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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Dreizehntes Kap. Rükreise von Jedo bis Nagasacki.
Hauptbuch über Debet und Credit nebst den Namen der Jnteressenten und derer, die ein
Capital zu dem Handel vorgeschossen hatten, wodurch die Sache vollends offenbar und viele
Einwohner entdekt wurden; man stellete daher so Tags als Nachts die strengesten Untersu-
chungen an, und wurde besonders vor der Abreise der Chinesischen Jonken in jedem Quar-
tier der Stadt von einer starken Gassenwache des Nachts eine dreimalige Musterung der
Einwohner gehalten, bei welcher Gelegenheit man denn auch würklich drei Personen in Nan-
gasacki ergrif und zur Tortur brachte. Da die Chineser sich unter den Wällen lange in See
aufhalten und umher kreutzen, um den Einwohnern Zeit und Gelegenheit zu geben, wo
nicht in der einen doch in der andern Stunde schiklich zu ihnen zu kommen und Un-
terhandlungen zu pflegen, so geschiehet dieses nächtliche Visitiren in der Absicht, um zu er-
fahren, ob auch dieser oder jener sich hinaus begeben habe. Von andern Orten indessen,
wo man dergleichen Ausfindungen unterlässet, z. E. zu Tsukusju Karatz, genießen die
Chineser genugsam Gemeinschaft mit den Eingebornen.

Den 6 als aufs neue einer sich seiner Gefangenschaft durch die Flucht entledigt
hatte, musten alle Japaner von unserer Jnsel nach Hause. Ein Quartierkommissair, der
einen Gefangenen seines Bezirks aus seinem Hause hatte entlaufen lassen, wurde abgesezt
und bekam Hausarrest. Wenn sich der Fal ereignet, daß einer ausgerissen, so müssen
alsdenn über hundert Menschen aus jeder Gasse dem Flüchtlinge in die Gebürge nachsetzen
und ihn aufsuchen.

Den 7 wurden noch zwei oder drei von den Gefangenen verrathene Bürger
eingezogen.

Den 10. Weil einige hundert Bürger ohne ihre Freunde, Verwandten und aus-
ländische Personen in dem Processe wegen des verbotenen Waarenhandels verwickelt waren,
so war der Gouverneur mit dieser Untersuchung dermaßen beschästiget, daß ihn in 14 Tagen
niemand stöhren und verhinderlich seyn durfte, außer der größesten Noth ihn also niemand
sprechen konte; welches auch auf uns die Folge hatte, daß unsere öffentlichen Verkauftage
außerordentlich spät bis auf morgen hinausgesezt waren, anstatt, daß wir sie sonst gewöhn-
lich schon 10 Tage früher zu halten angefangen hatten.

Den 14, der ein Sonnabend war, entstand des Morgens früh zu zwei malen ein
sehr heftiges Erdbeben, es hielt jedesmal so lange an, daß man 20 oder 30 zählen konte;
selbst auf der Rhede hatte man es so stark gespürt, daß der Steuerman aus dem Bette fiel,
und die in ihrer Ruhe dadurch gestörte Hunde und Raben ein großes Geheule und Ge-
schrei erhoben.

Den 21 wurde ein Kuli oder Häscher im Thore mit Campher ertapt, weshalben
der Verkäufer, einer der unsern, Namens Reinß, auf den jener bekant hatte, nach dem
Bürgermeister gebracht, der Kuli aber und der Kaufman, für welchen der Campher

eigent
S s 2

Dreizehntes Kap. Ruͤkreiſe von Jedo bis Nagaſacki.
Hauptbuch uͤber Debet und Credit nebſt den Namen der Jntereſſenten und derer, die ein
Capital zu dem Handel vorgeſchoſſen hatten, wodurch die Sache vollends offenbar und viele
Einwohner entdekt wurden; man ſtellete daher ſo Tags als Nachts die ſtrengeſten Unterſu-
chungen an, und wurde beſonders vor der Abreiſe der Chineſiſchen Jonken in jedem Quar-
tier der Stadt von einer ſtarken Gaſſenwache des Nachts eine dreimalige Muſterung der
Einwohner gehalten, bei welcher Gelegenheit man denn auch wuͤrklich drei Perſonen in Nan-
gaſacki ergrif und zur Tortur brachte. Da die Chineſer ſich unter den Waͤllen lange in See
aufhalten und umher kreutzen, um den Einwohnern Zeit und Gelegenheit zu geben, wo
nicht in der einen doch in der andern Stunde ſchiklich zu ihnen zu kommen und Un-
terhandlungen zu pflegen, ſo geſchiehet dieſes naͤchtliche Viſitiren in der Abſicht, um zu er-
fahren, ob auch dieſer oder jener ſich hinaus begeben habe. Von andern Orten indeſſen,
wo man dergleichen Ausfindungen unterlaͤſſet, z. E. zu Tſukuſju Karatz, genießen die
Chineſer genugſam Gemeinſchaft mit den Eingebornen.

Den 6 als aufs neue einer ſich ſeiner Gefangenſchaft durch die Flucht entledigt
hatte, muſten alle Japaner von unſerer Jnſel nach Hauſe. Ein Quartierkommiſſair, der
einen Gefangenen ſeines Bezirks aus ſeinem Hauſe hatte entlaufen laſſen, wurde abgeſezt
und bekam Hausarreſt. Wenn ſich der Fal ereignet, daß einer ausgeriſſen, ſo muͤſſen
alsdenn uͤber hundert Menſchen aus jeder Gaſſe dem Fluͤchtlinge in die Gebuͤrge nachſetzen
und ihn aufſuchen.

Den 7 wurden noch zwei oder drei von den Gefangenen verrathene Buͤrger
eingezogen.

Den 10. Weil einige hundert Buͤrger ohne ihre Freunde, Verwandten und aus-
laͤndiſche Perſonen in dem Proceſſe wegen des verbotenen Waarenhandels verwickelt waren,
ſo war der Gouverneur mit dieſer Unterſuchung dermaßen beſchaͤſtiget, daß ihn in 14 Tagen
niemand ſtoͤhren und verhinderlich ſeyn durfte, außer der groͤßeſten Noth ihn alſo niemand
ſprechen konte; welches auch auf uns die Folge hatte, daß unſere oͤffentlichen Verkauftage
außerordentlich ſpaͤt bis auf morgen hinausgeſezt waren, anſtatt, daß wir ſie ſonſt gewoͤhn-
lich ſchon 10 Tage fruͤher zu halten angefangen hatten.

Den 14, der ein Sonnabend war, entſtand des Morgens fruͤh zu zwei malen ein
ſehr heftiges Erdbeben, es hielt jedesmal ſo lange an, daß man 20 oder 30 zaͤhlen konte;
ſelbſt auf der Rhede hatte man es ſo ſtark geſpuͤrt, daß der Steuerman aus dem Bette fiel,
und die in ihrer Ruhe dadurch geſtoͤrte Hunde und Raben ein großes Geheule und Ge-
ſchrei erhoben.

Den 21 wurde ein Kuli oder Haͤſcher im Thore mit Campher ertapt, weshalben
der Verkaͤufer, einer der unſern, Namens Reinß, auf den jener bekant hatte, nach dem
Buͤrgermeiſter gebracht, der Kuli aber und der Kaufman, fuͤr welchen der Campher

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[323/0369] Dreizehntes Kap. Ruͤkreiſe von Jedo bis Nagaſacki. Hauptbuch uͤber Debet und Credit nebſt den Namen der Jntereſſenten und derer, die ein Capital zu dem Handel vorgeſchoſſen hatten, wodurch die Sache vollends offenbar und viele Einwohner entdekt wurden; man ſtellete daher ſo Tags als Nachts die ſtrengeſten Unterſu- chungen an, und wurde beſonders vor der Abreiſe der Chineſiſchen Jonken in jedem Quar- tier der Stadt von einer ſtarken Gaſſenwache des Nachts eine dreimalige Muſterung der Einwohner gehalten, bei welcher Gelegenheit man denn auch wuͤrklich drei Perſonen in Nan- gaſacki ergrif und zur Tortur brachte. Da die Chineſer ſich unter den Waͤllen lange in See aufhalten und umher kreutzen, um den Einwohnern Zeit und Gelegenheit zu geben, wo nicht in der einen doch in der andern Stunde ſchiklich zu ihnen zu kommen und Un- terhandlungen zu pflegen, ſo geſchiehet dieſes naͤchtliche Viſitiren in der Abſicht, um zu er- fahren, ob auch dieſer oder jener ſich hinaus begeben habe. Von andern Orten indeſſen, wo man dergleichen Ausfindungen unterlaͤſſet, z. E. zu Tſukuſju Karatz, genießen die Chineſer genugſam Gemeinſchaft mit den Eingebornen. Den 6 als aufs neue einer ſich ſeiner Gefangenſchaft durch die Flucht entledigt hatte, muſten alle Japaner von unſerer Jnſel nach Hauſe. Ein Quartierkommiſſair, der einen Gefangenen ſeines Bezirks aus ſeinem Hauſe hatte entlaufen laſſen, wurde abgeſezt und bekam Hausarreſt. Wenn ſich der Fal ereignet, daß einer ausgeriſſen, ſo muͤſſen alsdenn uͤber hundert Menſchen aus jeder Gaſſe dem Fluͤchtlinge in die Gebuͤrge nachſetzen und ihn aufſuchen. Den 7 wurden noch zwei oder drei von den Gefangenen verrathene Buͤrger eingezogen. Den 10. Weil einige hundert Buͤrger ohne ihre Freunde, Verwandten und aus- laͤndiſche Perſonen in dem Proceſſe wegen des verbotenen Waarenhandels verwickelt waren, ſo war der Gouverneur mit dieſer Unterſuchung dermaßen beſchaͤſtiget, daß ihn in 14 Tagen niemand ſtoͤhren und verhinderlich ſeyn durfte, außer der groͤßeſten Noth ihn alſo niemand ſprechen konte; welches auch auf uns die Folge hatte, daß unſere oͤffentlichen Verkauftage außerordentlich ſpaͤt bis auf morgen hinausgeſezt waren, anſtatt, daß wir ſie ſonſt gewoͤhn- lich ſchon 10 Tage fruͤher zu halten angefangen hatten. Den 14, der ein Sonnabend war, entſtand des Morgens fruͤh zu zwei malen ein ſehr heftiges Erdbeben, es hielt jedesmal ſo lange an, daß man 20 oder 30 zaͤhlen konte; ſelbſt auf der Rhede hatte man es ſo ſtark geſpuͤrt, daß der Steuerman aus dem Bette fiel, und die in ihrer Ruhe dadurch geſtoͤrte Hunde und Raben ein großes Geheule und Ge- ſchrei erhoben. Den 21 wurde ein Kuli oder Haͤſcher im Thore mit Campher ertapt, weshalben der Verkaͤufer, einer der unſern, Namens Reinß, auf den jener bekant hatte, nach dem Buͤrgermeiſter gebracht, der Kuli aber und der Kaufman, fuͤr welchen der Campher eigent S s 2

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/369>, abgerufen am 24.11.2024.