Die erſte Art iſt diejenige, welche auf der Oberflaͤche der noͤrdlichen Meere ſchwimmt, und mit geflochtenen Koͤrben abgeſchoͤpft wird, wie dieſes laͤngſt durch Augenzeugen gemel- det iſt. Die andre wird in Menge aus der Hirnſchale eines gewiſſen Wallfiſches, der la- teiniſch Orca, hollaͤndiſch Potvis heißt, gepreßt, nach dem Zeugniß des Bartholinus Wormius und aller, die nach Groͤnland auf den Wallfiſchfang fahren. Die dritte Art wird auf den Faroͤiſchen Jnſeln von den Bewohnern derſelben (die aͤußerſt arme Fiſcher ſind) aus der obern Haut eines gewiſſen Fiſches herausgebracht. Dieſer Fiſch hat einen ſehr langen Kopf, und heißt Buskoppe, welchen Nahmen auch die aͤußerſte dieſer Jnſel von der Menge der daſelbſt befindlichen Fiſche dieſer Art bekommen hat. Von dieſer lezten Gattung ſind mir keine Nachrichten eines Schriftſtellers bekant, aber ich kenne ſie durch den Bericht eines ausnehmend glaubwuͤrdigen Mannes, der durch Schiffbruch an dieſe Jnſeln verſchlagen war, und ſechs Monathe ſowol dem Sammeln dieſer Art von Wallrath zugeſehn, als auch ſelbſt dabei Hand angelegt hatte. Er ſagte mir, die- ſer Fiſch ſey groͤſſer als ein Menſch, und ſein monſtroͤſes Haupt mit dieſer ſchwammichten Fet- tigkeit angefuͤllt, beſonders in der Gegend der Kinnbacken. Man ſondre dieſe ab, und durch eine ſtarke Lauge und Doͤrren in der Sonne reinige man ſie, und verhindere, daß ſie nicht ranzig werde. Auf dem indiſchen Meere preſſen auch die Seeleute aus dem Kopfe des Hay- fiſches (des ſchaͤdlichſten Raubfiſches nach dem Krokodill) eine ausnehmend weiße Materie, die ſie unter dem Nahmen Wallrath verkaufen. Das Hirn ſelbſt pflegen ſie wegzuwerfen, das ich mitten im Kopf und ſehr klein gefunden habe. Dieſe Materie beſizt ganz vollkom- men die horntreibende Kraft des eigentlichen Wallraths; da ſie aber ganz ſtaubigt iſt, und gar keine talgichte Fettigkeit hat, ſo kann ſie mit Recht nicht fuͤr Wallrath angeſehn werden. Meine vorher erwaͤhnte Materie aber hat alle erforderliche Kennzeichen des Wall- raths und ſcheint zu der erſten der angefuͤhrten Klaſſen zu gehoͤren. Jch habe dieſes am beſten geſehn, wenn ich ſie wieder in eine Subſtanz von Kleien verwandelt habe, welches die urſpruͤngliche des Wallraths iſt. Jch habe ſie auch zuweilen ſtatt deſſelben in Krankhei- ten mit dem gluͤklichſten Erfolg gebraucht. Den N n n 3

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/533>, abgerufen am 28.11.2024.